Gott wirkt auch durch InstitutionenDarum brauchen wir die Synodalkonferenz

COMMUNIO-Mitherausgeber Thomas Söding meint: Die Signale des Synodalen Weges stehen auf Grün. Die Äußerungen des Papstes sind eine Einladung, sich zu beteiligen.

Thomas Söding
© ZdK/Peter Bongard

Am Vormittag des 22. November 2025 war es in Fulda so weit: Nachdem über Nacht die letzten Klärungen zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit weiteren Mitgliedern des Ausschusses erfolgt waren, wurde das Statut der Synodalkonferenz zur Abstimmung gestellt: Alle anwesenden Mitglieder stimmten mit Ja. Kein Nein, keine Enthaltung. Schon eine Woche später, am 29. November, konnte das ZdK bei seiner turnusmäßigen Herbst-Vollversammlung in Berlin als erste der beiden Trägerorganisation das Statut zur Abstimmung stellen. Im proppenvollen Saal an der Friedrichstraße gab es eine ernsthafte, nachdenkliche, differenzierte Debatte mit einem eindeutigen Ergebnis: Volle Zustimmung – eine einzige Enthaltung, sonst erhoben sich alle Mitglieder zu einem entschiedenen Ja.

Ist damit alles gut? Das doppelte Ja ist ein Meilenstein. Aber der Weg war lang – und er geht weiter. In Fulda war der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz am Zug, also die Gruppe der Diözesanbischöfe. Die drei Bischöfe, die von Anfang an erklärten, am Synodalen Ausschuss nicht teilnehmen zu wollen, fehlten: Kardinal Rainer Maria Woelki, Rudolf Voderholzer und Stefan Oster. Der Administrator aus Eichstätt, Alfred Rottler, schloss sich an – aus Respekt vor dem Dissens des zurückgetretenen Bischofs Gregor Maria Hanke. Die betroffenen Diözesen waren aber nicht verwaist, weil Vertretungen der Räte als Gäste teilnahmen, mit Rede-, wenngleich ohne Stimmrecht.

Es wäre eine böse Überraschung, wenn in der Bischofskonferenz die nötige Zweidrittelmehrheit nicht zustande käme. Bei einer Zustimmung wäre es für die abweichenden Bischöfe an der Zeit, ihren Widerstand aufzugeben und sich konstruktiv in die synodale Arbeit einzubringen.

Die Bischofskonferenz wird auf ihrer Frühjahrsvollversammlung vom 23. bis 26. Februar 2026 in Würzburg das Statut der Synodalkonferenz beraten – mit allen Weihbischöfen: die keinen festen Sitz haben werden, aber für die freien Plätze kandidieren können, die es neben denen für den Ständigen Rat und das ZdK geben wird. Es wäre eine böse Überraschung, wenn die nötige Zweidrittelmehrheit nicht zustande käme. Bei einer Zustimmung wäre es für die abweichenden Bischöfe an der Zeit, ihren Widerstand aufzugeben und sich konstruktiv in die synodale Arbeit einzubringen.

"Rom" und der deutsche Synodale Weg

Das Verhältnis zu "Rom" war zu Beginn des Synodalen Weges nicht unbelastet. Immer wieder wurde aus dem Vatikan die Besorgnis laut, die Autorität des Bischofsamtes und der Bischofskonferenz könnte Schaden nehmen, weil Bischöfe von einem synodalen Ober-Rat weisungsabhängig würden; in ihrer Leitungskompetenz dürften sie aber weder beschnitten werden noch sich selbst beschneiden. Zwar haben die Verantwortlichen für den Synodalen Weg in Deutschland immer erklärt: Performative Synodalität, die auf gemeinsame Beratungen und gemeinsame Entscheidungen zielt, schwächt das Bischofsamt nicht, sondern stärkt es, weil es aus einer ekklesiologischen Einsamkeit an der Spitze der Hierarchie befreit wird; es gewinnt an Statur und Gewicht, weil es nicht nur in die Kollegialität der Bischöfe mit dem Papst, sondern auch in das Kirchenvolk eingebunden wird, das mit seinem Glaubenssinn einen Ort findet.

