Es gibt zwei Tage im Jahr, an denen
als liturgische Farbe Rosa getragen
werden kann: am vierten Fastensonntag
(„Laetare!“ – „Freue Dich!“) und am
dritten Adventssonntag („Gaudete!“ – „Freut
Euch!“). Dann wird die Bußfarbe
Violett in der Fasten- und Adventszeit
im Sinne der Vorfreude
durch das Weiß himmlischer Vollendung
etwas lichter und heller
– eben rosafarben.
Der vierte Fastensonntag unmittelbar
vor der Passionszeit
kam wohl durch die „Goldene
Rose“ (lateinisch Rosa aurea) zu
seiner besonderen Farbe. Sie
wird an diesem Tag – der deshalb
auch „Rosensonntag“ genannt
wird – als Auszeichnung
des Papstes an Personen, Staaten
oder Wallfahrtsstätten verliehen,
die sich um die katholische Kirche
besonders verdient gemacht haben.
Das Motiv der Rose steht für
Jesus Christus, wobei die Dornen
seinen Leidensweg symbolisieren
und das Gold seine Auferstehung.
Seit Papst Paul VI. (1963–1978)
wird die Goldene Rose nur noch
herausragenden Wallfahrtsorten
zuteil.
Der Brauch, auch am dritten
Adventssonntag Rosa zu tragen,
stellt wahrscheinlich eine Angleichung
an den vierten Fastensonntag
dar. Die Farbe besagt:
Es geht im Advent, wie auch im
Leben insgesamt, nicht darum,
als armer Sünder den Kopf hängen
zu lassen, sondern in freudiger Erwartung
aufrecht durch das Leben zu gehen. In
Freud und Leid gehen wir mit einem Gott
durch unser Leben, der auch im Tod neues,
ewiges Leben schenken wird und dessen bedingungslose
Liebe der einzig sichere Trost
ist. Mit diesem Gott – so Teresa von Ávila –
habe ich einen Lebensbegleiter, mit dem ich
24 Stunden täglich mein Leben teilen kann
und der nicht ständig an mir herumnörgelt,
sondern mich so liebt, wie ich bin. Die weiße
liturgische Farbe der Weihnacht hellt
also am dritten Adventssonntag die irdisch-schwere
Farbe des Violett etwas auf und
wandelt diese in ein zartes Rosa der himmlischen
Vorfreude – ebenso tut es die weiße
Auferstehungsfarbe der Osterzeit am vierten
Fastensonntag. Dies ist ein sinnfälliges
Zeichen des „heiligen Tausches“,
dass zu Weihnachten und Ostern
der bettelarme Mensch vom verliebten
Schöpfer- und Erlösergott
himmelreich geworden ist.
Pädagogisch-katechetisch ist
es für Heranwachsende ein großer
„Aha-Effekt“, wenn sie – auch
in der Ministrantenausbildung –
nicht nur eine rosafarbene Stola
erblicken, die über einer Mantelalbe
getragen wird, auch nicht
nur ein „schweinchenfarbenes“
rosa Gewand, sondern ein theologisch
durchdachtes roséfarbenes,
ins Goldene hinüberstrahlendes
Primizgewand. Ich habe
mich vor meiner Priesterweihe
1997 bewusst dafür entschieden,
mir von den Benediktinerinnen
in Osnabrück ein solches
besonderes, selten zu tragendes
Gewand fertigen zu lassen (siehe
Foto links), weil ich ahnte, in den
meisten Sakristeien alle anderen
Gewänderfarben zur Genüge
vorzufinden – nur ein rosafarbenes
eben nicht. Die Symbolik des
brennenden Dornbusches komplettiert
auf anspruchsvolle Weise,
worauf es bei einem Sonntag
der Vorfreude ankommt – gerade
auch in Pandemiezeiten.
Ich werbe dafür, sich ein roséfarbenes
Gewand zuzulegen; es ist im
Laufe des Kirchenjahres eine willkommene
Besonderheit.