Israel steht knapp zwei Jahre nach dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 aufgrund des Krieges im Gazastreifen und der dortigen humanitären Situation unter zunehmend scharfer internationaler Kritik. Die unabhängige Untersuchungskommission des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen (UN) kommt in einem Bericht von Mitte September zu dem Schluss, dass Israel an den Palästinensern in Gaza einen Völkermord begeht. Laut UN treffen vier von fünf in einer Konvention von 1948 definierten Handlungen zur Bestimmung eines Genozids auf das Vorgehen der israelischen Behörden und Sicherheitskräfte zu. „Aus ausdrücklichen Erklärungen israelischer ziviler und militärischer Behörden sowie aus dem Verhalten der israelischen Sicherheitskräfte geht hervor, dass die Völkermordhandlungen mit der Absicht begangen wurden, die Palästinenser im Gazastreifen als Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten“, heißt es im Bericht der Untersuchungskommission. Rund 20 Hilfsorganisationen haben mit einem gemeinsamen Aufruf an die Staatengemeinschaft reagiert, den Einsatz gegen die „Gewalt und Besatzung“ zu verstärken, und zur Einhaltung des Völkerrechts aufgerufen. Zu den Unterzeichnenden gehören Oxfam sowie „Ärzte ohne Grenzen“. Israel streitet den Vorwurf des Völkermords ab.
Wenige Wochen zuvor hatte Israel einen Bericht der internationalen Initiative „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC) als manipuliert zurückgewiesen; dieser Vorwurf wurde medial jedoch als von Israel verbreitete Falschmeldung entkräftet. Nach Daten des IPC herrscht in Teilen des Gazastreifens eine Hungersnot, von der eine halbe Million Menschen betroffen ist – Tendenz steigend. Laut Unicef sind zwei von zehn Kindern akut unterernährt. Hilfsorganisationen machen immer wieder auf eine katastrophale Versorgungssituation der Bevölkerung in Gaza aufmerksam.
Auch seitens der Europäischen Union (EU) verschärft sich die Kritik an Israel. Nachdem die EU-Kommission bereits am 10. September angekündigt hatte, ihre Zahlungen an Israel auszusetzen – ausgenommen sind Gelder an die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sowie Mittel für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft –, hat sie in einem weiteren Schritt den EU-Mitgliedsstaaten Sanktionen gegen Israel vorgeschlagen. Darunter fallen etwa Streichungen von Freihandelsvorteilen, die Israel empfindlich treffen könnten. Auch sieht der Vorschlag Sanktionen gegen extremistische Minister der israelischen Regierung sowie Siedler vor; die Strafen beziehen sich zugleich auch auf Mitglieder der Hamas. Ob der Rat der EU-Mitgliedsstaaten den Vorschlägen der Kommission folgt, war bei Redaktionsschluss noch offen. Das Parlament der EU hat in einer Resolution vom 11. September sowohl Israel für humanitäre Blockaden verurteilt und verlangt, Verstöße gegen das Völkerrecht zu ahnden, als auch die Verbrechen der Hamas verurteilt. Zugleich betonte das Parlament die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung, um Frieden und Sicherheit in der Region zu schaffen.
Auf Frieden in der Region drängen auch Papst Leo XIV. und der Vatikan. Zuletzt erneuerte der Pontifex seinen Appell „für einen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln, eine diplomatische Lösung der Verhandlungen und die uneingeschränkte Achtung des humanitären Völkerrechts“. Nach israelischen Angaben befinden sich noch etwa 50 Geiseln in der Hand der Hamas – viele von ihnen sind wohl nicht mehr am Leben.