Predigt Quasimodogeniti 27.4.2025Hoffnung

Sonntag Quasimodogeniti: 1 Petrus 1, 3-9

Das höchste Fest der Christenheit, nicht Weihnachten, sondern Ostern, liegt gerade eine Woche hinter uns, und unser heutiger 1. Sonntag nach dem Osterfest trägt den schönen Namen Quasimodogeniti. Das ringt immer wieder Menschen ein Schmunzeln ab, denn nicht wenige assoziieren hier sofort mit Victor Hugos Figur aus dem Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“. Doch, außer dass dieser als kleines Kind im Roman am gleichnamigen Sonntag auf den Stufen der Kathedrale gefunden wurde und deshalb seinen Namen erhielt, gibt es hier keinen tieferen Zusammenhang. Quasimodogeniti bedeutet vielmehr „wie die neugeborenen Kinder“. Das meint, mit der Auferstehung Jesu von den Toten zu Ostern beginnt auch für seine Anhänger, also für jeden Menschen, der an ihn glaubt, nach der physischen Geburt ein neues, unvergängliches Leben. Unser, für diesen Sonntag zur Verkündigung bestimmter Bibeltext erklärt es uns genauer. Er ist heute auch gleichzeitig die Epistellesung aus dem 1. Petrusbrief.

(Lesung 1Petrus 1,3–9)

