Wochensprüche im August 2025

7. Sonntag nach Trinitatis, 3.8.2025

Epheser 2,19: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

Wir wissen ja, dass Gott uns manchmal einiges zumutet. Wer will, dass das Leben sich grundlegend verbessert – und das ist Gottes Wille –, der fordert einiges von uns Menschen. Wer möchte, dass auch unsere Kinder noch gute Luft atmen und ein warmes Haus haben können, der wird sich eigentlich nicht länger gegen die angebliche Zumutung eines Tempolimits in Deutschland wehren und nicht irgendwelche Sachen über E-Fuels murmeln. Und der wird auch einsehen, dass man derzeit die Windkraft braucht, wenn man saubere Energie gewinnen möchte. Und wer gute Versorgung bei Krankheit haben möchte, der wird auch zustimmen müssen, dass man Schulden macht, um die Pflegekräfte besser zu bezahlen.
Nein! Keine Besserung des Lebens ohne Zumutung für uns Menschen. Die Zumutung Gottes geht über alles hinaus, was Menschen sich gegenseitig zumuten. Sie fordert nicht mehr und nicht weniger, als dass wir unser kleinliches menschliches Wesen verändern. Jeder wird von Gott in Jesus, wie der Epheserbrief es sagt, seiner Freundschaft für würdig befunden. Und darum sind alle anderen Menschen für uns nicht Konkurrenten, sondern eben auch Freunde.

Viele werden jetzt sagen: Das funktioniert nicht. Natürlich. Ich habe da auch meine Zweifel. Doch das nützt nichts. Gott will von denen, die daran glauben, dass er es gut mit uns meint, dass sie daran arbeiten. Dass sowohl die gleichzeitig Lebenden als auch die, die nach uns kommen, unsere Freunde sind. Dass wir Verantwortung für sie übernehmen. Sie als Hausgenossen betrachten. Und nicht fragen: Hat der das Recht, hier zu wohnen? Da muss ich doch mitreden können! Das geht nicht von heute auf morgen. Aber mit viel Geduld, mit viel Liebe und mit viel Hoffnung könnte sich dennoch etwas ändern in der Welt.
Was Kriege, politische Umwälzungen, Revolutionen, wissenschaftliche Entdeckungen und technischer Fortschritt nicht geschafft haben, Gott verlangt es von uns Christen: Verändert die Welt, indem ihr so lebt, wie es allen Menschen guttut. Arbeitet daran, jedem Menschen die gleiche Chance zu geben. Mutet es euch zu, Verantwortung für die Welt zu übernehmen – für ihre Gegenwart und noch mehr für ihre Zukunft.

8. Sonntag nach Trinitatis, 10.8.2025

Epheser 5,8b.9: Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

„Kinder des Lichts.“ Die Welt als Spielfeld der Mächte des Lichts und der Finsternis. Das gehört zu jeder antiken Religion dazu. Licht und Finsternis sind eigentlich die einfachsten Grundgegebenheiten, die wir Menschen kennen, egal auf welcher Kulturstufe wir leben. Tag und Nacht sind in der Natur vorgegeben und leicht unterscheidbar. Im Licht des Tages konnten Menschen schon immer jagen, ihre Felder bestellen, den Feind von Weitem und sich gegenseitig ins Gesicht sehen. In der Nacht ist alles anders. Die Dunkelheit macht das Leben schwer. Sie hindert sowohl das Reisen als auch das Arbeiten. Sie erzeugt Furcht, die aus der grundlegenden Angst entspringt, dass im Dunkeln das Leben bedroht ist. Dass finstere Mächte die Dunkelheit ausnutzen. Hinter jeder Ecke kann Gefahr lauern. Das ist auch der Grund, warum wir unsere Grundstücke und Straßen mit Licht ausstatten. Wir wünschen uns die Nacht als Tag. Die Finsternis als Licht. Man nennt solch ein Weltbild Dualismus, weil es auf zwei (griechisch duo) gegeneinander streitenden Mächten beruht. Dargestellt durch Licht und Finsternis.

Wir wissen heute, dass die Welt nicht Licht und Finsternis ist, sondern uns eher in Grautönen begegnet. Darum sind unsere Entscheidungen auch nicht so leicht als richtig oder falsch zu erkennen.
Ob Menschen sich richtig oder falsch verhalten, ist immer eine grundsätzliche Frage. Und ihre Antwort zeigt sich damals in Ephesus genauso wie heute in unserer Gesellschaft am Ergebnis dieser Entscheidungen: „Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit.“ Und da sind wir wieder an dem Punkt, wo die Grundprinzipien christlichen Lebens bis heute definiert werden: Nicht die prinzipielle Richtigkeit einer Handlung begründet ihre Berechtigung. Sondern die Frage, ob sie Gutes schafft und ob sie der Gerechtigkeit dient.
Ist es etwas Gutes, wenn Arbeitsplätze gegen den Erhalt der Welt aufgerechnet werden, wenn es um die Lösung des Klimaproblems geht? Ist es gut, wenn wir entscheiden, dass Menschen im Mittelmeer einfach sterben? Weil wir andere Prioritäten setzen? Ist es gut, wenn wir es Politikern durchgehen lassen, dass sie lügen? Um gewählt zu werden? Ganz sicher dient das alles nicht der Gerechtigkeit. Und Licht schafft es im Leben schon gar nicht.
Es wäre zu schön, wenn aus einem Land, in dem das Christentum so viele kulturelle Wurzeln geschlagen hat, wieder Licht ausstrahlt. Und wenn die Kirchen und Gemeinden sich nicht in den Schatten versteckten. Sondern leuchtend und hell für das sprechen, was Gottes Wille ist: Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit für alle Menschen.

