Wind Of ChangeWie die Scorpions in den Christlichen Garten kamen

Ein grüner Zufluchtsort in Berlin öffnet sich zum Himmel hin – und erinnert an den „Wind der Veränderung."

PorträtThomas Brose
Thomas Brose, Religionsphilosoph© privat

I Follow the Moskva / Down to Gorky Park / Listening to the wind of change“ – so beginnt die Rockballade der Scorpions, die zur „Hymne der Wende“ wurde. Immer, wenn ich im Christlichen Garten in Berlin stehe und diese Worte dort lese, kann ich ihn wieder auf meiner Haut spüren: den „Wind der Veränderung“.

Derzeit erlebe ich aber, dass meine Kirche dabei ist, sich aus Projekten zu verabschieden, die gesellschaftliche Relevanz haben. Der Satz: „Wir schaffen das nicht!“ macht mich traurig und wütend. Denn ich weiß aus DDR-Zeiten, was es bedeutet, als Christ draußen vor der Tür zu stehen und wie schwer es ist, gesellschaftsfähig zu sein. Darum musste ich nicht lange überlegen, als ich gefragt wurde: Möchtest Du an einem Christlichen Garten in der Trabantenstadt Berlin-Marzahn „mitbauen“?

Dass diese Wortarchitektur – ein offener, aus golden glänzenden Aluminium-Buchstaben bestehender „Kreuzgang“ aus Zitaten, Liedern und Gedichten, der einen grünen Zufluchtsort umschließt – im Stadtbezirk Lichtenberg in den „Gärten der Welt“ realisiert wurde, ist für mich wie ein Wunder. Denn hier sind 95 Prozent der über 300.000 Einwohnerinnen und Einwohner Gewohnheitsatheisten.

„Marzahner Christianisierung“ lautete denn auch nach Bekanntwerden der Idee (2010) eine Überschrift in der „Berliner Zeitung“. Als „Theologischer Berater“, dessen Telefonnummer unübersehbar neben dem Bauzaun zu finden war, klingelte damals oft mein Telefon: „Werden wir jetzt alle christianisiert?“, „Die Bibel – das ist doch ein Märchenbuch!“… Ich denke: Ein Glaubensgarten ohne Bezug zu seiner säkularen Umwelt mit Brüchen und Aufbrüchen funktioniert einfach nicht! Genau darum war der Songtext der Scorpions – Wind Of Change – für mich gesetzt.

Dass der Christliche Garten in Berlin sich zum Himmel hin öffnet, lässt sich auch an einem Text von Reiner Kunze ablesen: „Einer – an gott zu glauben war ihm nicht / gegeben – steht / vor gott, / und gott, gewichtend / tat und leben, / spricht: / Ich bin mit dir zufrieden.“

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