Hier hat Petrus die Hoffnung des christlichen Glaubens auf den Punkt gebracht. Sicher ist auch deshalb das Wort „Hoffnung“ bei den meisten Bibelübersetzungen in der Zwischenüberschrift zu diesem Abschnitt enthalten.
Hoffnung zählt übrigens zu den zehn am häufigsten im Neuen Testament benutzten Begriffen und das nicht ohne Grund. Denn was wäre unser christlicher Glaube ohne die Hoffnung auf die Gnade der Sündenvergebung und das ewige Leben im Danach bei Gott. Hoffnung ist also, so könnte man definieren, der Glaube an eine positive Zukunft, auch wenn die Gegenwart schwierig ist. Aus der Hoffnung erwächst die Kraft zum Weitermachen trotz Widrigkeiten und lässt auf bessere Zeiten vertrauen. Sie ist sozusagen das Licht am Ende eines Tunnels, ein optimistischer Geisteszustand.
Schauen wir also einmal genauer auf diesen, uns Hoffnung schenkenden Text des Petrus, der im Übrigen auch ziemlich genau die Grundsätze der Reformation abbildet: Allein durch den Glauben, allein durch Gnade, allein durch Christus und allein Gott die Ehre.
In den ersten Versen erklärt der Apostel, worin Gottes große Barmherzigkeit uns gegenüber besteht. Da wir aus eigener Kraft, durch eigenes Tun nie vor Gott gerecht werden können, uns immer wieder vor ihm versündigen, haben wir ein gestörtes Verhältnis zu Gott. Doch unser Gott ist ein liebender. Durch ihn kam Jesus, der Christus, der Erlöser in diese Welt. Er lebte und litt mit uns Menschen, wurde unschuldig gekreuzigt, wo er unsere Sünde vor Gott auf sich nahm. Und der liebende Gott ließ ihn auferstehen von den Toten, was wir alljährlich zu Ostern feiern. Daran dürfen wir, die wir an ihn glauben, teilhaben. Wir Sünder haben nun dieses Licht am Ende des Tunnels, das unsere Hoffnung sein darf. Durch den Glauben dürfen auch wir dereinst von den Toten auferstehen, und Gott will uns durch Jesus Christus gnädig sein und hält für uns das ewige Leben bei ihm bereit.
Petrus nennt es das „unvergängliche und unbefleckte Erbe“ (Vers 4), das Gott für uns im Himmel aufbewahrt.
Aber noch ist es nicht so weit, auch wenn wir uns darauf von Herzen freuen dürfen! Noch leben wir hier auf Erden, und das ist nicht immer nur leicht. So manches Leid muss durchstanden werden (Vers 6), und das bleibt auch Christen nicht erspart. Aber Gott lässt uns dabei nicht allein. Er schenkt uns die Kraft (Vers 5), bezeugt uns Petrus. Gott führt und trägt uns durch die Mühsal dieser Welt. Wenn wir das im Glauben erkennen, bewirkt das die nötige Stärkung. Und dann nimmt der Briefschreiber unseres heutigen Bibeltextes Bezug auf das Erlebnis mit dem „ungläubigen Thomas“, wie wir in der Evangeliumlesung des heutigen Sonntags hören durften. Thomas glaubte erst an Jesu Auferstehung, als er den Auferstandenen sah und berühren durfte. Petrus greift hier das Wort Jesu auf (Vers 8), das uns im Johannes-Evangelium überliefert wurde (Johannes 20,29b): „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Wir durften Jesus nie leibhaftig sehen, und doch hat Gott uns den Glauben geschenkt, der uns spüren und erleben lässt, dass Christus lebt. Unsere Rettung für alle Ewigkeit.
In früheren Zeiten gab es den Brauch des Ostergelächters. Dazu wurden in der Predigt zu Ostern überraschend lustige Begebenheiten eingefügt und damit die Zuhörer zum Lachen gebracht. Mancherorts wird diese fröhliche Sitte auch heute noch praktiziert. Hier haben wir also mit dem Osterlachen den wohl einzigen Fall, wo das Lachen in die Liturgie bewusst einbezogen wird. Aber warum? Das Grundanliegen war, die Gemeinde zum Lachen zu bringen und damit der Osterfreude Ausdruck zu verleihen. Tod und Teufel wurden ausgelacht, denn Christus war auferstanden zu neuem Leben und wir dürfen es mit ihm. Eigentlich dürften wir auch heute, eine Woche nach Ostern noch gar nicht aufgehört haben zu lachen, und eigentlich auch das ganze Jahr über dürfte uns das Lächeln und Grinsen nicht aus dem Gesicht weichen. In der Praxis beobachten wir jedoch leider viel zu oft etwas Anderes. Da schauen manche Christen drein, als hätten sie gerade in eine Zitrone gebissen. Ja, wir sind Sünder, deswegen die Zitrone, aber wir dürfen jubeln, denn durch Christus ist uns doch vergeben!
Das war auch dem Philosophen Friedrich Nietzsche aufgefallen, der für sich und seine Leserschaft konstatierte: „Würden die Christen erlöster aussehen, würden auch mehr an die Erlösung glauben.“
Die fröhliche Osterzeit währt fünfzig Tage, aber die Freudenzeit über die Auferstehung Jesu, unser Osterlachen darf man uns auch ruhig 365 Tage lang im Jahr ansehen, und damit sollten wir auch möglichst viele Menschen anstecken.
Lassen Sie uns sichtbar machen, dass das Osterfest zwar hinter uns liegt, sich jedoch durch Ostern etwas dauerhaft geändert hat. Wir dürfen Hoffnung haben, sogenannte lebendige Hoffnung, die Hoffnung auf neues Leben bei und durch Gott.
Das ist das Zentrum unseres Glaubens. Lebendige Hoffnung ist mehr als ein bloßes Wünschen; sie ist eine feste Überzeugung, die von innerer Gewissheit und Vertrauen getragen wird. Gott sei Dank.

