Winfried Haunerland: Wir verkünden nicht uns selbst. Theologische Zugänge zum Weiheamt und priesterlichen Leben, St. Ottilien: EOS Verlag 2023; 228 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-8306-8198-4
„Die Vollmacht, die dem Priester übertragen
ist, darf nicht zur Befriedigung persönlicher
Eitelkeiten oder Machtgelüste missbraucht
werden. Sie ist übertragen zum Dienst an
der Gemeinde und zum Heil des
Volkes Gottes. Je ernster wir dies
nehmen, um so mehr müssen wir
Priester demütig werden – nicht,
weil wir immer wieder viele
Erwartungen enttäuschen, sondern
weil wir immer in der Gefahr
sind, uns selbst wichtiger zu
nehmen als unseren Herrn und
somit unserer eigentlichen Berufung
Schaden zuzufügen“ (S. 55).
Angesichts seiner schweren Erkrankung
hatte Winfried Haunerland noch den
Wunsch, einen Band zur Theologie und Spiritualität
des Priesteramtes herauszugeben.
Kurz vor seinem Tod im Jahr 2023 war das
Werk fertiggestellt worden, sodass man es
als sein Vermächtnis verstehen kann. Der
Titel des Bandes aus 2 Kor 4,5 stand im Jahr
1982 über den Tagen seiner Weihe und Primiz
und ist somit programmatisch für das
Verständnis seines priesterlichen Dienstes.
Die Publikation ist im Zusammenhang mit
verschiedenen Artikeln zu sehen, in denen
Haunerland sich in den letzten Jahren im
Kontext des Synodalen Weges in Deutschland
auch zu aktuellen Fragen geäußert hat.
So trägt der letzte Beitrag dieses Bandes den
Titel: „‚… ob es das Priestertum überhaupt
braucht‘. Notwendige Auseinandersetzungen
anlässlich eines irritierenden Beschlusses
des Synodalen Weges“ (S. 203–224).
Der Liturgiewissenschaftler Haunerland
war zuerst in seinem Heimatbistum Essen,
schließlich in München als Rektor des Herzoglichen
Georgianums viele Jahre lang in
der Priesteraus- und -fortbildung tätig und
daher auch ein gefragter Festprediger bei
Primizfeiern und Priesterjubiläen. 19 seiner
bei diesen Anlässen – vorrangig
im Bistum Essen und in München
– gehaltenen Predigten sind
in dem Band enthalten, außerdem
vier Beiträge, die sich ausführlicher
mit Fragen zur Theologie
des priesterlichen Dienstes
beschäftigen. In den im Abstand
von 37 Jahren entstandenen Predigten
kommt Winfried Haunerlands
persönliche Spiritualität in
der Grundüberzeugung zum Ausdruck, dass
das Priestertum des Dienstes stets im Dienst
des gemeinsamen Priestertums des Volkes
Gottes steht.
Für Haunerland wird gerade in der Feier
der Eucharistie für den Priester selbst und
für die Gemeinde in dichtester Weise erfahrbar,
warum der Dienst des Priesters für die
Kirche unersetzlich ist: „Durch den Priester
wird konkret erfahrbar, dass die Kirche
nicht ohne Christus leben und handeln kann.
(…) Weil die Kirche von der Eucharistie lebt,
braucht sie den Dienst der Priester heute so
dringend wie zu allen Zeiten“ (S. 82).
Haunerlands
letzte Publikation ist ein ermutigender
Beitrag im aktuellen Diskurs zur Zukunft
des priesterlichen Dienstes.
Dr. Marius Linnenborn, DLI, Trier