Eine 1500 Jahre alte, hölzerne Rentierfanganlage vom Eis freigegeben

Auf dem Aurlandsfjellet, einem Gebirgspass und Plateau in Sogn, Norwegen, haben Archäologen 1400 Meter über dem Meeresspiegel im zurückgehenden Eis hunderte behauene Baumstämme gefunden – die Überreste einer großen Rentierfanganlage.

Person in blauer Jacke steht auf einer schneebedeckten Fläche zwischen zwei hölzernen Strukturen aus Ästen und Zweigen auf felsigem Gelände.
Als die Archäologen die Anlage im Herbst 2025 untersuchten, war im Vergleich zu 2024 noch mehr Material vom Eis freigelegt. Weitere Teile davon waren jedoch noch immer von Eis bedeckt.© Thomas Bruen Olsen, Universitätsmuseum, UiB

Der am besten erhaltene Teil der Anlage, die erstmals 2024 entdeckt wurde, besteht aus zwei Holzzäunen. Durch diese wurden die Rentiere in ein aus massiven Baumstämmen errichtetes Gehege getrieben und dort getötet. „Dies ist das erste Mal, dass eine aus Holz gefertigte Massenfanganlage in Norwegen aus dem Eis freigelegt wurde. Die Anlage ist wahrscheinlich auch im europäischen Kontext einzigartig“, sagt der Archäologe Øystein Skår von der Vestland County Municipality.

Im Zusammenhang mit der Ausgrabungsstätte haben Archäologen auch eine große Anzahl sehr gut erhaltener Rentiergeweihe entdeckt. „Dieser Befund bestätigt, dass die Anlage für die Massenjagd genutzt wurde. Alle Geweihe weisen Markierungen auf, die uns einen tieferen Einblick in die Jagdaktivitäten selbst ermöglichen“, fährt Skår fort. 

Langes, flaches Holzbrett mit feinen Ritzzeichnungen
Warum die Jäger verzierte Ruder so hoch in die Berge brachten, ist für Archäologen noch immer ein Rätsel. © Thomas Bruen Olsen, Universitätsmuseum, UiB
Rund um die Fundstätte wurden zahlreiche weitere gut erhaltene Objekte entdeckt, die Aufschluss über den Ablauf der Jagd geben. „Die überraschendste Entdeckung sind jedoch ein oder mehrere Ruder mit kunstvollen Verzierungen. Wozu diese verwendet wurden und warum sie vor 1500 Jahren mit in die Berge genommen wurden, ist nach wie vor ein Rätsel", erzählt Skår. 

Zu den Funden zählen auch andere Objekte, die mit der Jagd in Verbindung gebracht werden können, darunter mehrere eiserne Speerspitzen, hölzerne Speer- und Pfeilschäfte sowie Teile von Bögen. Zudem konnte bereits eine Geweihbrosche gefunden werden, die wahrscheinlich von einem Jäger während der Jagd verloren wurde.

Ein einzigartiger Erhaltungszustand

Die Massenfanganlage auf Aurlandsfjellet ist sehr gut erhalten. Der Grund für den einzigartigen Erhaltungszustand liegt darin, dass die Anlage zu Beginn einer Kälteperiode um die Mitte des 6. Jahrhunderts in Betrieb war.

Rentiergeweihe liegenaufgereiht auf dunklem, felsigem Boden
Die zahlreichen Rentiergeweihe, die Archäologen an der Ausgrabungsstätte gefunden haben, deuten darauf hin, dass hier eine groß angelegte Rentierjagd stattfand. © Leif Inge Åstveit, Universitätsmuseum, UiB
Aufgrund der kälteren Temperaturen war die Anlage ganzjährig von Schnee bedeckt und vermutlich weder nutzbar noch zur Jagd geeignet. Nach und nach wurde sie vom Eis eingeschlossen. Die sehr gut erhaltenen Geweihe deuten laut Skår darauf hin, dass dies kurz nach der Inbetriebnahme der Anlage geschehen sein muss.

Über 1500 Jahre lang genossen diese Objekte optimale Erhaltungsbedingungen tief im Eis. Es war kalt, dunkel und relativ feucht. Nun treten sie aufgrund des wärmeren Klimas wieder aus dem Eis hervor.

Meldung Vestland County Municipality

 
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