Der Druck auf die "Abweichler" wächst.
Solange sich eine Gruppe von Bischöfen nicht beteiligt, hat die geplante Synodalkonferenz ein Legitimationsproblem. Das Gremium spricht dann nicht für die gesamte katholische Kirche in Deutschland. Und die Synodalkonferenz hat auch ein Finanzierungsproblem. Das Vorgängerformat "Synodaler Ausschuss" von Deutscher Bischofskonferenz (DBK) und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) musste über einen eigens gegründeten Trägerverein finanziert werden, weil die vier abtrünnigen Bischöfe sich im "Verband der Diözesen Deutschlands" nicht an den Kosten beteiligen wollten. Gut möglich, dass sie auch bei der Finanzierung der neuen Synodalkonferenz ihr Veto einlegen werden.
Die Aufrufe an die Bischöfe, ihren Widerstand aufzugeben, werden drängender. Beim Treffen des Synodalen Ausschusses vor zwei Wochen in Fulda sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, er hoffe, "dass am Ende auch alle mitwirken wollen und können". Dafür sei es sehr wichtig, "dass wir sagen können: Wir sind hier mit Rom verbunden. Es gibt keinen Konflikt."
Eine "indirekte Einladung"?
Auch COMMUNIO-Herausgeber und ZdK-Vizepräsident Thomas Söding äußerte an dieser Stelle die Hoffnung, dass die "abweichende Bischöfe" sich zukünftig "konstruktiv in die synodale Arbeit" einbringen mögen. Die jüngsten Äußerungen von Papst Leo XIV. über den deutschen Synodalen Weg sieht Söding als eine "indirekte Einladung an diejenigen, die bislang beiseite stehen, sich zu beteiligen".
Auf dem Rückflug aus dem Libanon hatte Papst Leo XIV. gesagt, er fürchte, "dass viele Katholiken in Deutschland glauben, dass bestimmte Aspekte des bisher in Deutschland durchgeführten Synodalen Weges nicht ihre Hoffnungen für die Kirche oder ihre Art, die Kirche zu leben, widerspiegeln". Darum brauche es in Deutschland "Dialog und Zuhören", damit "keine Stimme ausgeschlossen wird, damit die Stimme der Mächtigen nicht die Stimme derer übertönt, die vielleicht sogar sehr zahlreich sind, aber keinen Ort haben, an dem sie sprechen und gehört werden können. Damit ihre eigenen Stimmen und ihr Ausdruck der Teilhabe an der Kirche gehört werden."
Was die Gespräche zwischen deutschen Bischöfen und Vertretern der römischen Kurie über den deutschen Synodalen Weg betrifft, äußerte der Papst die Erwartung, "dass es auf beiden Seiten in Deutschland einige Anpassungen geben wird". Möglich also, dass über die soeben in Deutschland beschlossene Satzung für die neue Synodalkonferenz noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Das Regelwerk soll in Rom zur recognitio vorgelegt werden, braucht also ein OK vom Vatikan.
Der Papst hat jedenfalls den Eindruck gewonnen, dass "viele Katholiken" sich im Synodalen Weg nicht wiederfinden. Nun könnte man sagen: Selbst schuld: Bischöfe und auch eine Reihe von Laien haben den Synodalen Weg unter Protest verlassen – und sich damit selbst der Möglichkeit beraubt, dass dort ihre Stimme gehört wird. Jetzt ist es an der Zeit, zurückzukehren. Frei nach Herbert Wehner: Wer rausgeht muss auch wieder reinkommen.
Aufseiten der Kritiker scheint es keinerlei Vertrauen mehr in den Prozess zu geben.
Aber das scheint nicht so einfach zu sein. Wen man denjenigen, die "rausgegangen" sind, zuhört, kann man etwas über ihre Motive erfahren. Das größte Problem: Aufseiten der Kritiker scheint es keinerlei Vertrauen mehr in den Prozess zu geben. Sie beklagen vor allem Zweierlei: dass auf Vertreter von Minderheitenpositionen emotionaler und moralischer Druck ausgeübt worden sei – und dass zur Durchsetzung bestimmter Ergebnisse immer wieder mit Verfahrenstricks gearbeitet worden sei.
Außerparlamentarische Opposition
Im Moment ist das deutsche synodale Projekt maximal homogen. 100-Prozent-Mehrheiten sind an der Tagesordnung. Kritik kommt von außerhalb. Aufseiten der synodal Engagierten beruft man sich gerne auf Demokratie. Die Frage ist, an welchem Modell man sich orientiert: Versteht man Kirchengremien als eine Art Parlamente – oder eher als Parteitage?
Wenn man die Parteitagslogik durchbrechen wollte, dann müsste die tonangebende Fraktion freiwillig auf einen Teil ihrer strukturellen Dominanz verzichten.
Die Strukturen des deutschen Katholizismus stammen in ihren Grundzügen aus dem 19. Jahrhundert. Es sind die Strukturen einer als ideologisch homogen gedachten Gemeinschaft. So funktionieren sie immer noch, nur eben unter "progressiven" Vorzeichen. Heute ist der Katholizismus aber polarisiert, wobei eine Partei die vorhandenen Strukturen dominiert.
Wenn man die Parteitagslogik durchbrechen wollte, wenn man alle Strömungen wirklich ins Gespräch und ins unvoreingenommene, gegenseitige Zuhören bringen wollte, wie Papst Franziskus sich das vorgestellt hat – dann müsste die tonangebende Fraktion freiwillig auf einen Teil ihrer strukturellen Dominanz verzichten. Ob sie das will?