Willkommen im Zentrum!Plätschernder Überfluss – geweitetes Herz

Stadt der Brunnen: Das Wasser, das hier fließt, ist für alle da. Papst Leo XIV. macht deutlich, warum die katholische Kirche Rom braucht.

Ein Kran lässt den neuen Brunnen für Sant'Anselmo herab.
Ein Kran lässt den neuen Brunnen für Sant'Anselmo herab.© Sant'Anselmo

Über die römischen Brunnen ist schon viel Schönes gesagt und geschrieben worden. Viele Fontane haben klingende Namen – Trevi, Tritone, Tartarughe – manche sind weltberühmt. Sie bieten Durststillung, Kühlung und ein beruhigendes Plätschern, dazu sichtbaren und buchstäblichen Überfluss. Die Brunnen sind ein Teil des römischen Gesamtkunstwerkes.

Auch bei den Benediktinern auf dem Aventin steht seit ein paar Wochen an alter Stelle wieder ein Brunnen, neu angefertigt, und doch mit einer diskreten Selbstverständlichkeit, als sei er schon immer da gewesen.

Vor ein paar Wochen war Papst Leo XIV. hier auf dem Aventin. In seiner Predigt nutzte er das Prophetenbild vom Fluss, der im Tempel entspringt und die ganze Welt benetzt. Er wandte es auf Sant'Anselmo an, das internationale Zentrum der Bendiktiner in Rom, das er außerdem auch noch mit einem Herz für die weltweite monastische Familie verglich. Das waren schöne Bilder, biblisch begründet, anregend und ermutigend.

Sie markieren aber auch eine behutsame Akzentverschiebung. Der verstorbene Papst Franziskus betonte ja vom ersten Moment seines Pontifikates an den Gegensatz von Peripherie und Zentrale. Der Zentrale begegnete er mit einigem Misstrauen. Er wollte Gewichtungen verschieben. Man sah das an seinen Reisen, an den Kardinalsernennungen und auch an dem scharfen, manchmal fast übellaunigen Tonfall, mit dem er sich von Zeit zu Zeit über die römische Kurie äußerte.

Das war ein willkommener Hinweis darauf, dass der Wesenskern des christlichen Glaubens dort umgesetzt wird, wo das Evangelium “bis an die Enden der Erde” verkündet wird, und nicht im römischen Hauptquartier.

Im Blick auf die Mitarbeitermotivation war es allerdings nicht immer ergiebig, was man in römischen Hinterzimmern und vatikanischen Büros gelegentlich spüren konnte. Papst Leo XIV. scheint das nun neu auszutarieren. Zu diesem Ausgleich ist er durch seine Biografie prädestiniert – als langjähriger Bischof in Peru und als Leiter einer wichtigen Kurienbehörde.

Die Herzmitte

Das katholische Rom ist viel mehr als der Vatikan. Kollegien und Hochschulen, Stiftungen und Institute, Konvente und Denkmäler, Stadtbräuche und Pilgertraditionen machen aus dieser Stadt ein Gebilde, in dem christliche Erfahrungen vielfältig geschichtet sind, Geschichte geworden sind und Gegenwart befruchten. Das ist manchmal verstörend rückwärts gerichtet, und gelegentlich erhebend tiefschürfend. 

Jungen Studenten, die nach Rom kommen, versuche ich das zu erklären. Vor allem die aus der Neuen Welt hoffen ja, hier am Hort der Orthodoxie angelangt zu sein. Das stimmt natürlich auch, aber vor allem sind sie an einem Ort angelangt, der – wenn alles gut geht – das Herz weitet und viele Erfahrungen aus der ganzen Welt, aus Geschichte und Gegenwart miteinander ins Gespräch bringt.  Die Weltkirche wäre ärmer, wenn sie diese Herzmitte nicht hätte.

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