Das gezielte Beobachten von Kindern und dessen Dokumentation gehört in vielen Einrichtungen mittlerweile zum Alltag. Oft geschieht das mithilfe von Beobachtungsbögen. Heute wird jedoch auch mit digitalen Fotokameras zur visuellen Unterstützung der schriftlichen Aufzeichnungen sowie mit Tonaufnahmen gearbeitet. Filmaufnahmen bieten die einzigartige Möglichkeit, akustische und visuelle Wahrnehmungen zu verknüpfen und erweisen sich damit als äußerst effizientes Dokumentationsmaterial (Dinkelaker; Herrle 2009).
Eine bestimmte Dokumentationsmethode sollte aber nicht um ihrer selbst willen angewendet werden. Vielmehr ist zu fragen, für welchen Zweck welche Methode die geeignete ist. Einen Überblick über die Vor- und Nachteile verschiedener Dokumentationstechniken finden Sie in der Tabelle auf Seite 26.
Filmaufnahmen haben den Vorteil, dass sie besser nachvollziehbar machen, was in der konkreten Situation passiert ist bzw. beobachtbar war, als vorgelesene Beobachtungsprotokolle. Szenen können beliebig oft oder auch verlangsamt bzw. beschleunigt abgespielt werden. Sie sind damit für die gemeinsame Interpretation im Team und für Gespräche mit den Eltern eine gute Grundlage.
Welche Technik benötige ich?
Mittlerweile kann man mit Handys filmen, fast jede digitale Fotokamera hat eine Videoaufnahmefunktion. Um aber gute Filmaufnahmen zu erhalten, die auch noch beim späteren Anschauen nützlich sind, brauchen Sie eine hochwertigere Videokamera. Wichtig ist, dass Camcorder oder Videocam möglichst flexibel sind. Eine Handkamera bietet sich an.
Was muss der Camcorder alles können?1
Sie sollten sich bereits vor dem Kauf darüber im Klaren sein, wann Sie die Kamera einsetzen möchten, was sie können muss und vor allem welches Budget Sie eingeplant haben. Ein größtmöglicher optischer Zoom ist gut (acht- bis zehnfach). Achtung: Verwechseln Sie den optischen Zoom nicht mit dem digitalen Zoom – dieser ist unwichtig. Der Bildstabilisator gleicht leichte Verwacklungen des Bildes aus und ist im Kita-Alltag absolut notwendig.
Auf dem Speichermedium wird das Filmmaterial aufgezeichnet. Weit verbreitet sind sogenannte Flash- Speicherkarten (SD). Ältere Modelle zeichnen auf DV-Kassetten auf. Es gibt auch Geräte, die auf integrierten Festplatten aufnehmen oder auf DVDs. Diese sind jedoch teurer. SD Speicherkarten oder Mini-DVKassetten sind für Ihre Zwecke am besten geeignet. Die Bänder kosten etwa zwei bis vier Euro pro Stück und können eine Stunde Film speichern. Eine etwa 32 GB große Speicherkarte kostet in der Anschaffung zwar mehr, kann aber mehrfach bespielt werden. Sie müssten dann bisheriges Filmmaterial auf dem PC oder DVDs archivieren.
Ihre Kamera braucht außerdem Anschlüsse: 1. Firewire (bei DV-Kassetten) oder USB (bei SD Speichern), um die Kamera an einen PC anzuschließen; 2. Analogvideo- Ausgang (FBAS), um die Filmaufnahmen auf einem Fernseher anzuschauen; 3. Anschluss für externes Mikrofon. Auch wenn Sie es momentan vielleicht noch nicht einplanen, lassen Sie sich nicht einreden, sie bräuchten keinen Anschluss für ein externes Mikro. Sie werden sich bei der nächsten Theateraufführung ärgern, wenn Sie kein Mikro anstecken können und der Film ohne Ton damit unbrauchbar ist. Hier bieten sich, je nach Bedürfnissen, Ansteck- oder Stabmikrofone an. 4. DV-in und DV-out, um am PC bearbeitetes Filmmaterial zur Archivierung wieder auf ein DVBand spielen zu können. Denken Sie auch an die jeweilig passenden Kabel zu den Anschlüssen.
Nützliches Zubehör
Es gibt viel Zubehör, vom Filter bis hin zur komplizierten Schnittsoftware. Ich empfehle zunächst die Handhabung und den Einsatz Ihrer Kamera im Kitaalltag zu üben, um dann besser einschätzen zu können, was man zusätzlich benötigt. Nützlich ist eine gepolsterte Tasche, um die Kamera geschützt lagern und transportieren zu können. Ein Ersatzakku ist bei längeren Aufnahmen wichtig. Alle Kameras haben bereits ein kleines Mikrofon integriert, welches für spontane und schnelle Aufnahmen ausreichend ist. Aber beachten Sie, dass es nicht so leistungsstark ist: Denken Sie an die Theateraufnahme.
