Die Burg

Etwas Luxus gönnt sich CIG-Autor Christian Heidrich auf einer Burg in Wanzleben. Was er nach drei Wochen auf seinem Weg von Köln nach Königsberg wirklich vermisst, ist das Radiohören.

Die Burg
© Christian Heidrich

In Wanzleben übernachte ich in einer Burg. Zugegeben, das überschreitet durchaus mein übliches Budget, war auch so nicht geplant. Überhaupt ist wenig wirklich geplant.

Doch andererseits macht mich die Übernachtung nicht wirklich arm, der Preis ist, einen Rucksack-Bonus eingeschlossen, anständig, und vor allem macht es mir Spaß (an dieser Stelle sei dieses malträtierte Wort einmal gestattet!).

Es macht mir Spaß, weil die Burg eine lange, interessante Geschichte hinter sich hat. Sie wird bereits im 9. Jahrhundert urkundlich erwähnt, wird bis zum 13. Jahrhundert zu einer riesigen „Niederungs-Rundburg“ ausgebaut, spielt dann im Dreißigjährigen Krieg eine Rolle (im Mai 1631 weilt kaiserlicher General Tilly auf der Burg), wird dann über Generationen hinweg verpachtet und zwischen 1945 und 1989 von bäuerlichen Genossenschaften benutzt. Seit 1993 wird sie, eine der vielen Erfolgsgeschichten nach der Wende, von einem Nachfahren der ehemaligen Pächter erworben und nach und nach zu einem feinen Ensemble von Hotel und Restaurant ausgebaut.

Mein Zimmer ist groß, eigentlich riesig, individuell zugeschnitten und möbliert, ich darf auf den Hof und ins Grüne schauen und bin entzückt. Muss so viel Luxus sein? Nein, so viel muss nicht sein, gleichwohl fühle ich mich sehr wohl. Meine Zeilen schreibe ich in der Hotellobby auf einem Ledersessel, in Reichweite ein Kännchen mit Grüntee. Das Frühstück nehme ich im Kaminzimmer ein und genieße das Bircher Müsli. Ja, es macht Spaß, auch wenn es gerade in solchen außergewöhnlichen Stunden gut wäre, meine Freude mit einer mir nahen Person zu teilen. Wählen heißt verzichten, schrieb der französische Schriftsteller André Gide (1869-1951). Eine erstaunlich präzise Sentenz.

Nach dem Frühstück wandere ich, auf dem Börde Radweg, weiter in das nahe Magdeburg.

Am Rande: Das Hotel hat Stil, die Angestellten auch. Sorgen mache ich mir eher um die Gäste. Die Balance zu halten zwischen Entspannung und „dem Ort angemessen“ ist offensichtlich nicht einfach.
Seit drei Wochen vermisse ich schon das morgendliche Radiohören. Während die Fernsehgräte, unabhängig von der Qualität der Unterkunft, immer größer werden, gehört das Radiogerät in Hotelzimmern zu einer fast verschwundenen Spezies. Oder hört man mittlerweile Radio durch das Fernsehgerät? Von allen elektronischen Medien scheint mir das Radio am menschenfreundlichsten. Es ist unaufdringlich, gibt dem Kopf die Chance, eigene Bilder zu erschaffen. Deutschland ist zudem mit einer großartigen Rundfunklandschaft jenseits des Duddelfunks gesegnet. Dafür stehen der Deutschlandfunk oder SWR2 ein.
Die „kirchlichen“ Häuser allein trauen sich, auf das Fernsehgerät in den Zimmern zu verzichten. Im gewissen Sinne mutig, auf jeden Fall gut.

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