9. Sonntag nach Trinitatis, 17.8.2025

Lukas 12,48: Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.

Es gab im Vorfeld der Wahl im Frühjahr viele Diskussionen darüber, ob es uns Christen, den Gemeinden und Pfarrer:innen gut ansteht, sich politisch zu äußern. Manche wurden hart angegriffen. Weil sie sich nicht damit begnügten, Schlagwörter wie Solidarität, Menschenfreundlichkeit oder Nächstenliebe einfach so hinaus zu posaunen. Ohne Kontext und ohne Bezug auf eine reale Wirklichkeit. Sondern, weil sie klar benannten, was Sache ist: Unwählbar ist, wer das Klimathema hinter Rüstung und Wirtschaft herunterfallen lässt. Unwählbar ist, wer die faktische Migration Hilfsbedürftiger zum Spielball politischer Argumentation macht. Unwählbar ist, wer im Wahlkampf lügt. Dass es dabei nicht anders ging, als einzelne Parteien oder gar Politiker zu benennen, ist klar. Aber in Kirchenleitungen und in bestimmten Gruppen innerhalb der Kirchen stieß das auf Widerspruch: Der Christ habe sich aus der Politik herauszuhalten. Sein einziges Ziel muss die Verkündigung Jesu als Retter der Welt sein.
So weit, so gut. Allerdings: Wenn Jesus mit seinen Freunden spricht, dann wird es herausfordernd. Selbst wenn es um ein Thema wie die Wiederkunft Jesu und das damit verbundene Gericht über die Menschen geht – Jesus bleibt nicht in den Höhen theologischer Spekulation; dort, wo wir Christen uns gut hinter Worten und Gedankengebilden verstecken können. Er kommt, selbst bei Themen wie der Wiederkunft und des Gerichts, immer auf den Boden der Tatsachen. Und so geht es auch hier nicht um Weltflucht oder Weltverleugnung. Sondern es geht eindeutig darum, in welcher Verantwortung Christen für die Welt stehen. Es geht im 12. Kapitel des Lukas um nicht mehr und nicht weniger als das Verhalten der Christen. Auch wenn das Thema eigentlich die Wiederkunft Christi ist; der Tag, an dem Gott die Welt beurteilt, wie es im Neuen Testament so gern gesehen wird. Letztlich aber geht es immer um die Gegenwart. Das aktuelle Leben, ob vor 2000 Jahren oder heute.
Und so appelliert er an die Verantwortung, die wir Christen für die Welt tragen. Wer, außer den Gläubigen, könnte den Willen Gottes in die Welt hinausrufen? Wer, außer den Christen, kann die Welt mit dem Licht Gottes beleuchten? Und damit den Geist Gottes verbreiten, der dringend nötig wäre. In einer kalten Welt von Liebe zu den Menschen sprechen. In einer gewalttätigen Welt die Hoffnung auf Frieden groß machen. Und so vieles mehr.
Ja, das ist eine größere Verantwortung, als wir sie vielleicht gern hätten. Aber wenn wir schon von Jesus sprechen: Für ihn war sie real. Und für uns müsste sie das auch sein.

10. Sonntag nach Trinitatis, 23.8.2025

Psalm 33,12: Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat.