Vergleich der Beobachtungsinstrumente
Methode
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Vorteile
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Nachteile
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Vorbereitung
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Nachberei-tung
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Beispiel
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Schriftliche Dokumentation
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Situationen können schnell erfasst werden, einfache Archivierung
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subjektive Beschreibung, keine visuelle und akkustische Wahrnehmung
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Beobachtungs-bogen entwickeln/ einen passenden finden, Übung erforderlich
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Archivierung, ggf. Reinschrift
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Erzieherin beschreibt in einem Beobachtungs-bogen, wie Lena versucht, einen Baustein möglichst gerade auf einen anderen zu stapeln.
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Tonaufnahme
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akustische Wahrnehmung (Sprachfluss, Redeweise, Betonung, Musik, Geräusche erkennbar)
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keine visuelle Wahrnehmung
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Technik erfordert wenig Übung, Aufnahmegerät muss vorhanden und griffbereit sein
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ausführliche Beschriftung, Archivierung
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Gespräch zwischen Ella und Phillip über Tiere, die keine vier Beine haben, wird aufgenommen.
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Fotografie
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Mimik und Gestik können visuell wahrgenommen werden
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nur Momentaufnahme, keine zeitliche Dimension, keine akustische Wahrnehmung
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Technik erfordert Übung, Kamera muss vorhanden sein und bereit liegen
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Übertragung auf PC, Bearbeitung, ausdrucken oder entwickeln lassen, ausführliche Beschriftung, Archivierung
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Lukas’ erste Tage in der Einrichtung werden auf Fotos festgehalten.
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Filmmaterial
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visuell + akustisch, Raum und Zeitdimension enthalten, Situation beliebig oft abspielbar, größtmögliche Auswertungs-Möglichkeit
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erfordert Übung, relativ teuer in der Anschaffung
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Technik erfordert Übung und muss vorhanden und griffbereit sein
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Übertragung auf PC, Schnitt des Roh-Materials, ausführliche Beschriftung, Archivierung
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Die Erzieherin filmt eine Rollen-Spielszene zwischen Leni und Tarik auf dem Spielplatz.
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In der Kitapraxis kann ein Stativ sehr nützlich sein. Dieses sorgt für ruhigere Aufnahmen. Eine Alternative zum klassischen Dreibeinstativ ist das flexiblere Einbeinstativ. Dennoch ist ein Stativ in der Praxis eher umständlich. Bis es aufgebaut ist und die Kamera fest draufsitzt, ist womöglich die spannende Situation bereits vorüber.
Sie werden mit einer Videokamera viel Filmmaterial produzieren: Schnell wird aus einer kurzen interessanten Szene eine halbe Stunde Material. Um Speicherplatz zu sparen, aber auch um das Zuschauen kurzweiliger zu machen, kann das Material mit einer Software geschnitten werden. Sie benötigen dafür keine Profisoftware, die zwar viel kann, aber sehr viel technisches Know-how erfordert. Microsoft bietet die kostenlose Software Moviemaker an. Auf PCs mit dem Betriebssystem Windows XP ist diese bereits installiert. Für andere Windowsversionen lässt sich die Software problemlos nachträglich installieren. Auf Apple-Computern finden Sie die vorinstallierte kostenlose Software Imovie. Viele Camcorder werden bereits mit einem Schnittprogramm verkauft. Ich empfehle Ihnen dringend, sich bei der Anschaffung einer Videokamera und des Zubehörs von einer Fachperson beraten zu lassen − fragen Sie auch Eltern. Videokameras sind sehr verbreitet und vielleicht treffen Sie auf einen ambitionierten Hobbyfilmer. Eine gute Möglichkeit, um zunächst die Videotechnik und ihren Einsatz zu erproben, bieten Camcorderverleihe, die es in größeren Städten gibt.
Wie gelingen gute Aufnahmen, die man nutzen kann?
TIPP 1: Verwacklungen vermeiden
Nichts ist störender als verwackeltes unscharfes Filmmaterial. Es gibt ein paar Tricks, wie Sie ruhige Bilder erzeugen können. Lehnen Sie sich z.B. an eine Wand oder einen Schrank und halten Sie die Kamera mit beiden Händen. Wenn man den Ellenbogen auf dem Bauch abstützt, erreicht man zusätzliche Stabilität. Sie können auch die Kamera auf ein Regal oder einen Tisch stellen. Vermeiden Sie viele Bewegungen. Filmmaterial, auf dem Sie minutenlang einem Kind hinterherlaufen, ist im Nachhinein meist unbrauchbar.
