Stadt der sieben Schluchten: Bronzezeitliche Metropole in eurasischer Steppe entdeckt

Ein internationales Team von Archäologen der UCL, der Durham University und der Toraighyrov University (Kasachstan) hat in der kasachischen Steppe die Überreste einer riesigen bronzezeitlichen Siedlung namens Semiyarka entdeckt – eine Entdeckung, die das Verständnis des städtischen Lebens und der Metallproduktion im prähistorischen Eurasien grundlegend verändert.

Luftaufnahme einer weiten, flachen Graslandschaft mit rechteckigen und quadratischen Bodenstrukturen neben einer geraden Schotterstraße.
Drohnenaufnahme der archäologischen Stätte von Semiyarka, Blick von Südosten nach Nordwesten, aufgenommen im Juli 2018 © Peter. J. Brown

Die 140 Hektar große, weitläufige Siedlung thront über dem Irtysch-Fluss im Nordosten Kasachstans und gilt als eine der bemerkenswertesten Entdeckungen in der Steppenarchäologie seit Jahrzehnten. Semiyarka, das aufgrund seiner beherrschenden Lage über einem Netz von sieben Tälern auch als „Stadt der sieben Schluchten” bezeichnet wird, offenbart eine bisher unbekannte Form der geplanten Siedlung, die um 1600 v. Chr. im Herzen der eurasischen Graslandschaften florierte.

Anders als die verstreut liegenden Lager und kleinen Dörfer, die normalerweise mit nomadischen Steppenvölkern in Verbindung gebracht werden, war Semiyarka eine frühe Form einer Stadt. Sie verfügte über geradlinige Erdwerke, umzäunte Wohnanlagen und ein zentrales, monumentales Gebäude. Noch auffälliger ist das mutmaßliche Industriegebiet, das der Kupfer- und Zinnbronzeherstellung in einem für diese Region bisher unbekannten Ausmaß gewidmet war. Ausgrabungen und geophysikalische Untersuchungen brachten Tiegel, Schlacke und Artefakte aus Zinnbronze zum Vorschein. Damit liegt der erste eindeutige Beweis dafür vor, dass die Metallurgen der Steppe nicht nur kleine Werkstätten, sondern komplexe Produktionssysteme betrieben.

Knotenpunkt im ausgedehnten Metallnetzwerk der Bronzezeit

Die strategisch günstige Lage der Stätte auf einem Felsvorsprung, von dem aus die Bewegungen entlang des Irtysch-Flusstals kontrolliert werden konnten, lässt vermuten, dass Semiyarka nicht nur ein Produktionszentrum, sondern auch ein Handelsplatz und ein regionales Machtzentrum war. Aufgrund seiner Nähe zu bedeutenden Kupfer- und Zinnvorkommen im Altai-Gebirge könnte es ein wichtiger Knotenpunkt im ausgedehnten Metallnetzwerk der Bronzezeit gewesen sein, das Zentralasien mit dem Rest des Kontinents verband.

Die internationale Untersuchung wurde von Dr. Viktor Merz und Dr. Ilya Merz vom gemeinsamen Forschungszentrum für archäologische Studien der Toraighyrov-Universität in Pavlodar (Kasachstan) sowie von Dr. Miljana Radivojević vom Institute of Archaeology des University College London (UCL) und Professor Dan Lawrence von der Durham University geleitet.

Die Ergebnisse des Teams, die nun in der Fachzeitschrift Antiquity veröffentlicht wurden, kombinieren modernste Methoden, um die soziale und technologische Landschaft des bronzezeitlichen Kasachstans zu rekonstruieren. „Semiyarka verändert unser Verständnis von Steppengesellschaften“, sagt Dr. Radivojević. „Die Ausgrabungen dort zeigen, dass mobile Gemeinschaften in der Lage waren, dauerhafte, gut organisierte Siedlungen mit groß angelegter metallurgischer Produktion als Mittelpunkt aufzubauen und zu unterhalten. Dazu gehörte auch die Herstellung von Zinnbronze, ein Eckpfeiler der eurasischen Wirtschaft der Bronzezeit, der lange Zeit in den archäologischen Aufzeichnungen fehlte.“

MeldungAntiquity

Publikation:

A major city of the Kazakh Steppe? Investigating Semiyarka’s Bronze Age legacy - Miljana Radivojević, Dan Lawrence, Victor K. Merz, Ilya V. Merz, Elena Demidkova, Mark Woolston-Houshold, Richie Villis & Peter J. Brown. Antiquity. Volume 100 No 410 April2 026 https://doi.org/10.15184/aqy.2025.10244

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