Kajal aus der Eisenzeit im Iran nach bisher unbekanntem Rezept

Internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Tübingen entdeckt ungewöhnliches schwarzes Make-up für die Augen an Ausgrabungsstätte aus dem 7. bis 9. Jahrhundert v. Chr.

Abbildung und Zeichnung von Instrumenten zum Auftragen von Make-up sowie ein Keramikgefäß von der Fundstelle Kani Koter
Kosmetikutensilien aus der Fundstätte Kani Koter© Amelirad & Azizi (2021), Kani Koter, Iron Age cemetery from Iranian Kurdistan, Iran, 59(1), pp. 57–76, fig. 22.

Schwarzes Make-up für die Augen aus dem neunten bis siebten Jahrhundert v. Chr. im Nordwesten des heutigen Iran enthielt natürlichen Graphit und Manganoxid – anders als das weitverbreitete Kajal dieser Zeit im Mittleren Osten, das häufig auf der Basis von Blei hergestellt wurde. Die einzigartige Rezeptur für Kajal entdeckte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Silvia Amicone von der Arbeitsgruppe Archäometrie der Universität Tübingen bei der Untersuchung von Proben aus der Friedhofsfundstätte Kani Koter an der Ostgrenze des früheren Assyrischen Reichs. Das Ergebnis gibt Einblick in kosmetische Praktiken im früheren Mittleren Osten und in die materielle Kultur vom Rande des Assyrischen Reichs. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Archaeometry veröffentlicht.

Bei der Fundstätte Kani Koter handelt es sich um einen Friedhof, auf dem in der Eisenzeit Tote bestattet wurden. „Darunter sind auch Gräber der früheren Eliten mit reichen Grabbeigaben“, berichtet Dr. Shelir Amelirad von der Universität Heidelberg. Es fanden sich Gegenstände für die Körperpflege wie Spiegel und Instrumente zum Auftragen von Make-up sowie ein Keramikgefäß, das einen schwarzen Puder enthielt. Die Gegenstände wiesen Elemente eines assyrischen Stils auf. Das Forschungsteam analysierte den schwarzen Puder mit einer Reihe von wissenschaftlichen Techniken.

Lokal verfügbare Ressourcen

„Unsere Befunde offenbarten ein völlig neues Kajalrezept“, sagt Silvia Amicone. „Statt Blei oder organischen Inhaltsstoffen, wie sie typischerweise in alten Rezepturen zu finden sind, wurde hier Graphit verwendet, was gut auf der Haut haftet und ihr ein auffällig schimmernd metallisches Aussehen verliehen haben dürfte.“ In der Make-up-Mischung seien keine organischen Stoffe entdeckt worden. „Wir können heute nicht sagen, ob auf solche Zutaten bewusst verzichtet wurde, oder ob sie über die Zeit zersetzt wurden“, fügt Amicone hinzu. Der Gebrauch von schwarzem Hartmanganerz und natürlichem Graphit deute auf die kreative Verwendung von lokal verfügbaren Ressourcen aus dem mineralreichen Zagros-Gebirge hin.

„Die Entdeckung fügt unserem Wissen über den persönlichen Schmuck der Menschen und ihr Auftreten in der früheren Welt neue Details hinzu. So erfahren wir vor allem mehr über das kulturelle Leben der Eliten im Gebiet zwischen Assyrien und dem Iran“, fasst die Forscherin die Ergebnisse zusammen.

Professorin Dr. Dr. h.c. (Dōshisha) Karla Pollmann, die Rektorin der Universität Tübingen, kommentiert die Entdeckung: „Die Analyse einer Grabbeigabe öffnet hier ein Fenster in eine frühere Welt, die unserer heutigen in überraschenden Details ähneln kann. Unsere Forscherinnen und Forscher fügen durch den Einsatz moderner naturwissenschaftlicher Methoden dem Wissen über die kulturelle Entwicklung der Menschen immer wieder neue Bausteine hinzu.“

Meldung Universität Tübingen

Originalpublikation:

Silvia Amicone, Baptiste Solard, Shelir Amelirad, Eghbal Azizi, Lara Maritan, Maxime Rageot, Chris-toph Berthold, Karen Radner: Eye makeup in Northwestern Iran at the time of the Assyrian Empire: a new kohl recipe based on manganese and graphite from Kani Koter (Iron Age III). Archaeometry, https://doi.org/10.1111/arcm.13097

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