Stellen Sie sich vor, Sie werden heiliggesprochen und keiner interessiert sich dafür – zum Beispiel, weil Sie gleichzeitig mit einem international bejubelten „Influencer Gottes“ zur Ehre der Altäre erhoben werden. So ist es Pier Giorgio Frassati ergangen, der am vergangenen Sonntag von Leo XIV. kanonisiert wurde, dessen Name aber vor lauter Acutis-Hype nahezu untergegangen ist. Deshalb soll an dieser Stelle auch an diesen – mindestens so beeindruckenden – Heiligen erinnert werden: Der 1901 in Turin geborene Frassati stammte aus einer wohlhabenden Familie und begann schon früh, sich für Kranke und Bedürftige einzusetzen. Seiner christlichen Überzeugung nach stellte die tätige Nächstenliebe „das Fundament unserer Religion“ dar.
Während seines Bergbaustudiums trat er der Katholischen Aktion bei, engagierte sich bei der Friedensbewegung Pax Romana sowie den Vinzenz-Konferenzen und wurde schließlich Terziar des Dominikanerordens. Daneben zog es den passionierten Bergsteiger immer wieder auf die Gipfel der Alpen, „um in dieser reinen Luft die Größe des Schöpfers zu betrachten“. Bei einem seiner vielen karitativen Besuche in den Elendsvierteln infizierte er sich mit Kinderlähmung, an der er schließlich mit nur 24 Jahren starb. Wegen seines umfangreichen sozialen Engagements – und zur Überraschung seiner Familie – nahmen Tausende an seiner Beerdigung teil. Es wäre sehr bedauerlich, wenn sein Name, seine Glaubenstiefe und -freude und sein heiligmäßiger Dienst am Nächsten vor lauter Wirbel um seinen Kanonisierungspartner völlig untergehen würde!
Vor diesem Hintergrund hier noch weitere (beinahe) übersehene Nachrichten der vergangenen Woche:
1 | Brüssel. Das neu entwickelte Alzheimermedikament Leqembi, das die Eiweißablagerungen im Gehirn angreift und den geistigen Abbau zumindest im Frühstadium verlangsamen kann, ist seit September auch in Deutschland erhältlich.
2 | Bonn. Der Publizist Thomas Seiterich hat in einem katholisch.de-Beitrag kritisiert, dass die Jerusalemer Dormitio-Abtei – „eine der zentralen christlichen Leuchttürme im Heiligen Land“ – durch den Nahostkrieg unter extremen finanziellen Einbußen leidet und in dieser Notsituation von der deutschen Kirche „langsam vergessen wird“.
3 | New York. Donald Trump muss einer Missbrauchsbetroffenen 83 Millionen Dollar Schadensersatz für seine Diffamierungen zahlen. Nachdem die Autorin E. Jean Caroll 2019 mit Missbrauchsvorwürfen gegen den US-Präsidenten an die Öffentlichkeit gegangen war, hatte sie dieser – trotz seiner Verurteilung im Jahr 2023 – jahrelang mit Verleumdungskampagnen überzogen.
4 | Berlin. Der Bundestag hat Anfang der Woche mit einer umfassenden systematischen Aufarbeitung der Corona-Pandemie begonnen. Eine Enquete-Kommission wird in den nächsten 22 Monaten das Krisenmanagement des Staates untersuchen.
5 | München. Der weltbekannte Dirigent Christoph von Dohnányi ist im Alter von 95 Jahren verstorben. Er war der Sohn des von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers Hans von Dohnányi und Neffe von Dietrich Bonhoeffer.
6 | Helsinki. In Finnlands Hauptstadt hat es laut Statistik zwischen Juni 2024 und August 2025 keinen einzigen Verkehrstoten gegeben. Die Stadt begründet dies mit strengeren Tempolimits, zahlreichen und gut abgetrennten Radwegen sowie sichereren Fußwegen.
7 | Rom. Im Rahmen der ersten offiziellen LGBTQ-Wallfahrt sind am vergangenen Wochenende rund 1400 queere Menschen nach Rom gepilgert. Sie wollen damit ein Zeichen für mehr Toleranz und Vielfalt setzen und zugleich ihren Glauben feiern.