Es wird stärker als in der ersten Phase der Frankfurter Synodalversammlungen der Prozesscharakter synodaler Entscheidungen betont.

Dennoch hat eine Kategorie wie die "Selbstbindung" der Bischöfe an die synodalen Verfahren und Beschlüsse die Rückfrage provoziert, ob nicht doch andere das Zepter übernehmen wollten – und das Reklamieren einer episkopalen "Letztkompetenz" hat den Verdacht genährt, dass Synodalität doch nur Fassade sein soll. An beiden Stellen hat sich beim Synodalen Ausschuss, der in zwei Jahren ziemlich geräuschlos und fleißig gearbeitet hat, etwas getan. Es bleibt bei der biblisch tief begründeten Einsicht: In der Kirche wird alles geteilt – auch die Gebete und Gedanken zur Zukunft der Kirche, auch die Verantwortung, die Kirche zu leiten.

Es wird aber stärker als in der ersten Phase der Frankfurter Synodalversammlungen der Prozesscharakter synodaler Entscheidungen betont: Synodalen Entscheidungen müssen Beratungen vorangehen – Beratungen müssen zu Beschlüssen führen – Beschlüsse müssen von den Verantwortlichen umgesetzt werden – Über die Umsetzung von Beschlüssen muss Rechenschaft abgelegt werden – Aus der Rechenschaftslegung erwachsen neue Beratungen, die zu neuen Beschlüssen führen. Niemals gibt es einen imperativen Automatismus, immer die Unterscheidung der Geister und die Suche nach einem Konsens. Wesentlich ist nicht nur die einzelne Entscheidung zu einem bestimmten Punkt, sondern der gesamte Prozess der synodalen Unterscheidungen, die zu Entscheidungen führen und sowohl die Gemeinschaft als auch die Mission der Kirche stärken.

Leitungsverantwortung heißt: Prozesse ermöglichen

Die bischöfliche Leitungsverantwortung besteht darin, diesen Prozess zu ermöglichen und zu fördern; die Verantwortung der anderen Gläubigen besteht darin, sich qualifiziert einzubringen. Synodalität als Prozess zu denken, erlaubt es, die Gleichheit der Würde und des Rechtes, beteiligt zu werden, mit den Unterschieden der Berufung und Verantwortung abzugleichen.

Diese Klärungen haben die einstimmigen Ergebnisse in Fulda und Berlin ermöglicht. Sie haben auch das Verhältnis zur Kurie verbessert. Die regelmäßigen Kontakte von vier Bischöfen mit Rom, Georg Bätzing, Bertram Meier, Stephan Ackermann und nicht zuletzt Franz-Josef Overbeck haben Früchte getragen; zum Schluss ist auch Stefan Oster einbezogen worden. Im Vatikan spielt Erzbischof Filippo Iannone eine Schlüsselrolle, zuerst Chef des Dikasteriums für die Gesetzestexte, dann für die Bischöfe. Am 18. Februar 2025 hatte sich das ZdK-Präsidium intensiv mit dem damaligen Leiter des Bischofsdikasteriums ausgetauscht, Robert Francis Prevost: ein bemerkenswert konstruktives Gespräch sowohl über den Zusammenhang von kirchlicher Erneuerung und politischer Präsenz als auch über das Verständnis von "systemisch" in der Analyse der Missbrauchs und in seiner Bekämpfung.

Jetzt, nachdem er zum Papst gewählt worden ist, besteht die begründete Aussicht auf eine römische "recognitio": eine offizielle Anerkennung, die regelmäßig zuerst "ad experimentum", also probeweise, erteilt wird. Diese Offenheit sollte im Interesse aller synodal Engagierten sein – die ihrerseits wissen, dass die Satzung durch eine Überprüfung im Lichte der Praxis zwar nicht verwässert, aber gerne ertüchtigt werden darf.

Das Mandat der Synodalkonferenz ist entscheidend: Es ist ein politisches, ein pastorales und ein finanzielles Mandat. 

