Neue Forschungen zum Nonnenkloster im Piepenbachtal: eine exklusive Luftheizung

Auf dem Gelände des LWL-Landesmuseums für Klosterkultur in Lichtenau-Dalheim (Kreis Paderborn) haben Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) eine sogenannte Steinspeicher-Luftheizung aus dem 15. Jahrhundert gefunden. "Das ist ein für diese Zeit technisch wie handwerklich anspruchsvolles System", so LWL-Archäologe Wolfram Essling-Wintzer. Daneben stießen die Forschenden auch auf Gräber und Teile eines Kreuzgangs. Die LWL-Archäologie für Westfalen hatte im Juli 2024 eine Forschungsgrabung begonnen. Gegenstand des Interesses ist nicht das heutige Museum und frühere, ab 1452 von den Augustiner-Chorherren errichtete Kloster am Südhang des Piepenbachtals. Vielmehr geht es um das noch ältere Nonnenkloster im Tal.

Blick auf die Luftheizung.
Blick auf die Luftheizung. Teile der Gerölle des Steinspeichers wurden entnommen, die Störung bis auf die Sohle des Feuerungskanals ist durch den Abbruch im 15. Jahrhundert entstanden.© LWL/Peter Hessel

Die Entwicklung des Klosterstandortes

Das im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert gegründete Nonnenkloster wurde 1369 im Zuge einer Fehde zerstört und taucht nach 1384 nicht mehr in der archivalischen Überlieferung auf. Erst 1429 kamen Mönche vom Kloster Böddeken (Stadt Büren), richteten die alten, verfallenen Bauten des Nonnenklosters provisorisch wieder her und machten eine Grangie, einen Wirtschaftshof, daraus. Ab 1452 erbauten sie dann ein ganz neues Kloster am Südhang des Piepenbachtals. Die alten Gebäude des ehemaligen Nonnenklosters wurden aufgelassen, verfielen und wurden spätestens im Zuge der barockzeitlichen Neugestaltung einplaniert.

Wie die Archäologen jetzt aber feststellen konnten, liegen die Grundmauern dieser Klausur bis heute wohlbehalten unter der Erde. Lediglich die südlichen Teile wurden beim Aushub eines Fischteiches Anfang des 18. Jahrhunderts abgegraben. "Die wechselhafte Geschichte dieses Ortes zeigt sich in einer Vielzahl von Baustrukturen - manchmal schwierig zu interpretieren", meint Wolfram Essling-Wintzer, wissenschaftlicher Referent am Fachreferat für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen.

Sicher sind sich die Fachleute jedoch bei einem ganz besonderen Befund: eine gut erhaltene Steinspeicher-Luftheizung. "Sie ist erst das vierte sicher in Westfalen nachgewiesene Exemplar, dürfte aber nach 1429 von den Böddeker Mönchen gebaut worden sein", so Essling-Wintzer. Im benachbarten Kellerraum, der dem Heizer zur Befeuerung der Luftheizung diente, wurden beim Abbruch die Reste eines Kachelofens entsorgt.

Vom alten Nonnenkloster wurden bislang Teile eines Kreuzgangflügels entdeckt, der nachträglich an ein älteres Gebäude angebaut wurde. Hier handelt es sich mutmaßlich um ein Bauwerk, das vorher vielleicht vom örtlichen Adelsgeschlecht bewohnt und dann den Nonnen zur Gründung ihres Klosters überlassen wurde. Wie bei Klöstern üblich, wurden auch Gräber erfasst, von denen einige sicher dem Nonnenkloster zugewiesen werden können.

Mittelalterlichen Frauenklöstern auf der Spur

Um die Erforschung dieser Gräber kümmert sich Prof. Alison Beach von der University of St. Andrews, Schottland, die derzeit einen Lehrauftrag an der Universität Bonn wahrnimmt. Mit ihrem Team aus Historiker, Osteologen, biomedizinischen Ingenieure, Orthopäden und Experten für forensische Bildgebung erforscht sie europaweit mittelalterliche Frauenklöster.

Hintergrund: Heizung im Mittelalter

Heute sind Heizungen in allen Räumen so selbstverständlich wie fließendes Wasser aus dem Hahn oder Strom aus der Steckdose. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein hat es aber auch in Deutschland noch viele Haushalte gegeben, in denen lediglich ein Raum - zumeist die Küche - beheizt waren. Essling-Wintzer: "Dass Heizungen gerade im Mittelalter regelrechter Luxus waren, kann man sich vor diesem Hintergrund gut vorstellen. Welchen hohen technischen Stand die mittelalterlichen Heizungsanlagen bereits erreichen konnten, zeigt der neue Fund in Dalheim."

Eine Steinspeicher-Luftheizung gleicht einem großen Kaminofen, dessen Wärme auch nach dem Erlöschen des Feuers zum Beheizen der höher liegenden Innenräume genutzt wurde. Zentrales Bauelement einer solchen Anlage ist ein Feuerungskanal, der im Falle der neu entdeckten Dalheimer Anlage mit freistehenden Gewölberippen aus feuerfesten Mauerziegeln überspannt wurde. Auf diesen lastete ein Wärmespeicher, der durch teils zentnerschwere Flussgerölle gebildet wurde.

Schematische Darstellung zur Funktionsweise einer Warmluftheizung.
Schematische Darstellung zur Funktionsweise einer Warmluftheizung am Beispiel des Exemplars aus dem Arnsberger Kloster Wedinghausen. Hier fehlten allerdings die Backsteinbögen als Auflager für die Gerölle. LWL/Ulrich Haarlammert
Darüber liegt der mit verschließbaren Öffnungen versehene Fußboden. Frischluft wird nach dem Erlöschen des Feuers und Abzug der Rauchgase eingelassen, erwärmt sich und strömt durch die Zugwirkung in den Raum über der Warmluftheizung. Auf diese Weise konnte eine lang anhaltende Wärme von über 20 Grad bei Außentemperaturen nahe Null erzeugt werden.

Erste echte Luftheizungen sind seit dem 10. Jahrhundert bekannt und fanden sich ausschließlich in Königspfalzen (Quedlinburg, Werla und Pöhlde). Auch technisch weiterentwickelte Anlagen sind im 12. Jahrhundert nur für Bauten des Hochadels (Kaiserpfalz Goslar, Königsburg Dankwarderode) und wenige Klöster (Altzella, Hersfeld, Maulbronn, Pforte, Zwettl, Arnsberg) belegt.

Besichtigungen und öffentliche Führungen für Interessierte
Die Grabung wird noch bis Ende Oktober laufen. Besichtigungen sind im Rahmen eines Besuchs des LWL-Landesmuseums für Klosterkultur möglich. Führungen werden am 30. und 31. August zwischen 11 Uhr und 17 Uhr anlässlich des Dalheimer Klostermarkts angeboten.

Meldung LWL

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