TIPP 2: Zoomen
Gehen Sie mit dem Zoomen sparsam um. Jedes Zoomen bringt Unruhe. Profis geben den Tipp, nur zu zoomen, wenn die Kamera nicht aufnimmt. Überlegen Sie, was sie aufnehmen möchten. Soll es ein Detail sein, etwa die Mimik oder Gestik eines Kindes, dann ist es sinnvoll nah heran zu zoomen. Wenn sie aber eine gesamte Szene festhalten wollen, also auch andere Kinder, Interaktionen, Bewegungen, dann zoomen Sie nur soweit, dass sie die gesamte Szene im Blick haben.
TIPP 3: Bildausschnitt stabil halten
Sie halten einen gewählten Bildausschnitt, indem Sie nicht von links nach rechts filmen oder rein- und wieder rauszoomen. Jede Bewegung wirkt unruhig und ist für den Betrachter des Films schwer zu verfolgen.
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TIPP 4: Keine Kommentare
Viele Menschen neigen dazu, ihre Aufnahmen während des Filmens zu kommentieren. Meistens sind Kommentare akustisch unverständlich und im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar.
TIPP 5: Kein Gegenlicht
Filmen Sie nicht gegen das Licht. Das kennen Sie vom Fotografieren. Gegenlicht sorgt dafür, dass im Vordergrund alles dunkel und damit nicht erkennbar ist. Stellen Sie sich möglichst seitlich oder mit dem Rücken zu Fenstern und zur Sonne.
TIPP 6: Ton
Gehen Sie so nah wie möglich an die Kinder heran, wenn Sie Gespräche aufnehmen möchten. Denken Sie an den Geräuschpegel. Einzelne Kinderstimmen gehen schnell unter. Ein externes Mikro kann Abhilfe schaffen (siehe Zubehör).
TIPP 7: Standpunkt
Versuchen Sie sich so zu positionieren, dass Sie nah genug an der Situation sind, aber dennoch niemanden stören. Wenn Sie aus der Entfernung filmen, könnten sie natürlich heranzoomen. Es könnten dabei aber Kinder durchs Bild laufen oder im Bild stehen bleiben und Gespräche der Kinder aufzuzeichnen erweist sich zusätzlich als schwierig. Schönere und authentischere Aufnahmen bekommen Sie, wenn Sie sich auf die Höhe der Kinder begeben. Viele Details werden erst so deutlich, die aus der Erwachsenensicht von oben herab verborgen bleiben würden.
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Vor- und Nachbereitung des Filmens
Wenn Sie das erste Mal eine Videokamera in der Einrichtung nutzen, werden Sie wahrscheinlich große Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Kinder sind neugierig auf das Gerät, wollen wissen, was Sie damit vorhaben. Einige wissen vielleicht schon wie es ist, gefilmt zu werden, andere sind verunsichert.
Gemeinsam mit den Kindern
Beachten und respektieren Sie immer die besondere Situation der Kinder. Fragen Sie, ob es in Ordnung ist zu filmen. Sie kennen den Effekt vielleicht schon vom Einsatz des Fotoapparates. Die meisten Kinder lieben es, fotografiert und gefilmt zu werden und sich die Aufnahmen anzuschauen. Huhn et al. (2000, S. 196/Krappmann; Oswald 1995) schlagen eine Strategie vor, Kinder mit der Technik des Filmens vertraut zu machen: ‚unsichtbar durch Sichtbarkeit‘. Damit ist gemeint, den Kindern die Tätigkeit des Filmens und Ihre neue Rolle als Filmer näher zu bringen und damit schließlich weniger im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen. Die Kameratechnik könnte zunächst vorgestellt werden. Man packt dag Gerät gemeinsam aus, schaut sie sich an. Die Kinder können sie auch mal in die Hand nehmen. Filmsequenzen können gemeinsam angeschaut werden. Sie erläutern den Kindern auch, warum Sie filmen und was damit hinterher passiert. Beziehen Sie die Kinder mit ein, indem Sie sie z.B. selbst filmen lassen. Die Kinder werden auch akzeptieren, dass Sie während des Filmens nicht Hauptansprechpartner sind (Viernickel; Völkel 2005). Sie werden merken, dass das starke Interesse an der Kamera nach einiger Zeit nachlässt und sich die Kinder wieder ihren Beschäftigungen widmen.
