Verzeihung, wenn ich so mit der Frage hereinplatze, aber können wir mal über das Älterwerden in unserem Job sprechen? Wir reden immer nur von Einarbeitung und dem sogenannten Onboarding, aber wie sieht es denn eigentlich mit dem Offboarding aus?
Wenn ich inzwischen Bewerbungen sichte (wisst ihr noch, damals, als man noch Stellen ausgeschrieben hat und sich tatsächlich mehr als zwei Personen gemeldet haben?), dann lese ich Jahrgänge um die 2008 und frage mich, ob die jetzt einen Kita-Platz für sich suchen. Dann merke ich wieder, dass sich offenbar nicht nur die Kinder entwickeln und „sooo groß werden“.
Ich bin jetzt 38 und würde sagen, ich stehe mitten im Leben und sitze im Job fest im Sattel. Es kommen ständig neue Herausforderungen, aber ich weiß auch, wie der Hase läuft. Dennoch lerne ich von meiner Kollegin, die gerade mit der Ausbildung durch ist, was das Jugendwort des Jahres eigentlich bedeutet. Denn ich habe keinen blassen Schimmer.
Als ich angefangen habe, als Erzieherin zu arbeiten, brauchte ich den Computer in der Kita, um gelegentlich ein Mandala auszudrucken und um meine Beobachtungen in eine Lerngeschichte zu verwandeln. Heute gibt es digitale Gruppenbücher, ich buche meine Zeiten an einem elend lauten Terminal im Flur und mache Pflichtschulungen zu Compliance und Informationssicherheit.
In meiner Fachwirtausbildung fiel in einer Diskussion der Begriff „alte Hasen“ und es gab vehementen Einspruch: Denn wir sprechen bitte von Erfahrungsexpert:innen. Ich gebe zu, ich fand es zunächst überzogen, aber das ist mehr als nur eine nette Umformulierung. Es ist eine Aufwertung, die den Nagel auf den Kopf trifft. Ein:e Erfahrungsexpert:in ist eine Person, die nicht einfach nur viele Jahre hinter sich hat, sie hat sie aktiv genutzt. Sie hat unzählige Konflikte geschlichtet, Tränen getrocknet und weiß genau, wann ein Kind nur Nähe braucht und wann es wirklich Fieber hat.
Sie ist das wandelnde Archiv an pädagogischen Kniffen, die Erste-Hilfe-Anleitung für unerwartete Situationen und oft der ruhende Pol in einem wuseligen Alltag. Ihr Wissen ist nicht in Büchern zu finden, sondern in unzähligen, gelebten Momenten verankert. Sie ist der menschliche Google-Maps-Dienst für pädagogische Sackgassen, das ChatGPT in einem schwierigen Elterngespräch und das unerschöpfliche Pinterest, wenn es darum geht, das Laternenfest während eines Wolkenbruchs zu retten. Also verabschieden wir uns mit einem Augenzwinkern vom „alten Hasen“ – möge er in Frieden auf grünen Wiesen der Erinnerung hoppeln. Heißen wir stattdessen unsere Erfahrungsexpert:innen willkommen, denn sie sind das lebendige, unschätzbare Kapital, das das Team mit einem kaum sichtbaren Nicken durch die großen und kleinen Krisen trägt. Ihr Wissen ist Gold wert, und ihr Erfahrungsschatz ist nicht „alt“, sondern schlichtweg unbezahlbar. Plus-50-Aura einfach!