Unter den christlichen Heiligtümern am Nil, die wie auf einer Perlenkette aufgereiht Ägypten von Nord nach Süd durchziehen, liegen viele den Legenden nach auf der Route, die einst die heilige Familie auf der Flucht vor Herodes zurückgelegt haben soll. Historisch ist dies nicht belegbar – am zeitnächsten zu diesem Geschehen steht eine Passage im Evangelium nach Matthäus (2,13–19), ansonsten berichten nur sehr viel spätere Geschichten davon. Dennoch ist diese Reise der Heiligen Familie für die ägyptische Kirche eine zentrale Glaubensbasis.
Die Flucht nach Ägypten
13 Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des HERRN dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägyptenland und bleib allda, bis ich dir sage; denn es ist vorhanden, daß Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen.
14 Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland.
15 Und blieb allda bis nach dem Tod des Herodes, auf daß erfüllet würde, was der HERR durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“
Der Kindermord des Herodes
16 Da Herodes nun sah, daß er von den Weisen betrogen war, ward er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Kinder zu Bethlehem töten und an seinen ganzen Grenzen, die da zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernt hatte.
17 Da ist erfüllt, was gesagt ist von dem Propheten Jeremia, der da spricht: 18 „Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört, viel Klagens, Weinens und Heulens; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.“ (1. Mose 35.19)
Die Rückkehr aus Ägypten
19 Da aber Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des HERRN dem Joseph im Traum in Ägyptenland
Danach gefragt, warum Ägypten ein so besonderes und anziehendes Land sei, antwortete Bischof Damian aus dem koptischen Kloster in Höxter-Brenkhausen einmal: «Weil die Heilige Familie dort war.» Unter diesen Orten ist der bekannteste Deir el-Durunka, etwa 10 km südwestlich der Bezirkshauptstadt Assiut, dem Lykopolis der spätantik-christlichen Zeit, gelegen. Unter den dort ansässigen Klöstern und christlichen heiligen Stätten ist das Kloster Deir al-Adra, das Kloster der Jungfrau Maria mit der großen Höhle, das berühmteste. Jährlich im August machen sich Autokolonnen mit hunderttausenden Pilgern auf, die am großen Fest zu Ehren der Jungfrau Maria teilhaben wollen. Es erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Wochen! Immer wieder soll es hier, aber auch an anderen Orten des Landes, zu Marienerscheinungen kommen.
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