Feuer in der DunkelheitDer katholische Musiker Matt Maher macht geistliche Trockenheit zum Thema

Christliche Musik geht häufig mit zwei Assoziationen einher: Freikirchen und pure Begeisterung. Matt Maher passt nicht in dieses Schema. Er ist Katholik und traut sich auch an schwierige Themen. In seinem Lied 'Firelight' besingt er die Trockenheitserfahrungen von Mutter Teresa. Damit gibt er all jenen eine Stimme, die in ihrem Leben nichts von Gott spüren.

Feuer
© Unsplash

Am Anfang des Songs passiert nicht viel. Genau das war es, was mich sofort in seinen Bann gezogen hat. Es erklingt ein aus wenigen Tönen bestehendes, sich wiederholendes Gitarrenmotiv, das durch seine Einfachheit die einsetzende klare Gesangsstimme umso mehr wirken lässt: "Dear Jesus, where are you tonight? I bear a sadness deep inside". Die Frage, wo Jesus sei, und das Eingeständnis tiefer Traurigkeit klingen ungeschönt, ehrlich und verletzlich. Wow, was für ein Lied, dachte ich, als ich das erste Mal auf "Firelight" von Matt Maher gestoßen bin. Umso erstaunter war ich, als ich herausfand, dass der Interpret Katholik ist und dass sich der Inhalt auf wahre Begebenheiten stützt.

Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen von Mutter Teresa, deren Gedenktag Anfang des Monats das erste Mal weltweit begangen wurde. Sie ist bekannt als radikale Heilige, ihr Name ist zum geflügelten Wort geworden, um jemanden zu bezeichnen, der sich hingebungsvoll um andere kümmert. Bevor sie ihren eigenen Orden der "Missionarinnen der Nächstenliebe" gründete, war sie zwanzig Jahre lang Loretoschwester in Indien. Auf einer Fahrt durch Kalkutta machte sie eine mystische Erfahrung, in der Christus sie bittet, ihr Licht zu sein. Sie verspürte den Drang, Christus zu den Ärmsten der Armen in die Slums zu bringen.

Brüchige Gewissheit

Für so eine radikale Lebensweise, Entbehrungen und Anfeindungen braucht es besonders die Gewissheit der Nähe Gottes. Genau diese scheint ihr nach und nach brüchig geworden zu sein. "Glauben Sie nicht, dass mein spirituelles Leben auf Rosen gebettet ist. Diese Blume entdecke ich so gut wie gar nicht auf meinem Weg. Ganz im Gegenteil, ich habe öfters als meine Gefährtin ‚Dunkelheit‘", schreibt Mutter Teresa in dem Buch "Komm, sei mein Licht". Darin hat Brian Kolodiejchuk, der Postulator des Heiligsprechungsprozesses, nach ihrem Tod Briefe und Notizen der Ordensfrau veröffentlicht.

Der kanadische Sänger Matt Maher hat die darin dokumentierte unbekannte Seite Mutter Teresas als Anlass für sein Lied genommen. Ungewöhnlich für einen Katholiken spielt er in der von freikirchlichen Vertretern dominierten obersten Liga christlicher Musik mit und wurde neunmal für einen Grammy nominiert. Auf Instagram dokumentiert ein Video einen aktuellen Gänsehautmoment seiner Karriere. Bei seinem Auftritt anlässlich des Jubiläums der Jugend in Rom diesen Sommer singen Tausende eines seiner bekanntesten Lieder zusammen mit ihm, "Lord, I need you".

"Firelight" ist dagegen kein begeistertes Worshiplied. Im Refrain lässt Maher das von Mutter Teresa inspirierte lyrische Ich flehen: "Be my firelight, be my firelight, burning fierce and bright, be my firelight".

Jesus soll in der erfahrenen Dunkelheit ihr kraftvoll brennender Feuerschein sein, also genau das, was sie in ihrer mystischen Erfahrung von Jesus aufgetragen bekommen hat.

Nach wenigen Takten wird die Gitarre durch einen stampfenden Trommelschlag unterstützt. Dadurch bekommt das Lied etwas Trotziges. Das wirkt wie: Auch wenn ich gerade nichts von Dir spüre, Gott, fordere ich im regelmäßigen Rhythmus der Trommel von Dir ein, dass Du da bist. In der scheinbaren Gottesferne wird die Beziehung aufrechterhalten, das "Du" Gottes immer noch angesprochen. In dem Nicht-Lockerlassen scheint die Überzeugung auf, dass auch Gott niemals lockerlassen wird.

Besonders groß ist die Herausforderung für Menschen, deren ganzes Leben auf dem Glauben aufbaut und die ihn in Wort und Tat leben. Wie können sie Feuer für andere sein, wenn sie selbst keine Wärme und kein Licht spüren?

Zahlreiche Beispiele aus der spirituellen Tradition und aktuelle empirische Studien zeigen, wie verbreitet geistliche Trockenheit ist. Betroffene Menschen haben das subjektive Gefühl, dass Gott weit entfernt ist. Das Phänomen kann punktuell, aber auch langanhaltend auftreten. Nicht selten erleben ausgerechnet Menschen mit einer intensiven Gottesbeziehung Phasen der Dunkelheit und Trostlosigkeit, die sich zum Teil auch psychosomatisch bemerkbar machen. Ähnlich wie das Eingeständnis einer Depression hat es jedoch noch immer etwas Tabuisiertes, darüber zu sprechen. Besonders groß ist die Herausforderung für Menschen, deren ganzes Leben auf dem Glauben aufbaut und die ihn in Wort und Tat leben. Wie können sie Feuer für andere sein, wenn sie selbst keine Wärme und kein Licht spüren?

Durch seine eindrückliche künstlerische Umsetzung hat Matt Maher das Thema "popularisiert", es nicht nur zu Popmusik gemacht, sondern zu dessen Verbreitung und Verständnis beigetragen – auf eine Weise, die berührt und inspiriert. Das Lied gibt all jenen eine Stimme, die – manchmal ganz plötzlich, manchmal aufgrund von schlimmen Erfahrungen – Schwierigkeiten haben, Gott in ihrem Leben zu spüren.

Der Song mündet in den Wunsch, weiter zu brennen, auch wenn das innere Feuer nur noch flackert oder erloschen ist:

"If anyone remembers my name, if I'm ever known for anything, let it be I ran into the night, running with a firelight, firelight."
"Wenn sich jemand an meinen Namen erinnert, wenn ich jemals für etwas bekannt werden sollte, dann dafür, dass ich in die Nacht gerannt bin, mit einem Feuerschein, einem Feuerschein."
Hefte

COMMUNIO im Abo

COMMUNIO will die orientierende Kraft des Glaubens aus den Quellen von Schrift und Tradition für die Gegenwart erschließen sowie die Vielfalt, Schönheit und Tiefe christlichen Denkens und Fühlens zum Leuchten bringen.

Zum Kennenlernen: 1 Ausgabe gratis

Jetzt gratis testen