„Wir können nicht unter dem Turm hindurchgehen!“ Die beiden fünfjährigen Kinder Mia und Amira stehen unglücklich vor mir. Rasch werfe ich einen Blick auf den Kletterturm. Der Turm steht auf seinen vier hohen Holzbalken. Der untere Teil – als Durchgang gedacht – ist vollkommen frei. Kein Trupp Sechsjähriger hat sich im Ritterspiel darunter verschanzt, nicht einmal ein falsch abgestelltes Fahrzeug kann ich entdecken. Alles ist frei. „Wieso könnt ihr nicht unter dem Turm hindurchgehen?“, frage ich etwas ungeduldig. „Es geht nicht!“, sagt Amira unglücklich. „Der Weg ist versperrt“, ruft Mia. Beide schauen mich verunsichert an und so blicke ich noch einmal zu dem Turm hinüber. Ich verstehe das nicht!
Niemand spielt dort unter dem Turm, nur Nelli gräbt ungefähr zwei Meter entfernt davon im Rindenmulch. Nelli ist erst vier Jahre alt. Manchmal würde sie gern mit Amira und Mia spielen, doch die beiden lassen sie nicht – mit der Begründung, sie sei zu klein. Versunken gräbt sie mit ihrer Schaufel im Rindenmulch.
„Also jetzt geht mal los und marschiert unter dem Turm hindurch!“, fordere ich Amira und Mia auf. „Ich schaue euch zu!“ Sie zögern. „Also los!“, sage ich und die beiden setzen sich langsam in Bewegung. Als sie näherkommen, steht Nelli auf und streckt ihre Arme in Richtung des Turms. Amira und Mia bleiben stehen. Nellis gesamter Körper ist gespannt, ihre Haare stehen in wirren Locken vom Kopf.
„Hex, hex“, ruft Nelli mit lauter Stimme.
„Der Durchgang ist zu!“ Entsetzt starren Amira und Mia auf den Turm. „Zu!“, schreit Nelli. „Zu und verhext!“ Resigniert drehen sich Amira und Mia um. Triumphierend starrt Nelli die beiden an und ich könnte schwören, sie hat ihnen noch einen Blitz hinterhergeschleudert. Amira und Mia kommen zurück. „Ich habe es doch gesagt“, flüstert mir Amira zu. „Siehst du, der Turm ist zu!“
„Ja dann“, sage ich und zucke mit den Schultern. „Dann ist das wohl so!“ „Aber hört mal, ihr beiden: Wie wäre es, wenn ihr Nelli ab und zu mitspielen lasst? Ich glaube, sie wäre eine starke Mitspielerin!“