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Titelseite: Einfach Leben  10/2025

Nr. 10 – 2025Oktober

Inhalt
1. Auflage 2025
Bestellnummer: Z330109

Wenn man den Festkalender der Kirchen betrachtet, beginnt der Oktober mit dem Fest der hl. Theresia von Lisieux und endet mit dem Reformationsfest. Beide Feste haben etwas gemeinsam: Sie wollen uns daran erinnern, dass die Kirche immer wieder erneuert werden muss: ecclesia semper reformanda – so haben es die Theologen des Mittelalters ausgedrückt. Im Oktober feiern wir zudem viele Heiligenfeste, die uns an diese Reformation der Kirche erinnern. Da ist das Fest des hl. Franziskus am 4. Oktober, der als junger Mann den Ruf hörte: „Bau meine Kirche wieder auf!“ Er dachte zuerst an die Ruine eines kleinen Kirchleins. Doch der Ruf bezog sich auf die Kirche als ganze. Am 15. Oktober feiern wir die hl. Teresa von Avila, die ihren Orden reformiert hat und mit ihren mystischen Schriften in die ganze Kirche hinein gewirkt hat und die noch Edith Stein dazu motivierte, in den Karmel einzutreten. Für mich ist das Fest des Evangelisten Lukas am 18. Oktober gerade im Blick auf die Reformation der Kirche bedeutsam. Lukas beschreibt uns das Entstehen der Kirche im Ideal einer Urgemeinde: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele.“ (Apg 4,32) Viele Ordensgründer wurden von der Sehnsucht getrieben, eine Gemeinschaft aufzubauen, die dieses Ideal des Anfangs nachahmte. Heute, da die Kirche immer kleiner wird und ihr Ansehen in der Gesellschaft abnimmt, sehnen wir uns wieder danach, dass sie die gleiche Wirkung hat wie damals, als Lukas schreibt: „Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt.“ (Apg 2,47)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen mit der Kirche geht. Viele beklagen sich darüber, dass sie die Heimat, die die Volkskirche für sie einmal war, verloren haben. Die Kirche ist sicher nicht mehr so wie vor 50 oder 70 Jahren. Wenn wir betrauern, dass diese Zeit vorbei ist, würdigen wir, was die Kirche in der Vergangenheit für viele Menschen war. Aber das Betrauern befähigt uns auch, neu aufzubrechen und darauf zu vertrauen, dass die Kirche auch heute eine Botschaft der Hoffnung vermitteln kann, nach der sich gerade in unserer aufgewühlten Zeit viele Menschen sehnen.

So wünsche ich Ihnen, dass Sie an den Gedenktagen der Heiligen, die die Kirche der Vergangenheit geprägt haben, neue Hoffnung schöpfen auf eine Kirche, die den Himmel über uns öffnet und uns einen Raum schafft, in dem wir uns in Gottes Liebe daheim fühlen.

Über diese Ausgabe

Forum

  • Die Kirche verteidigen? Forum
    Plus Nr. 10 – 2025 S. 3

    ForumDie Kirche verteidigen?

    Wenn ich mit meinem Bruder über meine verstorbenen Eltern spreche, dann geraten wir oft in Streit.
    In meinem Umfeld wird ständig über die Kirche geschimpft. Wenn ich dann die Kirche verteidige, werde ich als konservativ und verbohrt eingestuft.

Lebenskunst

  • Sich erinnern: Haltungen, die uns guttun
    Plus Nr. 10 – 2025 S. 2

    Haltungen, die uns guttunSich erinnern

    Die Erinnerung bringt uns in Berührung mit allem, was wir erlebt haben. Für Hermann Hesse ist es das größte Glück des Alters, dankbar im Erinnerungsbuch seines Lebens zu lesen. Nicht nur für das individuelle Leben ist Erinnerung wichtig, sondern auch für Gemeinschaften. Und es geht nicht nur um schöne Erinnerungen.

  • Ich LEBE - Zeugnis eines Überlebenden: Begegnung
    Plus Nr. 10 – 2025 S. 7-10

    BegegnungIch LEBE - Zeugnis eines Überlebenden

    Über eine Stunde erzählte der knapp Hundertjährige in Freiburg von seiner Erfahrung als junger Jude in der Nazizeit. Im Gespräch mit einfach leben-Herausgeber Rudolf Walter erläuterte er, worum es ihm bei diesem Zeugnis geht. Er möchte zeigen, dass menschliche Würde mit Erinnerung zu tun hat. Er will einfach vom elementaren Wert des Lebens sprechen, damit sich nicht wiederholt, was er an Schlimmem erfahren hat.

  • Plus Nr. 10 – 2025 S. 11

    Quellen der LebensfreudeZuhören

    Im Hören nehmen wir teil an den Emotionen des andern. Der griechische Philosoph Theophrast nennt den Hörsinn den emotionalsten unter allen Sinnen. Wenn Menschen spannende Geschichten aus ihrem Leben erzählen, hört man gerne zu. Wenn einer dagegen sich ständig selbst lobt und in den Mittelpunkt stellt, dann spürt man beim Zuhören eine innere Unzufriedenheit oder gar Aggression.

Spiritualität