Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Timothy Bromage (New York University) und mit Beteiligung des Senckenberg Forschungsinstituts Frankfurt hat im Fachjournal Nature eine Studie vorgestellt. Das Team entwickelte eine Methode, mit der selbst kleinste Spuren von Stoffwechselprodukten – sogenannte Metaboliten – aus fossilen Knochen und Zähnen gewonnen werden können. Diese winzigen chemischen Verbindungen wirken wie molekulare Archive und geben Aufschluss über Klima, Ernährung und Landschaften zur Zeit ihrer Entstehung.
Molekulare Spurensuche in Afrikas Fossilien
Die Forscher untersuchten Tierfossilien aus bedeutenden Fundstellen der frühen Menschheitsgeschichte: aus der Olduvai-Schlucht in Tansania, den Chiwondo Beds in Malawi und der südafrikanischen Höhle von Makapansgat. Dabei standen Arten wie Nagetiere, Schweine, Elefanten und Antilopen im Fokus. Ziel war es herauszufinden, ob in ihren Zähnen und Knochen nach Millionen von Jahren noch Reste einstiger Stoffwechselprozesse erhalten sind.
In fossilen Hartgeweben gespeicherte Stoffwechselprodukte erlauben die Rekonstruktion urzeitlicher Umweltbedingungen. Hier ein Knochenfragment einer Antilope aus dem Höhlenfundort Makapansgat in Südafrika.
© Timothy Bromage, Bin Hu
„Wir konnten zeigen, dass bestimmte Moleküle während der Bildung von Knochen und Zähnen eingeschlossen und über geologische Zeiträume konserviert werden“, erklärt Bromage. Diese Metaboliten stammen sowohl aus dem Körper der Tiere als auch aus ihrer Umwelt und eröffnen so neue Perspektiven auf vergangene Lebensräume.
Ein Blick in die Urzeitlandschaften
Die chemischen Signaturen aus der Olduvai-Schlucht deuten auf ein wärmeres und feuchteres Klima hin als heute – mit Wäldern, Grasflächen und zahlreichen Süßwasserquellen. Ähnliche Befunde aus Malawi und Südafrika bestätigen, dass die Region einst deutlich feuchter war. So unterstützen die Ergebnisse frühere Rekonstruktionen und ergänzen sie um Details zu Vegetation, Böden und Niederschlagsmustern.
Doch die winzigen Moleküle erzählen noch mehr. Einige von ihnen weisen auf Entzündungen oder Infektionen bei den untersuchten Tieren hin. Sogar Spuren eines Erregers, der heute die afrikanische Schlafkrankheit verursacht, wurden entdeckt. „Damit können wir nicht nur das Landschaftsbild, sondern auch Krankheitsrisiken früher Ökosysteme erfassen“, erklärt Prof. Dr. Ottmar Kullmer vom Senckenberg Forschungsinstitut. Das eröffne neue Möglichkeiten, auch das gesundheitliche Umfeld früher Menschen besser zu verstehen.
Neue Wege der Rekonstruktion
Um sicherzugehen, dass die Moleküle tatsächlich aus dem Fossil und nicht aus dem umliegenden Sediment stammen, analysierte das Team auch Bodenproben und heutige Vergleichsfossilien. Die Resultate belegen: Die entscheidenden Stoffe stammen überwiegend aus dem ursprünglichen Gewebe der Tiere.
„Unsere Studie zeigt, dass sich das sogenannte Metabolomic Profiling gezielt auf sehr alte Fossilien anwenden lässt“, betont Kullmer. „Damit eröffnet sich ein ganz neuer Zugang zur Rekonstruktion früher Lebensräume, der bestehende Methoden wie Isotopenanalysen sinnvoll ergänzt.“ Für Bromage ist das erst der Anfang: „Je besser wir die Stoffwechselprofile heutiger Ökosysteme kennen, desto präziser lassen sich vergangene Welten entschlüsseln.“
Meldung Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Originalpublikation:
Publikation: Bromage, T.G., Denys, C., De Jesus, C.L. et al. Palaeometabolomes yield biological and ecological profiles at early human sites. Nature (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-025-09843-w