Benedikt Kranemann/Stephan Winter (Hg.): Im Aufbruch. Liturgie und Liturgiewissenschaft vor neuen Herausforderungen, Münster: Aschendorff Verlag 2022; 250 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-402-24824-9
Eine wachsende religiöse und weltanschauliche
Pluralität, die Erschütterungen
durch die Missbrauchskrise, die Corona-
Pandemie, vielfältige Formen des Machtmissbrauchs
… – die gesellschaftlichen
und kirchlichen Entwicklungen der letzten
Jahre stellen die Theologie vor Herausforderungen
und werfen neue Fragen
auf.
Dies lässt auch die Liturgiewissenschaft
nicht unberührt. Sie befindet sich
„im Aufbruch“: Weitere Themenbereiche
werden erschlossen, historische Quellen
neu bewertet und das methodische Instrumentarium
erweitert. Der Aufsatzband
bündelt diese Entwicklungen und geht der
Frage nach, wie das zukünftige Profil der
Liturgiewissenschaft aussehen könnte.
Die
18 interdisziplinären Beiträge reflektieren
aus unterschiedlichen Perspektiven (bibel-
und geschichtswissenschaftlich, systematisch-theologisch, ökumenisch und
interreligiös, kulturwissenschaftlich sowie
praktisch-theologisch) Herausforderungen,
Aufgaben und Arbeitsfelder derjenigen Disziplin,
die die Liturgiekonstitution zu den
Hauptfächern der Theologie zählt (vgl. SC
16).
Der Sammelband möchte ein breites
Publikum an interessierten Leserinnen und
Lesern ansprechen. Daher wurde auf einen
Fußnotenapparat verzichtet. Literaturhinweise
am Ende jedes Beitrags laden zur
Vertiefung ein.
Harald Buchinger/Benedikt Kranemann/Alexander Zerfaß (Hg.): Liturgie – „Werk des Volkes“? Gelebte Religiosität als Thema der Liturgiewissenschaft (Quaestiones disputatae 324), Freiburg i. Br.: Verlag Herder 2023; 483 S.; 64,00 €; ISBN 978-3-451-02324-8
Was das „Volk“, also die Gesamtheit der
Gläubigen, innerhalb gottesdienstlicher
Feiern tun darf und tatsächlich tut, gehört
zweifellos zu den spannendsten Fragestellungen
liturgiewissenschaftlicher
Forschung. Ein noch bunteres Bild ergibt
sich, wenn man den liturgischen Tellerrand
überschreitet und Praktiken der sog.
Breitenreligiosität mit in den Blick nimmt.
Genau dies untersuchen die Autorinnen
und Autoren des vorliegenden Sammelbandes.
Sie nehmen historische und heutige
Formen der Teilnahme von Gläubigen
an Ritualen in den Blick: So kommen in
den 20 Beiträgen Ausdrucksformen spätantiker
gelebter Religiosität zur Sprache,
wie die evangelische Gottesdienstpraxis
im Zeitalter der Konfessionalisierung oder
heutige freie Ritualanbieter/innen, die im
säkularen Kontext agieren.
Liturgiewissenschaft
wird auf diese Weise anschlussfähig
zu den historischen Kulturwissenschaften,
der Kulturanthropologie oder
den Ritual Studies. Aber auch die Kirche
und die Theologie gewinnen durch diese
Horizonterweiterung etwas hinzu: Es wird
deutlich, dass auch rituelle Handlungsformen
und -orte jenseits der kirchlich geordneten
Liturgie theologische Erkenntnisorte
sein können.
Manuel Uder, DLI, Trier