Archäologenteam entdeckt Spuren friedlichen Zusammenlebens von Christen und Zoroastriern im Irak

Ein Team der Goethe-Universität Frankfurt ist mit neuen Erkenntnissen aus dem Nordirak zurückgekehrt. Die Forscher stießen dort auf Spuren, die auf ein friedliches Nebeneinander verschiedener Religionen vor rund 1.500 Jahren hindeuten – zwischen Anhängern des Christentums und Zoroastrismus.

Luftaufnahme eines archäologischen Ausgrabungsgeländes in einer ländlichen Gegend. Im Vordergrund sind zwei größere Ausgrabungsstellen mit sichtbaren Erdschichten und Grabungsgruben zu sehen. Im Hintergrund erstreckt sich ein Dorf mit mehreren Gebäuden, Straßen und landwirtschaftlichen Feldern. Die Landschaft ist überwiegend flach und von Feldern und vereinzelten Bäumen geprägt.
Gird-î Kazhaw in der Abenddämmerung.© Dirk Wicke

Die Ausgrabungen fanden nahe des Fundplatzes Gird-î Kazhaw im kurdischen Teil des Irak statt. Unter der Leitung von Dr. Alexander Tamm (Universität Erlangen-Nürnberg) und Prof. Dirk Wicke (Goethe-Universität Frankfurt) untersuchte das zehnköpfige Team einen Gebäudekomplex aus dem frühen 6. Jahrhundert. Zwar blieben spektakuläre Funde aus, doch die Forscher konnten neue Hinweise zur religiösen und gesellschaftlichen Struktur der Region gewinnen.

Archäologische Ausgrabungsstätte mit rechteckigem, von Erde umgebenem Bereich, der in mehrere Abschnitte unterteilt ist. Innerhalb des Bereichs sind unterschiedliche Bodenbeläge sichtbar, darunter ein zentraler rechteckiger Abschnitt mit quadratischen Ziegeln. Die Abschnitte sind mit den Bezeichnungen 'A1026', 'A1029', 'A1085', 'A1122' und 'A1137' markiert.
Raum mit Backsteinboden. Im nordöstlichem Kopfende ist ein Halbrund angedeutet © Dirk Wicke

Bei der Untersuchung eines sogenannten Pfeilerbaus legten die Archäologinnen und Archäologen Mauerreste, Lehmböden und später auch steinerne Strukturen frei. Besonders aufschlussreich war die Entdeckung zusätzlicher Steinpfeiler, die auf eine dreischiffige Anlage mit Mittelschiff in Nordwest-Südöstlicher Richtung schließen lassen, wie sie bereits in der frühchristlichen Sakralarchitektur dieser Region belegt sind. Auch ein Raum mit angedeuteter Apsis und ein Scherbenfund mit Malteserkreuz deuten auf einen sakralen Charakter hin.

Zerbrochene, zusammengesetzte Keramikfragmente mit einer rauen, rötlich-braunen Oberfläche liegen auf einem blauen Untergrund. Rechts neben den Fragmenten befindet sich ein Maßstab mit schwarzen und weißen Quadraten, der bis 20 Zentimeter reicht. Oben links ist ein beschriftetes, weißes Etikett mit handschriftlichen Notizen zu sehen. Unten links liegt eine farbige Farbskala zur Kalibrierung der Bildfarben.
Scherbe mit eingeritztem Kreuzdekor. © Dirk Wicke

Unklar ist jedoch, ob die angrenzenden Räume tatsächlich zu einem Kloster gehörten. Künftig soll untersucht werden, wie die Gebäudeteile miteinander in Verbindung standen.

Besondere Bedeutung erhält der Fund durch seine Nähe zu einer benachbarten sasanidischen Befestigungsanlage. Sollte sich herausstellen, dass beide Bauwerke zeitgleich genutzt wurden, wäre das ein Hinweis auf das Zusammenleben christlicher und zoroastrischer Gemeinschaften im 5. Jahrhundert – eine Erkenntnis, die ein neues Licht auf die religiöse Landschaft Vorderasiens wirft.

Einen weiteren zeitlichen Anker liefert ein islamischer Friedhof, der die sasanidische Befestigungsanlage überlagert. Er zeigt, dass die Region später muslimisch geprägt war. Wann genau dieser Wandel einsetzte, soll in den kommenden Forschungsphasen geklärt werden.

Die Untersuchungen in Kazhaw sind Teil eines umfassenden Projekts, das sich der Erforschung ländlicher Siedlungen in der Shahrizor-Ebene widmet. Während frühere Studien meist städtische Zentren der antiken Großreiche beleuchteten, richtet sich der Fokus nun bewusst auf das Leben auf dem Land – das Rückgrat der damaligen Gesellschaft. In der nächsten Grabungssaison wollen die Forscher mithilfe archäometrischer Methoden wie Archäobotanik, Zoologie und forensischer Anthropologie rekonstruieren, wie Menschen damals in der Region lebten und arbeiteten.

Meldung Goethe Universität Frankfurt

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