"Ich glaube, dass Einzelne das Geschick der Welt entscheiden"Warum Hans Urs von Balthasar Maximus Confessor als Kirchenlehrer empfahl

Seine spirituelle Tiefe, seine theologische Genauigkeit und seine Persönlichkeit haben Hans Urs von Balthasar besonders beeindruckt.

Maximus Confessor
Maximus Confessor, Mosaik, 11. Jh.© gemeinfrei/Wikimedia Commons

In seinem einzigen großen Fernsehinterview mit dem Schweizer Journalisten Erwin Koller kommt Hans Urs von Balthasar (1905–1988) im Jahr 1984 auch auf seine Studienzeit in Lyon zu sprechen. Angeregt durch seinen Lehrer Henri de Lubac, hat er sich zusammen mit einigen Kommilitonen einen weiten Überblick über die Schriften der Kirchenväter verschafft. Einen hebt er dabei besonders hervor:

"Wirklich gefesselt hat mich Maximus Confessor – weil er als einziger dem ganzen Ost-Reich Widerstand geleistet hat in Sachen der Christologie, und als einziger Recht behalten hat."

Auf die Nachfrage, wie ein Mönch und Theologe aus dem 6. Jahrhundert für die heutige Zeit zum Vorbild dienen könne, antwortet Balthasar, sie liege für ihn im "Glaubensmut", mit dem er als Einzelner standgehalten habe. Denn: "Ich glaube, dass Einzelne das Geschick der Welt entscheiden".

Neben der spirituellen Tiefe und der theologischen Genauigkeit, auf die Balthasar in seinen Werken immer wieder zu sprechen kommt, ist es bei Maximus Confessor (580–662) also besonders seine Persönlichkeit, die ihn beeindruckt hat und ihn als Vorbild für die Christen von heute empfiehlt.

Sein entschiedenes Eintreten für die wahre Menschheit und den freien menschlichen Willen Jesu Christi hat ihn in einer Zeit, die von einer engen Verbindung von Kirche und Staat und vom Vordringen des Islam im Osten geprägt war, immer mehr in die Schusslinie der auf Kompromisse mit dem östlichen Einheitsdenken angelegten Politik des Kaisers gebracht. Noch als Greis wurde Maximus eingekerkert, scharf verhört (die Protokolle sind überliefert) und starb schließlich an den Folgen der Folterungen als Märtyrer für den Christusglauben. Zwanzig Jahre nach seinem Tod hat das dritte Konzil von Konstantinopel die Lehre des Bekenners dogmatisiert.

In der Ostkirche wird Maximus als "Bekenner" (Homologetes) und Heiliger verehrt; sein Gedenktag ist der 13. August. Im Westen hat man in Maximus lange Zeit nur einen Kompilator anderer Kirchenväter gesehen, seine eigentliche Leistung in der Dogmatik stand im Schatten von Johannes Damaszenus, dessen Christologie aber ganz auf der des Bekenners aufbaut.

Balthasar zählt zu den wichtigsten Entdeckern seines Werks im 20. Jahrhundert und war, wie ein erst kürzlich veröffentlichtes Gutachten zeigt, auch ein Befürworter seiner Erhebung zum Kirchenlehrer in der römisch-katholischen Kirche.

Im Jahr 1977 bat der im römischen Exil lebende Großerzbischof von Lemberg, Josef Kardinal Slipyj (1892–1984), Balthasar um einen Artikel, mit dem er seinen eigenen Wunsch, Maximus zum Kirchenlehrer zu erheben, bei Papst Paul VI. Nachdruck verleihen konnte. Der Text, den der Schweizer Theologe daraufhin verfasste, erschien im selben Jahr in ukrainischer Sprache in der Zeitschrift "Bohoslovia", blieb aber ansonsten unbeachtet.

Vielleicht wäre heute, angesichts einer theologischen Annäherung von Ost und West trotz mancher politischer Spannungen, das Anliegen wieder neu aufzugreifen. In der Theologie der Gegenwart wirkt Maximus Confessor bereits als "Vermittler zwischen Ost und West" (Jean-Claude Larchet), eine große Zahl von Studien und konfessionsübergreifenden Symposien und Tagungsbänden bezeugen dies zur Genüge. Was fehlt, ist die Verankerung dieses heiligen Mönchs, der sowohl in seinen Werken als auch im Zeugnis seines Lebens das Gebet Jesu am Ölberg, sein "Ja, Vater", bis in die letzte Tiefe ausgelotet und übernommen hat, in der Frömmigkeit der westlichen Kirche, in ihrer Liturgie und in der gläubigen Verehrung der Katholiken.

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