Ich fühle mich oft so ohnmächtig in diesen Zeiten. All mein Engagement, meine politische Arbeit, mein Predigen und mein Handeln in die Gesellschaft hinein, das scheint mir so wirkungslos. So ungefragt und ungewollt. Ich, und ich glaube, die meisten unter uns, fühlen uns machtlos. Und uns geht manchmal die Kraft aus, weiterzumachen.
Ich höre es sehr oft in Taufgesprächen. Die Eltern machen sich Sorgen darum, wie ihre Kinder sich in dieser Welt entwickeln werden. Sie sehen, was vor sich geht. Sie wissen, dass Lehrer:innen fehlen, dass die Wirtschaft im Niedergang ist, dass das Weltklima immer wärmer und das gesellschaftliche Klima immer kälter wird. Und ich spüre immer öfter, wie wichtig der Zuspruch der Begleitung Gottes für sie ist. Zu wissen, dass wir mit unseren begrenzten Kräften manchmal nicht mehr weiterkommen. Dass es so wichtig ist, sich darauf verlassen zu können, dass da noch etwas anderes ist. Der Segen, den wir zusprechen, wird immer bedeutsamer. Weil er, wenn auch unsichtbar und ungreifbar, Menschen tragen kann. Ihnen Halt und Gewissheit geben kann. Eigentlich erlebe ich das bei allen lebensverändernden Situationen in der Gemeinde. Bei den Trauungen in Zeiten zerbrechlicher Beziehungen genauso wie bei Beerdigungen im Angesicht der Dunkelheit der Trauer und der Ungewissheit des Todes.
Gottes Erbe zu sein, das mag im Alten Testament sicher das Volk Israel meinen. Aber letztlich geht es auch um die einzelnen Menschen. Die, die sich Gott anvertrauen, und die, die ihr Leben bewusst oder auch unbewusst mit seiner Gegenwart leben.
Und es gehört zu den schönen Dingen, auf die wir Christen uns verlassen können und die wir dann auch weitersagen dürfen: Gott ist da! Er achtet auf uns und ihm sind wir wichtig. Er umhüllt uns mit seinem Segen und trägt uns – unsichtbar und ungreifbar. Er macht Mut in der Angst und gibt Kraft in der Ohnmacht.
Das tut den Menschen und der Welt gut. Das stärkt, gibt Basis und Verlässlichkeit. Und das macht es möglich, dass wir unser Scheitern und Zweifeln annehmen können. Dass es uns nicht zerstört oder zum Verzweifeln bringt. Sondern, dass es bei Gott genauso angenommen ist wie unsere Erfolge und Stärken.
Wohl dem und der also, die in ihrem und angesichts der großen Welt kleinen Leben Gott haben. Der sich kümmert und sich sorgt. Der begleitet und führt. Der uns annimmt und wertschätzt.
Wohl denen.

11. Sonntag nach Trinitatis, 30.8.2025

1 Petrus 5,5b: Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

Der erste Teil der Filmreihe Jurassic Park ist inzwischen auch schon 32 Jahre alt. Oh! Aber er gehört bis heute zu den beeindruckendsten Action-Filmen, die man anschauen kann. Weil er auch eine tiefe Botschaft über Hochmut und Demut des menschlichen Lebens transportiert. Und damit beispielhaft für viele Vorgänge in unserer Gesellschaft, manchmal auch in unserem eigenen Leben steht.
Es herrscht im Film unbändige Freude bei den Firmeninhabern des Parks, dass es gelungen ist, Dinosaurier nicht nur nachzuzüchten, sondern sie auch unter Kontrolle zu halten, durch Medikamente oder Zäune oder andere Maßnahmen. Ein Chaosforscher ist eingeladen, das Ganze zu begutachten. Und er sagt recht schnell am Anfang den entscheidenden Satz, der oft übersehen wird, der aber der Schlüssel ist zu all dem Katastrophalen, was später geschieht: „Das Leben findet einen Weg!“ Und wie bei allem, was uns im Leben begegnet, von der Beherrschung der Atomkraft über den politischen Frieden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bis hin zur Künstlichen Intelligenz, die längst auf dem Weg ist, jeglicher Kontrolle zu entweichen, entwickelt sich der Film zum Kampf zwischen Hochmut und Demut. Der stolze Forscher, der den Raub-Dinosaurier zum Leben erweckt hat. Und der realistisch-demütige Naturforscher, der weiß, dass Leben letztlich nicht beherrschbar ist. Die Katastrophe zeigt: Das Leben findet immer einen Weg. Der Mensch hat das Leben nicht in der Hand. Jede andere Meinung ist Hochmut. Der Mensch ist ein kleines Licht im Universum.
Die römische Tradition sieht den Hochmut als eine der 7 Todsünden. Weil er genau das missachtet, was Gott gesetzt hat: Er ist nicht die Krone der Schöpfung. Das ist Gottes Ausruhen am 7. Schöpfungstag. Der Mensch ist Geschöpf unter vielen. Er unterliegt den Regeln der Schöpfung und der Natur. Den Regeln Gottes.
Demut dagegen wird immer als negativer Begriff angesehen. Dabei meint das Wort in seinem Ursprung nicht das Einnehmen einer unterwürfigen Haltung. Es geht im Gegenteil darum, seinen Platz im Weltgefüge zu kennen. Im Mittelalter: zu wissen, dass Gott die Welt lenkt und nicht der Mensch. In der Neuzeit: zu wissen, dass wir trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse die Welt nicht in der Hand haben.
Das Schöne ist: Demut macht das Leben viel netter. Man kann staunen über Wunder der Schöpfung, ohne sie erklären zu müssen. Man kann die Zuneigung eines anderen Menschen einfach so annehmen. Ohne sie bewerten zu müssen. Und man kann zum Beispiel Niederlagen und Scheitern ins Leben integrieren. Ohne sich dabei schlechter oder schwächer fühlen zu müssen.
Das ist schon eine Gnade, die den Hochmütigen abgeht. Und die wir ganz und gar Gott verdanken, der unser Leben trägt und segnet.

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