Zwei Jahre nach dem 7. OktoberInternationale Garantien für Frieden in Nahost

Vor zwei Jahren verübte die Hamas einen beispiellosen Terroranschlag auf Israel – ein Massaker, das weltweit Entsetzen auslöste, aber auch von Islamisten und Antisemiten gefeiert wurde. Israels militärische Reaktion führte zu einer Eskalation, die das Land international zunehmend isoliert. Der Historiker Rafael Seligmann fordert eine internationale Friedensinitiative sowie einen politischen Neuanfang auf beiden Seiten.

Am 7. Oktober vor zwei Jahren überfielen islamistische Terroristen aus dem Gazastreifen die umliegenden israelischen Siedlungen und ein Musikfestival. Sie ermordeten mehr als 1200 Menschen, vergewaltigten Frauen, erschlugen Kinder, nahmen hunderte Frauen, Kinder und Männer als Geiseln, entführten sie, folterten sie. Es war das furchtbarste Judenmassaker seit dem Holocaust. Die Täter stellten Bilder ihrer Verbrechen ins Internet, um die Ohnmacht des jüdischen Staates zu demonstrieren. Auf diese Weise wollten sie Israel zu einer militärischen Reaktion herausfordern.

Ich wurde um meine Einschätzung gebeten. Mir war klar, dass sich Israel revanchieren würde – was lediglich den Hass vertiefen würde. Doch ich hoffte, dass zeitweilig wieder Ruhe einkehren würde. Ich habe mich geirrt.

Die Folgen des Anschlags sind weit gravierender, als ich dachte:

• Die Hamas führt den Krieg ohne Rücksicht auf Verluste der palästinensischen Bevölkerung und „selbstverständlich“ weiter.

• Weltweit, auch in Deutschland, bejubelten Islamisten und andere Judenfeinde den Massenmord. Es regierte die Erbarmungslosigkeit.

• An den Hochschulen und auf den Straßen der Demokratien, in Deutschlands Städten wurden Juden bedroht, verunglimpft, misshandelt.

• Je länger die Gewalt in Gaza andauert, desto mehr geraten die israelischen Opfer der Anfangsphase in Vergessenheit, während die weit höheren Zahlen getöteter Palästinenser in den Fokus rücken. Entsprechend neigt sich das Mitleid vieler Menschen in weiten Teilen der Erde den Palästinensern zu. Die israelischen Geiseln werden kaum noch erwähnt.

• Israel nimmt die ungenügende Versorgung der palästinensischen Zivilgesellschaft mit Lebensmitten hin. Das erzürnt allenthalben Menschen. Hunger gegen Zivilisten ist grausam. Israel gerät dadurch in der öffentlichen Meinung zunehmend in die Defensive. Jerusalem hat den Krieg der Bilder längst verloren.

• Regierungen in westlichen Demokratien – darunter Kanada, Großbritannien, Spanien und Frankreich – nehmen die Gelegenheit wahr, Jerusalem immer tiefer ins Abseits zu drängen. Paris und Madrid spielen mit alten und neuen Vorurteilen. So äußerte Spaniens Ministerpräsident Sanchez im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg, sein Land besitze keine Atomwaffen. Das ist Volksverhetzung. Frankreichs Präsident Macron gibt sich als Vorkämpfer eines Staates Palästina – ohne die Hamas. Aber wer soll die „Drecksarbeit“ machen, die Hamas zu entwaffnen? Paris tut das gewiss nicht!

• Antisemitische Parolen, Judenhatz und Gewalt nehmen ständig zu, etwa in Holland, in Deutschland und weltweit. Die wehrlosen Juden der Diaspora zahlen den Preis für Gewalt und Krieg.

• Die Anerkennung Palästinas muss am Ende eines politischen Prozesses stehen, nicht an dessen Anfang, wie die Bundesregierung richtig betont. Eine Anerkennung Palästinas ohne Gegenleistung würde von der Hamas als Frucht ihres Massakers angesehen. Sie hat an diesem Punkt nicht Unrecht.

Israels Ministerpräsident Netanyahu unternimmt den vergeblichen Versuch, das politische Phänomen des Strebens nach Unabhängigkeit der Palästinenser gewaltsam verhindern zu wollen. Dieser Versuch muss scheitern. Gedanken lassen sich nicht erschießen. Netanyahu spaltet durch den langen Krieg die israelische Gesellschaft. Die Menschen und die Volkswirtschaft sind erschöpft. Die Regierung zerreibt Israel. Das Land treibt in eine politische Isolation. Netanyahus Regierung muss durch eine Koalition der Friedenswilligen abgelöst werden. Gleiches muss in Palästina geschehen. In Gaza aber eskaliert die Hamas die Lage durch weitere Folter der Geiseln. Die korrupte PLO-Führung unter dem greisen Abbas in Ramala will und kann das Blutvergießen nicht beenden. Internationale Garantien sind unerlässlich, keine leeren Parolen.

 

Von Rafael Seligmann erschien soeben das Buch „Keine Schonzeit für Juden. Die Antwort eines Betroffenen“ im Verlag Herder.

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