Ursprünglich sollte das Organ auf der Bundesebene "Synodaler Rat" heißen. Dann aber zeigte sich, dass der Begriff für Rom zu stark mit den Vorbehalten verbunden war, die zu Appellen aus Deutschland geführt hatten, das ganze Projekt zu stoppen, und zu den verschiedenen Warnhinweisen aus der Kurie, den synodalen Bogen nicht zu überspannen. Der neue Begriff "Synodalkonferenz" zeigt, dass nach der "Gemeinsamen Konferenz", einem Beratungsorgan, das nach der Würzburger Synode eingerichtet worden war, ein doppelter Schritt nach vorn gegangen wird: vom Beraten zum Beschließen und vom Duo DBK/ZdK zu einer Öffnung für weitere Mitglieder, z. B. für die Deutsche Ordenskonferenz und den Betroffenenbeirat.

Das Mandat der Synodalkonferenz ist entscheidend: Es ist ein politisches, ein pastorales und ein finanzielles Mandat. Alles drei gehört zusammen. Alles steht unter dem Vorzeichen, kluge und kreative Formen der "Evangelisierung" zu bilden und mit Leben zu füllen, der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat: in den Häusern des Glaubens, in der Öffentlichkeit, in den Herzen der Menschen – was zu Recht von der Kirche erwartet werden darf.

Weder die Bischofskonferenz noch das ZdK werden es sich nehmen lassen, in eigener Verantwortung politische Entwicklungen zu kommentieren und anzustoßen. Aber mit der Synodalkonferenz gibt es jetzt ein strategisches Instrument, klug Themen zu setzen, die durch die gemeinsame Stimme der katholischen Kirche in Deutschland gewichtet werden. Das Spektrum der möglichen Themen ist weit: von der Stärkung der Demokratie bis zur Sicherung der Freiheit, von der Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts bis zur globalen Verantwortung, von der Generationengerechtigkeit bis zum qualitativen Wachstum der Wirtschaft und von der Religionsfreiheit bis zur ethischen Verantwortung der Politik.

Bei den pastoralen Themen gab es in der Vergangenheit zu oft die Konstellation, dass die "Laien" nur gefordert und kritisiert haben, während nur die Bischöfe beraten, entschieden und gemacht haben. Jetzt besteht erstmals seit der Würzburger Synode, die inzwischen schon ein halbes Jahrhundert her ist, die Chance, gemeinsame Konzepte zu entwickeln, die breit verankert sind und deshalb starke Resonanzen auslösen können: über die Sprache des Glaubens und die Vermittlung des Evangeliums, über die besten Rollen derer, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind, und über die Aktivierung der Freiwilligen, die kompetent sein wollen, nicht zuletzt über die Wechselwirkungen zwischen Solidarität und Spiritualität, Armutsbekämpfung und Bildung, Klimakrise und Schöpfungsbejahung.

Es braucht eine Reform des "Verbands der Diözesen Deutschlands"

Bei den Finanzen haben zwar in Deutschland die Kirchenvorstände, die Kirchensteuer- und die Vermögensverwaltungsräte sehr viel größere Mitwirkungsrechte als in anderen Ländern. Ausgerechnet auf der Bundesebene ist es aber anders. Die entscheidende Größe ist der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Er ist weit mehr als ein Finanzorgan. Aber er ist auch für die Verwendung der Gelder auf überdiözesaner Ebene verantwortlich, vom Ausgleich zwischen armen und reichen Bistümern über die Förderung des "Laienapostolates" bis zur Ausstattung der weltkirchlichen Hilfswerke. Die Vorklärungen trifft der "Verbandsrat", von dessen sechzehn Mitgliedern zwei, abgesandt vom ZdK, das Volk der Kirchensteuerzahler vertreten. Die Haushaltsentscheidung trifft allein die Vollversammlung des VDD, identisch mit dem Ständigen Rat der Bischofskonferenz. Einstimmigkeit ist gefordert – eine einzige Nein-Stimme bringt alles zum Einsturz. Ausgerechnet beim Thema Synodalität war der VDD blockiert.

Die strategischen Schwerpunktsetzungen trifft die Synodalkonferenz; der VDD muss sich an ihnen orientieren.

