Mysteriöse Rituale der Jungsteinzeit. Über 5000 Jahre alte Opfergruben der Salzmünder Kultur bei Gerstewitz entdeckt

Im Vorfeld des Baus der Gleichstromverbindung SuedOstLink finden archäologische Untersuchungen statt, die zu neuen Erkenntnissen zur Nutzung der Kulturlandschaft zwischen Wolmirstedt und der südlichen Landesgrenze bei Droyßig führen können. Bei Gerstewitz wurden nun Bestattungen und Opfergruben der Salzmünder Kultur (3.400 bis 3.050 v. Chr.) entdeckt.

Grabungsfoto der Opfergrube im Profil dunkel verfärbt. Opfergrube im Planum mit Knochen und Brandlehm
Gerstewitz, Opfergrube der Salzmünder Kultur mit Hundeknochen, zwei menschlichen Schädeln, Brandlehm von einem Haus und einem Hornzapfen© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Oliver Dietrich

Die Salzmünder Kultur ist eine Regionalgruppe der Trichterbecherkulturen mit Verbreitungsschwerpunkt an der mittleren und unteren Saale. Der namengebende Fundplatz der Salzmünder Kultur, eine befestigte Höhensiedlung, war bereits 1921 bei Schiepzig, einem Ortsteil von Salzmünde, entdeckt worden. Besonders auffallend ist der Bestattungsritus der Salzmünder Kultur. Neben Erdgräbern mit Hockerbestattungen in Seitenlage kommen Bestattungen unter dicken Scherbenlagen und Resten verbrannter Häuser vor. Besonders in diesen Gräbern finden sich oft Anzeichen von Gewalt. Häufig sind auch Umbettungen von Toten oder Skeletteilen belegt. Offenbar spielten sich an den Gräbern hochkomplexe Rituale ab.

Mysteriöse Opfergruben und eine Bestattung bei Gerstewitz

Im Vorfeld des Baus der künftigen Stromtrasse SuedOstLink konnten bei Gerstewitz innerhalb eines durch Gräben geschützten Areals zwölf Grubenbefunde freigelegt werden, die Reste abgebrannter Häuser und Opfergaben enthielten. Unter den Niederlegungen stechen Hundeknochen und menschliche Schädel besonders heraus. Die Gruben sind bei einem Durchmesser von 2-3 Metern 2 bis 2,50 Meter tief. Eine der Gruben enthielt zwei komplette Keramikgefäße, bei denen es sich nach Lage und Erhaltung wohl um Opfergaben handelte. In einer weiteren Grube konnten verwitterte Hundeknochen festgestellt werden, die noch im anatomischen Verband lagen. Sie weisen Spuren von Feuer auf. Ein daneben gefundener menschlicher Schädel hingegen zeigen keine Spuren von Verwitterung. Dies deutet darauf hin, dass die Gruben während längerer Ritualhandlungen offenstanden oder die Hundeknochen zunächst anderweitig gelagert wurden. Anschließend wurden die Gruben mit dem Schutt abgebrannter Häuser verfüllt. Zusätzlich wurde eine Bestattung in einer umfunktionierten Ofengrube entdeckt. Zwei Menschen, die man offenbar schon länger andernorts aufgebahrt hatte, wurden hier niedergelegt. Auch in diesem Fall deuten sich also komplexe, mehrstufige Rituale an.

 

Gerstewitz, Grabungsfoto einer Doppelbestattung in einer Ofengrube. Die zwei Skelette liegen in Hockerstellung
Gerstewitz, Doppelbestattung in einer Ofengrube. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Oliver Dietrich

 

Rituale in einer Umbruchszeit

Die Frage, warum den Ahnen und auf sie bezogenen Ritualen von den Menschen der Salzmünder Kultur so eine große Bedeutung beigemessen wurde und warum solche Rituale in hoher Zahl und Intensität durchgeführt wurden, kann nur teilweise beantwortet werden. Im späten 4. Jt. v. Chr. lässt sich an verschiedenen Indizien für Mitteleuropa eine Klimaverschlechterung ablesen. Gleichzeitig dringen die Menschen der Bernburger Kultur von Norden her in das Verbreitungsgebiet der Salzmünder Kultur ein. Im Kontext dieser Krisenphase könnten die Rituale zu verstehen sein, von denen man sich möglicherweise den Beistand der Ahnen erhoffte.

Meldung Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

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