Seit über 60 Jahren erforscht die Kommission für Zeitgeschichte die Geschichte des deutschen Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert. Nun wollen die deutschen Bischöfe die Förderung für die renommierte Einrichtung mit ihren drei hauptamtlichen Stellen in Bonn komplett streichen. Die zuständigen Gremien der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD), der für die Finanzen zuständig ist, sprechen sich für die Maßnahme aus. Am kommenden Montag beschäftigen sich die deutschen Diözesanbischöfe in der VDD-Vollversammlung mit dem Thema; im Herbst soll dann die DBK-Vollversammlung den endgültigen Beschluss treffen. Die Wissenschaftler, die in der Kommission aktiv sind – Historiker, Staatsrechtler sowie Politik- und Sozialwissenschaftler –, wollen das noch abwenden. In einem Offenen Brief rufen sie die Bischöfe dazu auf, die Einrichtung nicht "einem reinen Sparzwang zu opfern". Es drohe ein "kirchlicher Rückzug aus unserer Gesellschaft".
Es wird nicht die letzte Sparmaßnahme dieser Art sein. Die Bischofskonferenz unterhält eine ganze Reihe von derartigen Einrichtungen. Bereits im vergangenen Jahr war die Katholische Sozialwissenschaftliche Zentralstelle in Mönchengladbach aufgelöst worden – ebenfalls begleitet von Protesten. Die finanziellen Ressourcen der Bischofskonferenz gehen immer weiter zurück. Mit Streichungen versucht man gegenzusteuern.
Verfolgt man strategische Ziele? Hat man auf dieser Grundlage die bisherige Arbeit des eigenen Hauses und der angeschlossenen Stellen wirkungsorientiert evaluiert und setzt jetzt bestimmte Schwerpunkte?
Auf welcher Grundlage das geschieht, bleibt unklar. Verfolgt man strategische Ziele? Hat man auf dieser Grundlage die bisherige Arbeit des eigenen Hauses und der angeschlossenen Stellen wirkungsorientiert evaluiert und setzt jetzt bestimmte Schwerpunkte? Ob solche Erwägungen stattgefunden haben, ist jedenfalls von außen nicht erkennbar.
In Zukunft möchten die katholischen Laienvertreter vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken über die Ausgaben der Bischofskonferenz mitbestimmen. So steht es im Entwurf einer Satzung eines zukünftigen Synodalgremiums für die katholische Kirche in Deutschland, über dessen Einrichtung Bischöfe und ZdK-Vertreter derzeit beim "Synodalen Ausschuss" beraten (und das nach jetziger Planung verwirrenderweise ebenfalls "Synodaler Ausschuss" heißen soll). In dem Entwurf, der der Redaktion vorliegt, heißt es:
"Auf der Grundlage eines Finanzberichts und des Haushaltsplans des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) berät [der Synodale Ausschuss] über die Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der katholischen Kirche in Deutschland, die nicht auf diözesaner Ebene entschieden werden, und trifft Grundsatzentscheidungen hierzu. Er richtet eine Finanzkommission ein, die das Mandat erhält, Entscheidungen in Haushaltsfragen zu treffen. Näheres regelt eine vom Synodalen Ausschuss zu verabschiedende Finanzordnung, die der Synodale Ausschuss in Zusammenarbeit mit dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) erarbeitet."
Dabei ist nicht gesagt, ob finanzielle Entscheidungen in einem solchen Format strategisch reflektierter getroffen würden, als bislang. In den letzten Jahren wurde in der Kirche jedenfalls viel über Strukturen und wenig über Inhalte diskutiert. Doch ohne eine klare inhaltliche Vision ist jede einzelne Entscheidung über die Zuteilung knapper werdender Ressourcen mühsam. Sehr mühsam.
Angesichts dessen kann man den Laienvertretern nur sagen: Be careful what you wish for. Finanzentscheidungen auf der Ebene der Bischofskonferenz zu treffen, das bedeutet in den kommenden Jahren wohl vor allem: Verteilungskämpfe zu moderieren. Für die Bischöfe ist das am Ende sogar attraktiver als für die Laienvertreter: Sie werden von einem Teil der Verantwortung für schmerzhafte Einschnitte entlastet.