Vor der Aufnahme
Bevor Sie Ihre ersten Filmaufnahmen planen, sollten Sie sich technisch und inhaltlich darauf vorbereiten. Zunächst gilt es, die Kamera so vorzubereiten, dass sie spontan und schnell einsatzfähig ist. Achten Sie darauf, dass die Akkus immer aufgeladen sind. Sie werden sich ärgern, wenn Max seine ersten Schritte probiert, Sie die Kamera bereit halten und plötzlich der Akku leer ist.
Probieren Sie außerdem die Kamera und ihre Funktionen aus, bis Sie sie souverän beherrschen. Sie werden mit der Zeit Übung bekommen, um schnell interessante Situationen qualitativ hochwertig aufnehmen zu können.
Inhaltliche Vorbereitung bedeutet, dass ich mir vor der Aufnahme bewusst mache, warum ich etwas filme. Wenn wir Wahrnehmungen aufzeichnen, egal ob mit Fotokamera, Tonbandgerät oder Videokamera, reduzieren wir Realität. Wir filtern wichtige von unwichtigen Aspekten heraus, allein dadurch, dass wir eine Situation auswählen oder nicht. Deshalb ist es hilfreich, kenntlich zu machen, warum eine bestimmte Situation als wesentlich bzw. bedeutend für das Kind erachtet wird. Es gilt so zu filmen, dass man das Material auch auswerten kann. Dazu bietet sich eine Beschreibung der Situation an, die im Nachhinein protokolliert wird.
Darf man das eigentlich?
Rechtliche Situation:
Nach §22 des Kunsturhebergesetzes hat jede Person ein Recht am eigenen Bild. Wörtlich heißt es: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“ (§22 KunstUrhG, Satz 1). Für die Praxis bedeutet das, sich unbedingt eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten, im Falle von Kindern, bzw. von Mitarbeiterinnen einzuholen. Dazu gehört auch eine Erklärung, wofür Film- und Fotoaufnahmen verwendet werden und wer Zugang zu diesem Material hat. (Der Landesbeauftragte für Datenschutz Niedersachsen 2010; Bundesministerium der Justiz 2010)
Überlegungen treffen
Zu folgenden Punkten sollten Sie Notizen anfertigen:
- Warum wird gefilmt? (Ihre Intention, auf den Aufnahmeknopf zu drücken)
- Wer wird gefilmt? Wer hat gefilmt?
- Wann wird gefilmt? (Datum, Zeit)
- Was wird gefilmt? (Beschreibung der Situation)
Da eine Filmsequenz nicht die gesamte Kassette bespielt, können Sie ein Videobuch einsetzen, in welchem Sie Ihre Notizen zur Situation vermerken können. Auch Besonderheiten sollten dort vermerkt werden, z.B. ein Ereignis, das der gefilmten Szene vorausgegangen ist und während der Aufnahme zu Handlungen führt, die im Nachhinein unerklärlich erscheinen. Ein solches Videobuch hat den Vorteil, dass Sie gemeinsam mit Ihren Kolleginnen eine Aufnahmekassette oder eine Speicherkarte nutzen können und trotzdem nicht den Überblick verlieren.
Länge der Aufnahme
Wie lange Sie filmen sollten, kann pauschal nicht beurteilt werden. Auf der einen Seite könnte eine Szene noch interessant werden, auf der anderen Seite produzieren Sie vielleicht zu viel Material, das nicht ausgewertet werden kann. Meistens lohnt es sich, doch noch etwas bei der Situation zu bleiben, löschen können Sie immer. Die Aufnahmen können auch unterbrochen werden und nach einiger Zeit erst wieder starten. Letztendlich steht eine Situation nicht für sich allein, sondern wird mit weiteren Beispielen kombiniert, um eine gute Diskussionsgrundlage im Team zu bilden.
Die Auswertung
Sie werden anfangs viel Filmmaterial produzieren. Um die Auswertung effektiver und das Anschauen interessanter zu gestalten, wählen Sie gezielt Szenen aus, die Sie zeigen möchten. Scheuen Sie sich nicht, unbrauchbare Aufnahmen zu löschen. Sie können bereits im Videobuch notieren, welche Aufnahmen interessant sein können. Nehmen wir an, Sie haben nach zwei Wochen etwa eine Stunde Filmmaterial aufgezeichnet und dazu gewissenhaft Notizen zur Aufnahmesituation gemacht. Sie haben nun zwei Möglichkeiten für die Weiterverwendung. Sie können:
1. Die Kamera direkt an einen Fernseher anschließen und sich die Aufnahmen anschauen. Der Vorteil ist, dass Sie die Aufnahmen sofort auch anderen zugänglich machen können. Der Nachteil ist, dass Sie nur Rohmaterial haben, d. h. lange Szenen, unbrauchbare Szenen, verwackelte Bilder und Szenen, die Sie momentan nicht brauchen, sind noch enthalten. Das Anschauen ist, zumindest bei den DV-Kassetten, vom ständigen Hin- und Herspulen begleitet.
