Die Idee des hebräischen Jubeljahrs geht auf die Versöhnung der israelitischen Volksgemeinschaft untereinander und mit Gott zurück. Dies war eine Begleiterscheinung der sich immer weiter durchsetzenden Erkenntnis des Monotheismus. Die Heiligen Jahre der römischen Kirche setzen diese Tradition fort. Und so scheinen sich derzeit – im goldenen Licht der römischen Ottobrata – einige einstmals scharfe Konflikte zu entspannen.
Als sich der König von Großbritannien und Nordirland und der Statthalter Christi in der Sixtinischen Kapelle gegenseitig respektvoll zunickten, war die Gewalt der Verfolgung der Katholiken in den Reichen dieses Monarchen wie erloschen – gut 194 Jahre nach der Emanzipation der Katholiken in Albion. Als der König später als Royal Confrater seinen Platz in Sankt Paul vor den Mauern einnahm, schien der auf dem Thron geschriebene Wunsch Ut unum sint ein Stück weit Wirklichkeit zu werden – inmitten einer allgemeinen Feierstimmung um das christliche Zeugnis des Trägers eines von Papst Leo X. geschaffenen Titels: Fidei Defensor.
Wenige Tage später zeigte das Pontifikalamt im außerordentlichen lateinischen Ritus im Petersdom, dass die noch vor einem Jahr mit scharfer Zunge geführten Auseinandersetzungen infolge des Schreibens Traditionis custodes von Juli 2021 vorbei sind. All das abermals inmitten einer römischen Jubelfreude, wie sie in der Kunstgeschichte oftmals inszeniert wurde – man denke nur an die Reliefs des Grabmals von Clemens VIII. in Santa Maria Maggiore.
Kurz danach trafen sich die Vertreter der Synodenteams und Mitwirkungsgremien mit dem Papst, ebenfalls im Petersdom. Auch dies ist eine Facette des Kirche-Seins, die noch vor Kurzem von schlimmsten Konflikten zwischen Befürwortern und Gegnern geprägt war und nun merklich befriedet erscheint.
Ein letzter Moment unterstrich die Aktualität der Jubiläumsbotschaft: Der Papst empfing die Mitglieder des Ordens der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Im Heiligen Land herrscht leider noch immer keine Versöhnung, wenngleich eine Feuerpause die ständigen Kämpfe momentan etwas ruhen lässt. Vielleicht kommt der römische "Geist der Versöhnung" irgendwann dorthin.