Mein Mann ist gerade in einer Sinnkrise, er ist unzufrieden mit seiner Arbeit, überhaupt mit seinem Leben. Seine Unzufriedenheit lässt er an mir aus. Wenn ich ihm sage, er solle sich Hilfe suchen bei einem Therapeuten oder Seelsorger, meint er, die könnten ihm sowieso nicht helfen. Es habe alles keinen Sinn. Ich halte es bald nicht mehr aus. Was soll ich tun?
Es ist nicht leicht, einem Mann zu helfen, der sich nicht helfen lassen will. Der erste Schritt ist, dass Sie sich selber schützen. Sie sollten nicht den Blitzableiter für seine Unzufriedenheit spielen, sondern sie bei ihm lassen. Der zweite Schritt wäre, ihn zu fragen: Was brauchst du? Was kann dir helfen? Oder auch: Was wünschst du dir von mir? Wenn dann keine klaren Aussagen kommen, dann würde ich einfach warten und hoffen, dass er irgendwann selbst einsieht, dass er etwas für sich tun muss, dass er zumindest seine Einstellung zum Leben ändern muss. Männer tun ich oft schwer, sich das einzugestehen. Sie können sich meist lange hinter ihrem Erfolg oder ihrer Arbeit verstecken und sich selbst aus dem Weg gehen. Aber irgendwann gibt es Erlebnisse, körperliche Krankheiten oder seelische Symptome, die dazu führen können, doch an sich zu arbeiten. Sie sollten also die Hoffnung nie aufgeben. Aber zugleich brauchen Sie Geduld, bis Ihr Mann bereit ist, an sich zu arbeiten.
Derzeit treten wegen des sexuellen Missbrauchs viele Menschen aus der Kirche aus. Manche Bekannte fragen mich: Warum bleibst du eigentlich in der Kirche? Manchmal tue ich mir schwer, darauf zu antworten. Was würden Sie darauf sagen?
Wir erleben momentan, dass die Kirche eine Kirche der Sünder ist. Unter dem Deckmantel der spirituellen Macht haben viele ihre sexuellen Wünsche an Kindern ausagiert. Das ist ein schlimmes Verbrechen. Aber ich sehe, dass diese Kirche der Sünder zugleich einen spirituellen Schatz verwaltet: den Schatz der Liturgie, der Rituale, der spirituellen Tradition. Und wie Paulus sagt, diesen Schatz trägt die Kirche in zerbrechlichen Gefäßen. (Vgl. 2 Kor 4,7) Ich möchte weiter an diesem kostbaren Schatz der spirituellen Weisheit der Kirche teilhaben. Und ich stelle mich nicht über die Sünder. Die Mönchsväter raten, im Vergehen der anderen einen Spiegel für uns selbst zu sehen. Dann werden wir demütig und können es auch in der Kirche der Sünder aushalten, weil wir wissen, dass auch wir selbst manche Schattenseiten haben.