Dass eine Reform dringend ist, war in Fulda auch den Bischöfen klar; ein Entschließungsantrag, gleichfalls einstimmig angenommen, hält es fest. Wie die notwendige Reform genau aussieht, muss in der Synodalkonferenz geklärt werden: ein spannender Prozess. Schon jetzt ist klar: Die strategischen Schwerpunktsetzungen trifft die Synodalkonferenz; der VDD muss sich an ihnen orientieren.

Die wichtigsten Zukunftsfragen lauten: Wozu soll die Synodalkonferenz gut sein? Was kann sie bewegen? Der Synodale Weg in Deutschland ist unter dem katastrophalen Eindruck entstanden, welche Dimensionen der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche hat. Die juristische Aufarbeitung ist das eine, die Bekämpfung der systemischen Ursachen und Verstärkungsfaktoren das andere. Mehr Partizipation und Transparenz, mehr Rechenschaft und Kontrolle, mehr Resilienz und Prävention führen nicht schlagartig zu einer Verbesserung, aber auf die Dauer schon.

Schluss mit der Konkurrenz zwischen Klerus und Laien

Ein starker Faktor kommt hinzu: Die Kompetenz, glaubwürdig die Stimme des Glaubens zu erheben, ist nicht auf die Weihe beschränkt – und auch dort nicht in einem magischen Automatismus der Sakralität gegeben. Der Weihe bedarf es, weil die Funktion von der Inspiration gedeckt sein muss, das persönliche Charisma von der Anerkennung durch die Glaubensgemeinschaft und die aktuelle Wirkung von der lebendigen Tradition, für die Handauflegung und Gebet sichtbare Zeichen mit der unsichtbaren Wirkung sind, dass Gott auf menschliche Weise nicht nur durch Personen, sondern auch durch Institutionen wirkt.

Sind diejenigen, die etwas zu sagen haben, an der Stelle, wo sie etwas zu sagen haben? Können diejenigen, die zum inneren und äußeren Wachstum der Kirche beitragen, ihrerseits wachsen – geistlich und in ihrer kirchlichen Aufgabe?

Aber die Reibungsverluste, die entstehen, weil andere pastorale Dienste um ihre theologische Reputation kämpfen und zu oft als Konkurrenz der Kleriker eingeschätzt werden, sind enorm – und unnötig, wenn synodale Teilhabestrukturen mit Leben gefüllt werden: Sind diejenigen, die etwas zu sagen haben, an der Stelle, wo sie etwas zu sagen haben? Können diejenigen, die zum inneren und äußeren Wachstum der Kirche beitragen, ihrerseits wachsen – geistlich und in ihrer kirchlichen Aufgabe? Gibt es Orte, an denen der Glaubenssinn des Gottesvolkes zur Sprache kommt?
Keine Antwort ist einfach, jede ist wichtig. Keine Frage kann besser beantwortet werden, wenn die Synodalität, wie sie in Deutschland Konturen annimmt und weltkirchlich starke Resonanzen auslöst, geschwächt wird. Ob die Synodalkonferenz eine gute Arbeit macht, wird sich daran zeigen, dass die besten Antworten beraten und beschlossen werden, umgesetzt und weiter auf den Prüfstand gestellt werden.

Der Papst äußert sich differenziert und konstruktiv

Auf dem Rückflug von seinem Besuch in Nizäa und im Libanon hat Leo XIV. am 2. Dezember 2025 auf die Frage einer ARD-Journalistin ausführlich zum Synodalen Weg in Deutschland Stellung bezogen: differenziert und konstruktiv. Es müsse und werde verschiedene Ausformungen von Synodalität in der Weltkirche geben. Es brauche "Respekt vor der Inkulturation", auch in Deutschland. Es brauche aber in Deutschland den weiten Blick für andere Formen, Synodalität auszuprägen, und ein offenes Ohr für diejenigen, die sich bislang nicht angemessen gehört fühlen. "Daher ist weiterer Dialog und Zuhören innerhalb Deutschlands selbst notwendig." Das ist eine indirekte Unterstützung, die Synodalkonferenz im Austausch mit Rom weiterzuentwickeln – und eine indirekte Einladung an diejenigen, die bislang beiseite stehen, sich zu beteiligen.

 
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