Adoratio: Das lateinische Wort für „Anbetung“ stand als Motto über dem Kongress, der in den vergangenen Tagen wieder einmal in Altötting stattgefunden hat. Nach Medienangaben waren es rund 1.800 Teilnehmer, die den Weg in das bayerische Marienheiligtum gefunden hatten. Im Zentrum des Kongresses, der vom Bistum Passau verantwortet wird, standen auch in diesem Jahr Gebet und Anbetung. Dazu kamen Vorträge, Workshops und andere inhaltliche Impulse. Letztere wurden von Stefan Oster, dem Ortsbischof, und dem Augsburger Weihbischof Florian Wörner gestaltet, außerdem war Sophia Kuby zu einem Vortrag eingeladen.
Schon das Programm der Veranstaltung legt großen Wert auf Frömmigkeit. Neben der täglichen Eucharistiefeier standen ein „Abend der Barmherzigkeit“ sowie Teile der Tagzeitenliturgie auf dem Programm. Und auch inhaltlich ging es entschieden fromm zu: Bischof Oster betonte nachdrücklich die Bedeutung der Anbetung. Stephanie Stampfer vom YOU!-Magazin merkte an: „Wir dürfen unverschämt zu Jesus stehen.“ Denn nur Jesus sei die Antwort auf die Sinnfrage, wie „Focus-Missionar“ Jimmy Harrison ergänzte.
Schon an diesen wenigen Beispielen wird deutlich, dass der Adoratio-Kongress vor allem einem bestimmten Spektrum im Katholizismus ein Forum bietet. Kritische Themen oder Zukunftsperspektiven der Kirche werden an solchen Orten nicht diskutiert. Sie werden bestenfalls in frommer Soße ertränkt, frei nach dem Motto: Jesus und Beten allein genügen. Die Auseinandersetzung mit der „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen“, die das Zweite Vatikanische Konzil der Kirche so nachdrücklich ans Herz gelegt hat, kann getrost weggebetet werden.
Zusammen mit der Mehr-Konferenz in Augsburg ist der Adoratio-Kongress eines jener Events, das vor allem junge Menschen aus einem sich dezidiert als katholisch verstehenden Milieus anziehen möchte. Und dass es regelmäßig gelingt, zeigen die steigenden Teilnehmerzahlen. Liberalere Formate gibt es in dieser Größenordnung bisher nicht. Das ist nicht gut. Denn damit überlässt man die Federführung den eher konservativen Kreisen, während das liberalere Spektrum zunehmend zu verstummen droht. Dabei wäre es so wichtig, dass die Kirche weiterhin lernt, sich nicht nur mit sich selbst, sondern sich auch mit der Welt wie der Gegenwart auseinanderzusetzen. Denn das war die große Entdeckung des Zweiten Vatikanischen Konzils: Dass es eben keine strikte Trennung zwischen Natur und Übernatur mehr gibt. Sondern dass sich Gott inmitten dieser Welt offenbart und dass man ihn deshalb in den Menschen finden kann, in denen sich Christus inkarniert. Das ist ein anderer Zugang zum Glauben, der die Gegenwart Christi nicht nur in der konsekrierten Hostie sucht, sondern inmitten dieser Welt, die Christus durch seine Inkarnation geheiligt hat.