Römische Urbanisierung schadete der Gesundheit

Eine aktuelle Untersuchung der University of Reading legt nahe, dass die zunehmende Urbanisierung während der römischen Besatzung Britanniens erhebliche gesundheitliche Belastungen für Stadtbewohner mit sich brachte. Die Analyse von Skelettresten aus England zeigt: Während sich der allgemeine Gesundheitszustand in ländlichen Regionen kaum veränderte, verschlechterte er sich in den städtischen Zentren deutlich.

Mehrere Nahaufnahmen von menschlichen Knochen und Zähnen mit Pfeilen, die auf spezifische Merkmale oder Schäden hinweisen. Abbildung a zeigt zwei lange Knochen mit Pfeilen an den unteren Enden. Abbildung b ist eine Röntgenaufnahme eines Zahns mit einem Pfeil, der auf die Wurzelspitze zeigt. Abbildung c zeigt ein Stück eines Knochens mit zwei Pfeilen, die auf Vertiefungen oder Löcher hinweisen. Abbildung d zeigt einen langen Knochen mit einem Pfeil, der auf eine schmale, längliche Vertiefung zeigt. Abbildung e zeigt eine Nahaufnahme eines Knochens mit einem Pfeil, der auf eine kleine Öffnung oder ein Loch zeigt. Abbildung f zeigt mehrere Zähne mit Pfeilen, die auf die Zahnzwischenräume oder Zahnfleischränder hinweisen. Alle Abbildungen enthalten Maßstäbe zur Größenorientierung.
© Antiquity Publications Ltd, Rebecca Pitt

Die römische Eroberung Britanniens im Jahr 43 n. Chr. brachte tiefgreifende soziale und kulturelle Umwälzungen. Zwar sahen sich die Römer selbst als Überbringer von „Zivilisation“, doch die Ausbreitung römischer Städte führte zu neuen Krankheiten, sozialer Ungleichheit und eingeschränktem Zugang zu Ressourcen. Diese Faktoren wirkten sich langfristig negativ auf die Bevölkerungsgesundheit aus.

Über die Gesundheit in der vorausgehenden Eisenzeit war bislang wenig bekannt. Ein Grund dafür ist die Bestattungspraxis jener Zeit: „Die Menschen glaubten offenbar, dass eine Zerstückelung des Körpers notwendig war, um die Seele ins Jenseits zu entlassen“, erklärt Studienautorin Rebecca Pitt. „Das erschwert die archäologische Analyse, weil vollständige Skelette selten sind.“

Eine Ausnahme bilden Säuglinge, die in der Eisenzeit meist unversehrt beigesetzt wurden. Pitt nutzte diese Funde, um mithilfe der sogenannten DOHaD-Hypothese („Developmental Origins of Health and Disease“) langfristige Gesundheitsfolgen zu untersuchen. Diese geht davon aus, dass frühkindliche Erfahrungen – etwa Krankheit, Mangelernährung oder Stress – bleibende, teils vererbbare Auswirkungen auf die Gesundheit haben können.

Anhand von 646 Skeletten – 372 von Nicht-Erwachsenen und 274 von erwachsenen Frauen – aus Fundstellen in Süd- und Mittelengland verglich Pitt die Gesundheitsindikatoren dreier Gruppen: Menschen der Eisenzeit, ländliche Bevölkerung zur Römerzeit und städtische Bevölkerung zur Römerzeit. Die Auswertung ergab, dass sich die Gesundheit insbesondere in römisch-urbanen Kontexten deutlich verschlechterte. In ländlichen Regionen hingegen blieben die Werte weitgehend stabil.

Als Ursachen nennt Pitt die Überbevölkerung, mangelhafte Hygiene, schlechte Luftqualität und die Belastung durch Blei, das in römerzeitlichen Städten allgegenwärtig war. Diese Faktoren hätten nachhaltige Gesundheitsschäden verursacht – vor allem bei Frauen und Kindern.

Auffällig sei, dass ländliche Gemeinschaften offenbar viele Traditionen der Eisenzeit beibehielten und somit weniger stark unter den sozialen und ökologischen Folgen der römischen Herrschaft litten. Das widerspricht der verbreiteten Ansicht, die römische Verwaltung habe einen vollständigen kulturellen Bruch herbeigeführt.

Pitt zieht eine Parallele zur Gegenwart: „Kinder wachsen heute in einer zunehmend verschmutzten Welt auf, und viele Familien stehen unter wirtschaftlichem Druck. Wie in der Antike können solche Umwelt- und Lebensbedingungen bleibende Spuren in Gesundheit und Wohlbefinden hinterlassen – möglicherweise über Generationen hinweg.“

Meldung Antiquity

Originalpublikation:

Pitt R. Assessing the impact of Roman occupation on England through the Developmental Origins of Health and Disease (DOHaD) hypothesis. Antiquity. Published online 2025:1-18. doi:10.15184/aqy.2025.10263

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