Geschlechterkampf ohne NachwuchsWarum eine Mitgliedschaft bei der Katholischen Frauengemeinschaft für junge Frauen uninteressant ist

Die Katholische Frauengemeinschaft (kfd) hat nach einer Beitragserhöhung mit einem rapiden Mitgliederschwund zu kämpfen. Der Verband engagiert sich stark kirchenpolitisch, fordert „Frauenweihe“ und „Predigerinnen“. Doch viele jüngere Katholikinnen bewegen andere Fragen.

Alina Oehler
© Carsten Schütz

Mit großen pinken Schildern ziehen die kfd-Frauen manchmal durch die Straßen. Die Aufschriften fordern „Frauenweihe“ und „Predigerinnen“, verziert durch eine lächelnde feminine Comic-Figur mit Bischofsmütze und Hirtenstab. Nur wie lange noch? 2018 feierte der Verband „Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands“, kurz kfd, 90-jähriges Jubiläum – doch laut Recherchen des „Neuen Ruhrworts“ droht ein Mitgliederschwund. Ganze Ortsgemeinschaften lösen sich auf, 45.000 Frauen haben die kfd zum Jahreswechsel verlassen. Die Verantwortlichen verweisen auf die Kirchenaustrittszahlen; auch eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge hat wohl eine Rolle gespielt.

Dass die Vereinigung bis vor kurzem noch über 350.000 Mitglieder zählen sollte, hat mich ehrlich gesagt überrascht. Das sind gerade mal um die 20.000 weniger als die CDU. So präsent war die kfd für mich nicht – und dabei bin ich doch ihre Zielgruppe, oder doch nicht?

Laut ihrem Selbstverständnis setzt die kfd sich für „die Interessen von Frauen in Kirche, Politik und Gesellschaft“ ein. Genauer: Eine geschlechtergerechte Kirche und Gleichberechtigung in Politik und Gesellschaft. Neben der Lobbyarbeit organisieren die Ortsverbände „Queere Andachten“, Yoga und Qigong-Kurse, aber auch Vorträge zu großen Frauengestalten wie Edith Stein oder Frauenwallfahrten.

Ein buntes Potpourri an Dingen, von denen mich jetzt ehrlich gesagt nur wenig anspricht. Und das scheint nicht nur mir so zu gehen. Überfliegt man Bilder der verschiedenen Veranstaltungen muss man sehen: wenig junge Leute vertreten.

Liegt das vielleicht – neben der Kirchenkrise insgesamt – auch einfach daran, dass es grundsätzlich nicht mehr attraktiv ist, Mitglied in einem Verband oder Verein zu sein? An der Krise des Ehrenamts? Eine Studie zum Vereinssterben in Deutschland spricht von einer „Irgendjemand macht das schon“-Mentalität. Gerade in der Rushhour des Lebens zwischen Studium, Familiengründung und Beruf ist wenig Zeit.

Doch ich glaube nicht, dass es an einer Null-Bock- und Keine-Zeit-Haltung liegt, dass ich auch sonst niemanden in meinem Alter kenne, der bei der kfd ist. Nein, gerade der noch verbliebene Rest an praktizierenden jungen Katholikinnen ist doch häufig sehr engagiert. Vor allem wenn Kinder dazu kommen, wird nach Möglichkeiten zur Vernetzung stark gesucht.

Der kirchenpolitische Aktivismus schließt fromme Katholikinnen aus, denen diese Themen nicht so wichtig sind oder die anderer Ansicht sind.

Doch wer will dabei aussichtslose Kämpfe weiterführen und für eine Priesterinnenweihe demonstrieren, die es in naher Zukunft mit Rom nicht geben wird? Der kirchenpolitische Aktivismus schließt fromme Katholikinnen aus, denen diese Themen nicht so wichtig sind oder die anderer Ansicht sind. Dass die kfd auch für Mütterkuren, verpflichtende Beratung bei Spätabtreibung oder mehr Rente für Erziehungszeiten gekämpft hat, wird dabei übersehen.

Dabei interessieren uns solche Fragen doch viel mehr. Genauso: wie erkläre ich meinen Kindern den Glauben? Wo bekomme ich Hilfe in Erziehungsfragen? Wie lerne ich andere Mütter oder Familien kennen, die den Glauben teilen? Veranstaltungen dazu gibt es bei der kfd zwar auch, aber mit dem aktivistischen Überbau bleibt für mich nur der selektive Besuch attraktiv, nicht aber die Mitgliedschaft.

Weniger Kirchenpolitik, mehr Werte teilen

Dabei war die kfd einmal weniger kämpferisch. Ihre Wurzeln sind Gebetsgemeinschaften christlicher Mütter. Die über 100 Jahre alte Mitgliederzeitschrift des Verbands hieß früher „Frau und Mutter“, heute heißt sie „Junia“. Der Name einer Heldin in feministisch-theologischen Kreisen, vermutlich eine Apostelin, die wohl lange als Frau unsichtbar gemacht worden war. Ja, die kfd hat sogar einen eigenen Song dafür komponiert: „Junia, du bist da. Jahrtausende vergessen, lange Zeit unsichtbar: Wir haben Dich entdeckt. Junia, offenbar: so unerwartet mutig, unverstellt und ganz klar bekennst Du Dich zu Gott.“

Bei aller Freude über die Entdeckung: Das klare gemeinsame Bekenntnis zum christlichen Glauben wäre in diesen Tagen wichtiger, als das Umhertragen von Purpurkreuzen. Weniger Kirchenpolitik, mehr Werte teilen. Ein Frauenkollektiv, das in einer sich immer mehr entkirchlichenden Gesellschaft Akzente für die christliche Botschaft setzt, spirituell gemeinsam unterwegs ist, sich als drohende Minderheit bestärkt und mit Argumenten versorgt – und diese dann in der Politik stark macht und mit ihnen im Rücken für eine Gleichwertigkeit von Frauen eintritt: das fände ich gut. Frausein ist doch viel mehr als Nicht-Priesterin-sein-dürfen. Dann wäre bei der kfd auch wieder Platz für „Frau und Mutter“ – und nicht nur für Junia.

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