Kirche zwischen den ZeitenHier soll der heilige Benedikt in Rom gelebt haben

San Benedetto in Piscinula: Unweit der Tiberinsel erinnert eine uralte, kleine Kirche an den heiligen Ordensvater Benedikt von Nursia.

Fassade und Glockenturm von San Benedetto in Piscinula in Rom
Fassade und Glockenturm von San Benedetto in Piscinula in Rom© Nicholas Hartmann, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Benediktinische Leben tummelt sich in Rom vor allem am Aventin. Mit der Verbindung von Päpstlicher Hochschule, dem Benediktinerkolleg für Lehrende und Studierende sowie mit dem Sitz des Abtprimas, dem Leiter und Repräsentanten der Benediktinischen Konföderation, stellt Sant'Anselmo den zentralen Konzentrationspunkt der Benediktiner in Rom dar.

Doch ist der ganze Komplex noch nicht besonders alt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Benediktiner von Papst Leo XIII. mit der Errichtung der Kombination von Studienort und klösterlicher Wohnstruktur auf dem Aventin beauftragt. Die Einweihung der Kirche erfolgte im Jahr 1900, seit 1933 darf sich die Hochschule als "päpstliche" Einrichtung bezeichnen.

Tatsächlich aber geht die benediktinische Geschichte auf dem römischen Hügel jener von Sant'Anselmo weit voraus. So waren die Benediktiner bereits präsent, als zwischen 936 und 942 der heilige Abt Odo von Cluny Rom besuchte und auf dem Aventin ein Kloster im Haus Alberichs II. von Spoleto gründete. Später, im Jahr 1566, wurde dieses Kloster Sitz des Priorats des Hospitaliter- und Ritterordens der Malteser.

Wer jedoch in der Ewigen Stadt Spuren nach dem Heiligen Benedikt (480–547) selbst sucht, ist auf dem Aventin falsch. Dafür ist es notwendig, vom Hügel herabzusteigen und auf die andere Tiberseite zu wechseln. Dort, in Trastevere, wird der Spurensucher fündig – in einem kleinen, unscheinbaren Kirchlein unweit der Brücke zur Tiberinsel.

San Benedetto in Piscinula wurde im 11. Jahrhundert auf der gleichnamigen Piazza in Piscinula erbaut. Und zwar auf den Ruinen des antiken Hauses domus Aniciorum, das der Familie des Benedikt von Nursia gehört und in dem der Heilige während seines Studienaufenthalts in Rom rund um das Jahr 495 auch gelebt haben soll. Der Name führt sich zurück auf die Überreste eines öffentlichen Badehauses, dessen Ruinen noch bis ins 18. Jahrhundert nah der Kirche zu finden waren.

Der Kirchenraum selbst gestaltet sich als bunter Mischmasch von Gebäudeteilen und Kunstwerken aus über tausend Jahren. Ein wunderschöner Kosmatenboden und die immer wieder an den Mauern teilweise sichtbar werdenden mittelalterlichen Fresken werden schrill übertönt von kitschigen Heiligen- und besonders Marienfiguren an diversen Seitenaltären, daneben Schaukästen mit zum Erwerb stehenden Devotionalien.

Darstellungen des heiligen Benedikt und der Muttergottes in der Apsis von San Benedetto in Piscinula in Rom
Darstellungen des heiligen Benedikt und der Muttergottes in der Apsis von San Benedetto in Piscinula in Rom © Isabella Bruckner

Die Apsis schmückt ein Bild des Ordensvaters, eindrucksvoll thronend, mit Abtsstab in der einen und der aufgeschlagenen Regel seines Ordens in der anderen Hand. Darüber ein Fresko der Madonna mit Jesuskind, das laut Beschreibung aus dem 13. Jahrhundert stammen soll. Noch älter ist der Glockenturm (der kleinste Glockenturm Roms!) inklusive der Glocke selbst, die beide auf das 11. Jahrhundert zurückgehen.

Der Kirche haftet etwas Anachronistisches an. Nicht, weil sie nicht zeitgemäß wäre. Sondern weil sie zwischen den Zeiten steht bzw. auf kleiner Fläche ganz unterschiedlichen Zeiten Raum bietet.

Das eigentlich Interessante befindet sich jedoch links vom Eingang: die kleine Seitenkapelle (Cappella della Madonna), in dem, so die Tradition, der Ordensvater der Benediktiner täglich gebetet haben soll. Und rechts vom Altar der Madonna ist es möglich, einen Blick in die als "Zelle des Heiligen Benedikt" verehrte Kammer zu werfen – das Schlafzimmer des Heiligen, in welchem einige der Ziegelsteine angeblich sogar noch bis in die Zeit Benedikts datieren.

Der Kirche haftet etwas Anachronistisches an. Nicht, weil sie nicht zeitgemäß wäre. Sondern weil sie zwischen den Zeiten steht bzw. auf kleiner Fläche ganz unterschiedlichen Zeiten Raum bietet. Die diversen architektonischen und künstlerischen Elemente, die legendarischen Relikte und der fromme Gegenwartskitsch brechen einander ästhetisch immer wieder auf und verhindern, dass ein einheitlich-glattes, nur einer Zeit angehöriges Bild entsteht. Vielleicht eine Perspektive auf Klöster und Kirche generell.

Vgl. Pius Engelbert: Sant'Anselmo in Rom – Kolleg und Hochschule. Von den Anfängen (1888) bis zur Gegenwart, St. Ottilien 2012.

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