Ich halte mich für einen überzeugten Europäer, buchstäblich für einen Fan der europäischen Idee. Ist es nicht ein wirkliches Wunder, wie die Länder unseres Kontinents nach all den Kriegen und Diktaturen zusammengefunden haben?! Ja, Europa liegt mir am Herzen, und deshalb schnappe ich begierig alle Initiativen auf, welche die Gemeinschaft nach vorne bringen.
Entsprechend enttäuscht war ich von der Rede, welche die EU-Kommissionspräsidentin Mitte des Monats zur Lage der Union gehalten hat. Sicher, Ursula von der Leyen hat markige Zitate rausgehauen, etwa: „Dies ist ein Kampf um unsere Zukunft.“ Oder: „Dies muss der Moment der europäischen Unabhängigkeit sein.“ Aber letztlich wirkte das Ganze auf mich irgendwie seelenlos. Mir fehlte, was Europa im Innersten ausmacht. Wo ist der Geist der christlichen Gründerväter wie Adenauer, Schuman oder De Gasperi? Ich habe mich auf die Suche gemacht und präsentiere im Folgenden inspirierende Nachrichten aus Europa.
1 | Berlin. Dass man auch ganz anders über Europa reden kann, zeigt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Dessen Präsidium hat soeben eine überaus lesenswerte Europa-Erklärung veröffentlicht, die sich auf die Suche nach den Quellen macht, „aus denen Europa seine positiven Energien schöpft“. Der Bezug zum jüdisch-christlichen Menschenbild, die Prägung durch Reformation und katholische Reform gehören für das ZdK ausdrücklich dazu. So geht Zukunft!
2 | Fulda. In einem Interview hatte sich Papst Leo XIV. kürzlich gegen die „in Nordeuropa veröffentlichten Segensrituale“ für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen. Unklar ist, wen er mit seiner Kritik gemeint hat. Georg Bätzing, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, erklärte nun zu Beginn der Herbstvollversammlung: Die deutschen Bischöfe sähen keinen Grund, die entsprechende Handreichung Segen gibt der Liebe Kraft zurückzunehmen.
3 | Vatikan. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den neuen Papst getroffen. „Uns ist die Stimme hier aus Rom nach wie vor wichtig“, sagte er zu Leo. Deshalb habe er ihn auch nach Deutschland eingeladen.
4 | Chişinău. Im Osten Europas steht an diesem Sonntag eine richtungsweisende Entscheidung an: Die Bürgerinnen und Bürger der Republik Moldau wählen ein neues Parlament. Die Konfliktlinien verlaufen zwischen Parteien, die einen klaren Kurs Richtung EU verfolgen, und Kräften, die engere Beziehungen zu Russland wollen.
5 | Berlin. Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs fordern etliche Regierungen einen Ausschluss Israels vom Eurovision Song Contest (ESC). Deutschlands Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hält dagegen: Der ESC sei mit der Idee gegründet worden, Nationen durch Musik zu verbinden. „Wer heute Israel ausschließt, stellt diesen Grundgedanken auf den Kopf.“ Russland darf indes weiterhin nicht am ESC teilnehmen.
6 | Wien. Die Stiftung Pro Oriente, die sich für den Dialog zwischen den Kirchen des Ostens und des Westens engagiert, erhält den renommierten Klaus-Hemmerle-Preis. Mit der Auszeichnung, die im Januar 2026 verliehen wird, ehrt die Fokolar-Bewegung Persönlichkeiten oder Institutionen, die sich als Brückenbauer verdient gemacht haben.
7 | Rom. Während in Deutschland und Frankreich über die Abschaffung von Feiertagen diskutiert wird, hat Italien jetzt einen bereits gestrichenen Feiertag wieder eingeführt. Künftig soll am 4. Oktober des heiligen Franziskus gedacht werden, erstmals anlässlich seines 800. Todestags im Jahr 2026.