(Ergänzender Buchtipp zum Erzählen: Jakob, der Lügner von Jurek Becker.
Jakob, mit vielen anderen Jüdinnen und Juden eingesperrt in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs, ist berührt und beseelt von der Sehnsucht nach Überleben und Freiheit. Und er erzählt den anderen im Lager eines Tages, er habe bei der Meldung im Revier der Deutschen beiläufig aus dem Radio in einem Nebenraum erfahren, dass die russische Armee nicht mehr weit entfernt sei, und dass ihre Befreiung nur noch eine Frage von Wochen sein könne.
Es gibt Botschaften, die verändern alles. Niemand fragt ihn, wie das denn gehen kann, dass er, der kleine, unbedeutende Jakob, ausgerechnet so eine wichtige Botschaft erfahren hat. Seine Sehnsucht hat ihm diese Botschaft zugeflüstert. Und die Botschaft dieser Sehnsucht, dieser Hoffnung verbreitet sich in Windeseile im Lager, bevor er sie wieder einfangen kann.
Und weil Jakob sieht, wie die Menschen sich neben ihm aufrichten, wie plötzlich wieder Hochzeiten geplant werden, wie die Augen wieder zu leuchten beginnen, und weil er in den kommenden Tagen und Wochen immer wieder auf seine Botschaft angesprochen wird, erfindet Jakob eine wahrhaft wunderbare Hoffnungsgeschichte von einem Radio, das er selbst hier im Lager versteckt habe, sehr gut versteckt natürlich, und dessen immer neue Meldungen die Befreier immer näher rücken ließen.
Seine Sehnsucht, seine Hoffnung richtet die Menschen um ihn herum auf. Es hält sie von lebensgefährlichen Versuchen ab, verfaulte Kartoffeln von einem Waggon zu klauen, es hält sie vom Selbstmord ab und holt sie aus den Abgründen dunkler Vorahnungen oder Erfahrungen heraus in eine neue Zuversicht hinein. Die Hoffnung, die Sehnsucht und das Vertrauen auf Befreiung und Freiheit wird bald stärker als alles, was die Menschen bindet.
Zwei Enden der Geschichte werden in dem Buch erzählt: Ein realistisches Ende zeichnet den Abtransport von Jakob und den anderen in ein Vernichtungslager kurz vor Ende des Kriegs.
Ein geträumtes Ende lässt alle den Geschützdonner der Roten Armee im Lager hören, das mit ihnen rechtzeitig befreit werden kann.
Das Buch lässt seine Lesenden zurück mit einer Entscheidung: Für welches Ende entscheidest du dich? Welches Ende verändert dein Leben mehr, der realistische Blick oder die manchmal unverschämte Hoffnung? Jochen Lenz, Schriftleiter)

Kollektengebet:
Himmlischer Vater, du hast uns Glauben geschenkt und mit der großen Freude über die Auferstehung deines Sohnes Jesus Christus erfüllt.
Wir bitten dich, lass sie in uns lebendig bleiben, damit wir unser Leben immer wieder neu darauf gründen und diese frohmachende Botschaft weitergeben als Hoffnung in die Welt.

Bausteine für die Fürbitten:
Herr Jesus Christus,
wir danken dir, dass wir durch deine Auferstehung Hoffnung auf das neue Leben bei Gott haben dürfen.
Wir danken dir, dass du uns durch die Beschwernisse in dieser Welt hindurchgeleitest und uns in den Anfechtungen stärken willst.
Du großer Gott, wir danken dir für den Glauben, den du uns geschenkt hast.
Wir haben Jesus nie gesehen, und doch spüren und wissen wir, dass er lebt und uns begleitet.
Wir bitten dich um Vertrauen zu dir, wo unser Glauben schwach wird.
Öffne unsere Herzen für dein Wort, dass wir es recht verstehen, es weitergeben und danach tun. Erhöre uns, Gott!
(Gebetsanliegen der Gemeinde erfragen und in die gemeinsame Fürbitte mit aufnehmen,
Gebet für Kranke, Einsame, Traurige, Verstorbene, für die Kinder und Jugendlichen der Gemeinde und im Land, für die Ökumene, für den Frieden im Kleinen und im Großen, um Nächstenliebe, um Bewahrung der Schöpfung.)

Psalmvorschlag: Psalm 116
Evangelium: Johannes 20,19–20(21–23)24–29
Lesung: Jesaja 40,26–31
Lesung: 1Petrus 1,3–9 (=Predigttext)
Liedvorschläge:
EG 111,1.9–15 (Frühmorgens, da die Sonn aufgeht)
EG 108 (Mit Freuden zart)
EG 117 (Der schöne Ostertag!)
EG 115 (Jesus lebt, mit ihm auch ich)
EG 209 (Ich möcht‘, dass einer mit mir geht)

Anzeige: Wer's glaubt ... Meine Seligpreisungen. Von Beatrice von Weizsäcker

Die Pastoralblätter im Abo

Gottesdienste komplett und fundiert vorbereiten.

Zum Kennenlernen: 2 Ausgaben gratis

Jetzt gratis testen