Abschied vom PapstkönigPius XI., das Christkönigfest und die christliche Archäologie

Vor 100 Jahren führte Pius XI. das Christkönigsfest ein und gründete ein Institut für Christliche Archäologie. Was das eine mit dem anderen zu tun hat.

Pius XI. mit seinem Privatsekretär Carlo Confalonieri, um 1920
Pius XI. mit seinem Privatsekretär Carlo Confalonieri, um 1920© Alberto Felici, Public domain, via Wikimedia Commons

Vor hundert Jahren, am 11. Dezember 1925, unterschrieb Papst Pius XI zwei Dokumente mit Wirkung bis heute: Er führte mit der Enzyklika "Quas primas" das Christkönigsfest ein und gründete mit dem Motu Proprio "I primitivi cemeteri" ("Die ersten Friedhöfe") das Päpstliche Institut für Christliche Archäologie, das nun sein hundertjähriges Jubiläum feiert.

Merkwürdigerweise ist dieses Zusammentreffen der beiden Entscheidungen des Ratti-Papstes nie beachtet worden. Vielleicht hielt man es für einen Zufall, dass in derselben Unterschriftenmappe zwei Schreiben ganz unterschiedlicher Bedeutung lagen: das eine über die Erweiterung des universalkirchlichen Festkalenders und das andere über die Einrichtung einer römischen Lehranstalt. Aber im Gesamtkontext des Pontifikats Pius' XI. gibt es doch Zusammenhänge.

Achille Ratti ist ein unterschätzter Papst, was seine Kultur, seine Willenskraft und seine praktische Intelligenz betrifft. Von 1922 bis 1939 im Amt, führt er den Vatikan aus seiner größten Krise der Moderne heraus, verursacht durch den Kollaps des Kirchenstaates im italienischen Risorgimento, der mit einem massiven Bedeutungsverlust der Kirche einherging.

Nach dem Desaster des Ersten Weltkriegs findet Pius XI. mit seiner Christkönigs-Enzyklika "Quas primas" dann gerade noch den Notausgang: Allein Christus ist König!

Für Pius XI. war klar, dass der alte Kirchenstaat nach einem Jahrtausend endgültig passé war. In den Geschichtsbüchern wird dieses päpstliche Dominium über Mittelitalien gern auf Karl den Großen und damit, je nach Lesart, auf die Franzosen oder die "Teutschen" zurückgeführt. Die Päpste sahen das sicher nicht so, aber "italienisch" wollten sie eben auch nicht sein. Wie auch immer, es war ein letztes Aufbäumen gegen das Unvermeidliche, als die katholischen Pilger aus Solidarität mit dem "gefangenen" Leo XIII. noch frenetisch "Evviva il papa ré" – Es lebe der Papstkönig! - skandierten.

Nach dem Desaster des Ersten Weltkriegs findet Pius XI. mit seiner Christkönigs-Enzyklika "Quas primas" dann gerade noch den Notausgang: Allein Christus ist König! Das richtet sich nicht nur gegen den italienischen König Viktor Emmanuel III. und seinen kleinen Duce, sondern damit darf auch gesichtswahrend der "Papstkönig" weggepackt werden. Was in der Epoche der Diktaturen dem katholischen Volk aus der Seele sprach, allein Christ-König Gefolgschaft zu schwören, das war doch auch ein Abgang des Papstes vom hohen Thron seines weltlichen Königtums und damit ein vorsichtiger Schritt in Richtung der Lateranverträge vom 11. Februar 1929, die aus dem Papstkönig einen Mikro-Monarchen des Vatikanstaats machen.

Die Kirche will wieder Einfluss nehmen

Die Einführung des Christkönigsfestes hat eine deutliche Spitze gegen das Risorgimento, den Laizismus und die Freimaurerei. Papst und Kirche sind seit 1870 aus der Öffentlichkeit verdrängt worden. Der Papst sieht sich als Gefangener, Fronleichnamsprozessionen und katholische Manifestationen jeder Art sind untersagt, die katholische Presse führt ein Eigenleben. Pius besteht in seiner Enzyklika darauf, dass die Kirche das Recht habe, auf die Gesellschaft und ihre Gesetze Einfluss zu nehmen und sowohl das private als auch das öffentliche Leben zu prägen.

Die Archäologie gilt genauso in kirchlichen wie in weltlichen Kreisen seit Bosio, Winkelmann und Fea als eine anerkannte Disziplin. Auf diesem Feld darf sich auch die Kirche als modern erweisen.

Und nun das Päpstliche Institut für Christliche Archäologie! Es gehört zunächst einmal in die Erneuerungsbemühungen des Papstes auf akademischem Gebiet. Die alten päpstlichen Akademien, die zweifellos ehrwürdig und verdient waren und erstaunlicherweise auch im säkularen Italien erhalten blieben (etwa die Lincei), sind doch eher Clubs ergrauter Benemeriti. Was Pius mit dem neuen Institut vorschwebt, ist eine moderne Forschungs- und Unterrichtseinrichtung, ausgestattet mit allen technischen Mitteln. Die Archäologie gilt genauso in kirchlichen wie in weltlichen Kreisen seit Bosio, Winckelmann und Fea als eine anerkannte Disziplin. Auf diesem Feld darf sich auch die Kirche als modern erweisen.

Das Bekenntnis der Märtyrer und die Weltmission

Aber auch inhaltlich passt ein solches Institut in die Absichten Pius' XI. In seiner Enzyklika zum Christkönigsfest betont er das Christusbekenntnis, das in der frühen Kirche mit Mission und Martyrium einhergeht. Das Bekenntnis der Täuflinge "Christus ist Kýrios – der Herr!" gleicht dem Bekenntnis zum Christus-König. Das Banner Christi wird in die ganze damalige Welt getragen. Mit Kaiser Konstantin gelingt dann der Durchbruch in die Öffentlichkeit. Das Christentum wird kulturprägend.

Das Päpstliche Institut für Christliche Archäologe erforscht genau diesen Zeitraum von den Anfängen bis zum 5./6. Jahrhundert, als das Christentum – vereinfacht gesagt – Kultur wird.

Zugleich lässt Pius XI. die großen Missionsbemühungen der Gegenwart auf den außereuropäischen Kontinenten in der Weltmissionsausstellung des Heiligen Jahres 1925 im Vatikan feiern. Diese überwältigende Heerschau katholischer Expansion, oftmals getragen von den Ordensgemeinschaften, erinnert an die erste Mission der Apostel von Jerusalem bis an die Grenzen der Erde.

Das Päpstliche Institut für Christliche Archäologe erforscht genau diesen Zeitraum von den Anfängen bis zum 5./6. Jahrhundert, als das Christentum – vereinfacht gesagt – Kultur wird. Zeit und Raum, Gesellschaft und Öffentlichkeit sind nun erstmals ganz christlich geprägt. Pius XI. will wissen, wie dies gelingen konnte, um daraus Lehren für die Gegenwart zu ziehen. Er will diesen Idealzustand nicht nur archäologisch erforschen lassen, sondern auch in seiner Zeit erneuert sehen.

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