2. Eine zweite, etwas aufwendigere Möglichkeit ist die Bearbeitung am Computer. Sie können die Kamera an den PC anschließen und das Gefilmte mit einem entsprechenden Schnittprogramm bearbeiten (siehe Software). Das heißt, Unbrauchbares, nicht Gelungenes, Uninteressantes wird aussortiert. Sie können anschließend die brauchbaren Filmsequenzen auch in eine Reihenfolge bringen, z.B. sortiert nach Kindern, Spielhandlungen oder Materialien, und sich so einen Film zusammenstellen, der Ihrem Bedarf entspricht. Diesen können Sie auf DVD brennen oder auch direkt am PC anschauen.
Wie kann ich das Filmmaterial pädagogisch nutzen?
Bleibt die Frage, wie Sie das Filmmaterial für Ihre Arbeit nutzen können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten.
- Die Videoaufnahmen können z.B. den Kindern selbst gezeigt werden. Fragen Sie die Kinder, was sie sehen und was sie darüber denken. Lassen Sie sie ihre eigenen Handlungen erläutern. Sie erhalten so völlig neue Einblicke in ihre Lebenswelt, die aus der Erwachsenenperspektive unentdeckt blieben.
- Videoaufnahmen sind eine gute Grundlage für Gespräche mit Eltern. Zeigen Sie ihnen, womit sich ihr Kind beschäftigt, für was und wen es sich interessiert oder wer seine Freunde sind. Filmaufnahmen schaffen Transparenz und dadurch Vertrauen. Gleichwohl können Sie die bewegten Bilder mit anderen Dokumentationsmaterialien unterstützen bzw. umgekehrt.
- Videoaufnahmen sind optimal für den Austausch mit Kolleginnen geeignet. Was macht das Kind gern? Was langweilt es? Wie spielt es mit anderen Kindern? Ein Zusammenschnitt verschiedener Situationen erzeugt ein aussagekräftiges Bild des Kindes. Filmaufnahmen bieten sich auch zur Selbstreflexion und Evaluation im Team an. Wie verhalte ich mich als Erzieherin zu Kindern und zu Kolleginnen? Wie ist die Kommunikation zwischen mir und den Kindern (Viernickel; Völkel 2005)?
- Videomaterial kann zur Verbesserung schriftlicher Dokumentation eingesetzt werden. Gemeinsam mit Kolleginnen kann man üben, Szenen schriftlich festzuhalten und anschließend unterschiedliche Wahrnehmungen reflektieren. Beobachtungsfehler können so verhindert und für die Dokumentation eine einheitliche Sprache entwickelt werden.
- Filme haben den Vorteil, dass Sie sie beliebig oft in Realzeit abspielen können, um neue Details zu entdecken oder um sich Szenen aus verschiedenen Perspektiven und Fragestellungen anzuschauen. Filme können verlangsamt abgespielt werden, um Details besonderes Augenmerk zu schenken. Weitaus seltener, aber nicht weniger interessant ist die beschleunigte Wiedergabe. Dadurch werden Sie auf Aspekte aufmerksam, die in der Komplexität der Einzelsituation in Realzeit untergehen. Ich kann mir z.B. vorstellen, die Kamera so zu positionieren, dass sie einen Blick über die Bauecke hat. In beschleunigter Wiedergabe kann man beobachten, welche Kinder kommen und gehen, wie sie sich im Raum bewegen und wie die Bauecke über einen längeren Zeitraum genutzt wird. Bei einer solchen Aufnahme können Sie die Kamera geschützt auf ein Regal stellen.
Fazit
Filmaufnahmen mit der Videokamera sind, wenn der Umgang geübt ist, äußerst effektiv und anschaulich mit verschiedensten Verwendungsmöglichkeiten. Das Filmen wird Ihnen eine andere Perspektive in der Gesamtheit pädagogischer Dokumentationsinstrumente bringen. Die Videografie schließt andere Methoden nicht aus, sondern ergänzt sie vielmehr, bereichert den Blick auf Kinder und gibt die Möglichkeit, sie in ihrem Verhalten und ihren Gefühlen besser zu verstehen. Probieren Sie es aus!