HimmelfahrtskommandoDass vier Bischöfe beim künftigen deutschen Synodalgremium nicht mitmachen, wundert mich nicht

Vier Bischöfe wehren sich gegen eine Vereinnahmung im "Synodalen Ausschuss", der sie nie zugestimmt haben. Erstmals kritisieren auch Laienvertreter ihre Ortsbischöfe und werfen ihnen vor, nur Bedenken zu äußern, statt sich selbst konstruktiv einzubringen. Doch dass die vier nach ihren Erfahrungen beim Synodalen Weg das Vertrauen auf einen geschützten Rahmen mit echtem Zuhören verloren haben – das überrascht nicht. Ein Kommentar.

Alina Oehler
© Carsten Schütz

Dass Kardinal Rainer Maria Woelki aus Köln sowie die Bischöfe Stefan Oster aus Passau, Rudolf Voderholzer aus Regensburg und Gregor Maria Hanke aus Eichstätt sich wieder einmal gegen den "Synodalen Ausschuss" stellen, bringt ihnen gerade viel Kritik ein. Ich kann sie verstehen. Worum geht es?

Die katholische Kirche ist mit 1,4 Milliarden Mitgliedern die größte Religionsgemeinschaft der Welt. An ihrer Spitze steht der Papst in Rom. Entscheidungen für die Diözesen treffen die Bischöfe, die als Nachfolger der Apostel gelten. Entscheidungen, die alle Katholiken betreffen, trifft der Papst. Papst und Bischöfe sollen dafür sorgen, dass zentrale Inhalte des Glaubens unverfälscht weitergegeben werden. Dieses Prinzip gilt als einer der Erfolgsfaktoren der 2000 Jahre alten Institution, auf die sich ihre enorme Stabilität stützt. Heute sorgt es auch dafür, dass die Kirche überall in der Welt unabhängig von Versuchen staatlicher Einflussnahme bleibt.

Warnungen wurden zu Ermutigungen umgedeutet

Wenn man in der Kirche wichtige Dinge ändern will, geht das nicht ohne die Zentrale in Rom. Und die hat immer die ganze Weltkirche im Blick. Trotzdem haben die deutschen Bischöfe zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), in dem Vertreter von Laienräten und katholischen Verbänden sitzen, einen Reformprozess gestartet, in dem Themen diskutiert wurden, die sich von Deutschland aus nicht ändern lassen: Demokratisierung, Zölibat, Ämter für Frauen, Sexualmoral. Die Begründung dafür war der Missbrauchsskandal, der aus Sicht der Verantwortlichen mit all diesen Themen zusammenhängt. Seitdem wurde diskutiert, Reformforderungen wurden nach vielen Sitzungen in Dokumente gegossen. Die Frage, wie die katholische Kirche in Deutschland, die konstant an Mitgliedern verliert, aus eigener Kraft wieder auf die Erfolgsspur kommen kann, blieb jedoch außen vor.

Auch ein gewisser Kardinal Robert Francis Prevost, der neue Papst Leo XIV., hatte Anfang 2024 einen Brief aus der Kurie unterschrieben, der sehr deutlich machte, dass die deutschen Sonderwege so nicht gewollt sind.

Die römische Zentrale reagierte mit Abmahnungen, Vetos, Stoppschildern. Das Kunststück der Adressaten in Deutschland: All diese Warnungen wurden zu Ermutigungen umgedeutet. Auch ein gewisser Kardinal Robert Francis Prevost, der neue Papst Leo XIV., hatte Anfang 2024 einen Brief aus der Kurie unterschrieben, der sehr deutlich machte, dass die deutschen Sonderwege so nicht gewollt sind.

Trotzdem ging es weiter. Aus dem Synodalen Weg war inzwischen ein Synodaler Ausschuss geworden, der bis 2026 ein dauerhaftes Beratungs- und Entscheidungsgremium für die katholische Kirche in Deutschland einsetzen will. Doch kirchenrechtlich gibt es dafür derzeit keine Legitimation. Und aus dem Vatikan hieß es mehrfach: Leitung müsse in der katholischen Kirche mit dem Bischofsamt verbunden bleiben und könne nicht einfach an Gremien delegiert werden.

Da kann man sich über die ZdK-Vorsitzende Irme Stetter-Karp nur wundern, die bei der jüngsten Sitzung des Ausschusses sagte: "Wir starten mit Rückenwind aus Rom in diese Sitzung. Papst Leo XIV. hat klargemacht, dass er für eine synodale Kirche stehen will."

Mich verwundert es nicht, wenn vier deutsche Bischöfe sagen: Wir beteiligen uns gerne an einer Suche nach neuen synodalen Strukturen, wir wollen aber nicht bei einem Projekt mitmachen, das so oft von Rom kritisiert und in die Schranken gewiesen worden ist. Irgendwie hat es doch auch etwas mit Fairness zu tun, nach den gemeinsamen Regeln zu spielen, wenn man Teil einer Weltkirche ist, oder nicht?

