Titelseite einfach-leben-2025-6

Nr. 6 – 2025Juni

Inhalt
1. Auflage 2025
Bestellnummer: Z330106

Liebe Leserin, lieber Leser,

Am 8. Juni feiern wir das Pfingstfest. In diesem Jahr hat Pfingsten für mich eine besondere Bedeutung. Momentan erleben wir ja eine babylonische Sprachverwirrung. Viele reden aneinander vorbei. Wir können kaum noch unterscheiden, was Wahrheit und Lüge ist. Die Lüge ist hoffähig geworden, und das zerstört die Grundlage der Gesellschaft. Die Bibel spricht davon schon in der Geschichte vom Turmbau von Babel. Da wurden die Menschen unfähig, gemeinsam an einem Werk zu arbeiten – und wurden in die ganze Welt zerstreut. Jeder ging seinen eigenen Weg. Es gab kein Interesse mehr am anderen. Das beschreibt treffend auch unsere Situation: Viele kümmern sich heute nur noch um sich selbst. Sie verschließen die Augen vor der aufgewühlten und unsicher gewordenen Welt. An Pfingsten aber geschieht das Gegenteil. Da sprechen die Jünger ihre Sprache und die vielen Menschen, die aus den damals bekannten Gebieten der Erde kamen, verstehen sie. Es war die Sprache, die Menschen wieder miteinander verband. Nicht, dass die Jünger sich als glänzende Redner dargestellt hätten. Aber alle Menschen hörten sie, gerade in ihrer einfachen Sprache, „Gottes große Taten verkünden“ (Apg 2,12). Auch heute sehnen wir uns wieder nach einer Sprache, die die Menschen miteinander verbindet, sie in ihrem Herzen berührt. Wenn unsere Sprache das Herz der Menschen bewegt, bewegt sie auch Menschen zueinander. Und so entsteht Gemeinschaft. Lukas schildert, wie der Heilige Geist „in Feuerzungen“ auf die Jünger und auf die Frauen herabkommt. Der Heilige Geist bewirkt in uns eine Sprache, die wärmt, bei der ein Funke überspringt. Auch wir können uns heute durchaus bemühen, eine Sprache zu sprechen, die nicht spaltet, sondern die verbindet, die nicht Feindschaft bewirkt, sondern Freundschaft stiftet. Auch die Worte des Petrus treffen die Zuhörer und Zuhörerinnen mitten ins Herz und lassen sie fragen: „Was sollen wir tun?“ (Apg 2,17) Petrus antwortet: „Kehrt um, denkt um, denkt anders über euch und über eure Welt. Schaut hinter die Kulisse. In allem scheint trotzdem Gottes Gegenwart auf. Gott lässt uns nicht allein.Es braucht nur einen anderen Blick auf die Wirklichkeit.“ So wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest, dass das Geheimnis von Pfingsten den ganzen Juni prägt, dass Sie miteinander eine Sprache finden, die verbindet, die wärmt und die Hoffnung schenkt.

 

Ihr Pater Anselm Grün

Über diese Ausgabe

Forum

  • Angst & Unsicherheit: Forum
    Plus Nr. 6 – 2025 S. 3

    ForumAngst & Unsicherheit

    Nach den letzten Amokläufen von psychisch kranken Menschen habe ich selber Angst, wenn ich durch die Stadt gehe. Überall sehe ich Menschen, die psychische Probleme haben.
    Ich leide unter dem Unsicherheitsgefühl. Alles ist unsicher. Mein Arbeitsplatz ist bedroht. Ob Frieden bleibt, ist unsicher. Die politische Situation ist undurchsichtig.

Lebenskunst

  • Zorn: Haltungen, die uns guttun
    Plus Nr. 6 – 2025 S. 2

    Haltungen, die uns guttunZorn

    Mit dem Zorn verbinden wir eher negative Assoziationen. Der Mönchsvater Evagrius Ponticus vergleicht ihn mit dem Gift der Natter, das das Herz des Menschen auffrisst.

  • Im Herzen lesen: Begegnung
    Plus Nr. 6 – 2025 S. 8-9

    BegegnungIm Herzen lesen

    Er schafft ungewöhnliche Bilder und Skulpturen, oft aus ganz alltäglichen Fundstücken. Für P. Meinrad Dufner ist Kunst ein Erkenntnisweg, und es ist gerade die Wahrnehmung des Alltäglichen, die ihn nicht nur zum kreativen Tun führt, sondern auch seine Spiritualität sinnlich prägt. Theologische Tradition sei ihm wichtig.

  • Freundschaften pflegen: Quellen der Lebensfreude
    Plus Nr. 6 – 2025 S. 10

    Quellen der LebensfreudeFreundschaften pflegen

    Eine wichtige Quelle der Lebensfreude ist das Pflegen von Freundschaften. Ein guter Freund, eine gute Freundin sind – wie schon die Bibel sagt – ein Schatz. „Ein treuer Freund ist wie ein festes Zelt; wer einen solchen findet, hat einen Schatz gefunden.“ (Sir 6,14)

  • Zeitfragen: Frieden stiften
    Plus Nr. 6 – 2025 S. 11

    Frieden stiftenZeitfragen

    Es taucht in der politischen Diskussion immer häufiger die Alternative „Freiheit oder Frieden“ auf. Was ist wichtiger für ein gutes Leben? Muss man sich, oder: wie – und mit welcher Konsequenz – kann man sich für die eine oder die andere Seite entscheiden?

Spiritualität