Zum Synthesebericht des WeltklimaratsGegen die Lethargie

Hilde Naurath, Redakteurin der Herder Korrespondenz

Arbeitsgruppen, Sitzungen, Diskussionen, Abstimmungen, Verzögerungen, Diskussionen, Neuabstimmungen – und am Ende Berge von Papier. Auch auf die Arbeit des „International Panel on Climate Change“ (IPCC) trifft das zu. Der Weltklimarat legte am Montag den mühsam und mit Verspätung ausgearbeiteten Synthesebericht der aktuellen Begutachtungsperiode vor. Die Inhalte werden so gut wie nicht angezweifelt; sämtliche Empfehlungen werden von quasi 100 Prozent der Adressaten als höchst sinnvoll angesehen, auch und gerade von Entscheidungsträgern. Und doch: Eine rasche Umsetzung erscheint auch hier höchst fraglich.

Die Erkenntnisse sollen noch einmal neu und pointiert alarmieren: Der Klimawandel geht schneller voran als erwartet. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um die Erwärmung auf 1,5 oder zumindest auf weniger als zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Einkommensschwache Länder brauchen deutlich mehr finanzielle Mittel, um klimaschädliche Emissionen zu vermeiden und sich gegen die bereits stark gestiegenen Risiken von Extremwetterlagen zu schützen.

Das katholische Hilfswerk Misereor erläutert dazu: „Jedes Zehntel Grad zählt. Die Folgen bei derzeit 1,1 Grad Erderwärmung sind bereits erschreckend. Das 1,5-Grad-Limit ist deshalb kein Kampagnensprech der Umweltbewegung. Es ist ein politisch gesetztes Überlebensziel, das wissenschaftlich untermauert worden ist. Zwischen 1,5 und 3 Grad liegt allein in den Philippinen die Frage, ob fünf bis zehn oder gar 22 Millionen Menschen umgesiedelt werden müssten.“ Und weiter: „Die Grenzen der Anpassung sind vielerorts schon heute erreicht. In vielen Regionen der Welt leben Menschen längst im Zeitalter der unvermeidbaren Schäden und Verluste (…) im Zuge der Klimakrise.“

Angesichts der anhaltenden Katastrophenmeldungen ist auch die Reaktion seit Langem bekannt: Was kann ich schon tun? Muss ich wirklich auf Urlaubsfernreisen, einen SUV und Fleisch verzichten? In Anbetracht einer boomenden Autoindustrie und weiterhin subventionierter Fluggesellschaften scheint Verzicht durchaus eine bedenkenswerte Option zu sein. Und gleichzeitig kann man Klimaschutz ja auch schön gestalten. Vor allem in Städten können Gebäude und Dächer begrünt werden, überall kann die regionale Versorgung gestärkt werden. Viele Bistümer haben Projekte zur Schöpfungsbewahrung aufgelegt. Viele Gemeinden haben spätestens durch die steigenden Energiekosten entdeckt, wo es Einsparpotenzial gibt. Und es kann ganz neu Sinn stiften, gemeinsam rund um die Kirche klimaresistente Pflanzen zu pflanzen. Sowohl die Regierung als auch die Gesellschaft ist gefragt.

Auch wenn das Thema oft genug nervt: Es braucht mehr kreative Initiativen. Schöpferische Ideen können Mut machen angesichts der ebenfalls seit Langem bekannten Tatsachen: Ohne Klimaschutz wird’s auf Dauer noch drastisch teurer – und ungemütlicher.

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