Dass die vier jetzt trotzdem ungefragt als Mitglieder des zukünftigen Kirchengremiums geführt werden, das im Synodalen Ausschuss vorbereitet wird, muss irritieren. Die Bischöfe schreiben in ihrem Brief an das Präsidium des Ausschusses:

 "Wir müssen feststellen: Hier beschließt ein Gremium, welches keinerlei kirchenrechtliche Kompetenz für sich in Anspruch nehmen kann, dass alle Diözesanbischöfe Deutschlands, also auch wir, in einem künftigen Gremium Mitglieder sein sollen. Dies nehmen wir mit Verwunderung zur Kenntnis."

Bereits in der Vergangenheit hatten sie eine Mitarbeit im Synodalen Ausschuss abgelehnt; ihre Bistümer beteiligen sich auch nicht an dessen Finanzierung.

Die Bischöfe betonen, dass sie "weiterhin alles daransetzen (wollen), die römische Synodalität in unseren Bistümern zu fördern". Was Rom unter Synodalität versteht, kann man im Abschlussdokument der letzten Weltsynode unter Papst Franziskus nachlesen: "In einfachen Worten kann man sagen, dass die Synodalität ein Weg der geistlichen Erneuerung und der strukturellen Reform ist, um die Kirche partizipatorischer und missionarischer zu machen, das heißt, um sie fähiger zu machen, an der Seite jedes Mannes und jeder Frau zu gehen und das Licht Christi weiterzugeben" (28). Doch am Primat der Bischöfe wird dabei nicht gerüttelt: "In einer synodalen Kirche ist die Entscheidungsgewalt des Bischofs, des Bischofskollegiums und des Bischofs von Rom unantastbar, da sie in der von Christus geschaffenen hierarchischen Struktur der Kirche begründet ist" (92). Das dürfte das Weiterarbeiten hierzulande nicht leichter gestalten.

Der Brief der vier Bischöfe wurde erstmals auch von Vertretern ihrer Diözesanräte kritisiert. Für manche Medien war das ein "Paukenschlag". Wenn die Laien ihren Bischöfen jetzt vorwerfen, dass "wer grundsätzliche Bedenken hat, diese in den Gestaltungsprozess einbringen und nicht den Gesprächen fernbleiben" solle, verkennen sie, dass die vier Bischöfe genau das beim Synodalen Weg immer wieder versucht haben – vergeblich.

Mit Druck zum Ziel?

Ich war selbst eine Zeit lang dabei: Für einen wirklichen Austausch von Argumenten ließ das Setting des Synodalen Wegs kaum Zeit. Bei einer Redezeit zwischen einer und drei Minuten lassen sich kaum theologische Debatten führen. So hatten die vier Bischöfe und andere Teilnehmer mit abweichenden Positionen kaum eine Chance, gehört zu werden. Das Framing in "konservativ – böse" und "liberal – gut" hat ein echtes Zuhören fast unmöglich gemacht.

Auch die Theologin Marianne Schlosser berichtete in einem Interview davon, dass die Synodalen mit anderen Meinungen persönlich angegriffen und "in die Ecke gestellt" würden. Viele seien außerdem versucht gewesen, "aufzugeben, wenn Argumente gewissermaßen auf den gepflasterten Weg fallen, zertreten und weggekehrt werden".

Andersdenkenden wurde nicht selten mit Feindseligkeit begegnet, emotional wurde Druck ausgeübt, aber auch mit politischen Instrumenten wurde versucht, sie auf Spur zu bringen. So verfehlte der Grundtext "Leben in gelingenden Beziehungen" im Herbst 2022 bekanntlich in geheimer Abstimmung die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der anwesenden Bischöfe. Folge: Es sollte nun namentlich abgestimmt werden, ein Gegenantrag auf geheime Abstimmung wurde abgelehnt. Nein-Sager sollten öffentlich werden, der Druck beim Reformprozess ja mitzugehen erhöht. Eigentlich ist geheime Abstimmung ein klassisches Recht, das dem Minderheitenschutz dient. Wo war der geschützte Raum, der für Papst Franziskus ein notwendiges Kriterium für echte Synodalität war?

Selbstredend ist beachtlich, wie viel Zeit und Engagement viele in diese Gremien stecken, in der festen Überzeugung, die Kirche besser zu machen. Doch glauben sie wirklich daran, dass man ausgerechnet so zum Erfolg gelangt? Handelte es sich nicht von Anfang um ein Himmelfahrtskommando?

Auch wenn Irme Stetter-Karp und Bischof Bätzing in einem Antwortbrief jetzt ihre Beratungen nach der Weltsynode sogar als "expliziten Auftrag an die Bischofskonferenz" verstehen wollen, bleiben Zweifel am "Rückenwind". Solange bei den theologisch schwierigen Forderungen des Synodalen Weges nicht Kompromissbereitschaft signalisiert wird, wird das Misstrauen nicht schwinden. Gerade bei jenen Bischöfen, deren Vertrauen offensichtlich verspielt wurde und die nicht mehr glauben, dass das ein gemeinsamer Weg ist, der wirklich fruchtbar sein kann. Ob das wieder gut zu machen ist?

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