16 kg Schmuck, Waffen und Geräte aus Bronze: Ein Hortfund aus der Oberlausitz

Vergangene Woche präsentierte das Landesamt für Archäologie Sachsen einen 3000 Jahre alten Hortfund aus der Bronzezeit, der in Klein Neundorf bei Görlitz gefunden wurde. Mit über 16 kg Gesamtgewicht und mehr als 300 Objekten handelt es sich um den größten Bronzehort aus der Oberlausitz und um das zweitgrößte Fundensemble dieser Art in ganz Sachsen.

Bronzefunde wie Schmuck, Waffen und Geräte auf einem großen, runden Erdblock, untersucht unter einer Lupe mit Lichtquelle
Grabungstechnikerin Jana Rottig vom Landesamt für Archäologie Sachsen legt die Blockbergung vorsichtig frei.© Cornelia Rupp, Landesamt für Archäologie Sachsen

Der Fund wurde an einer altbekannten Fundstelle bei einer Nachsuche durch das Landesamt für Archäologie Sachsen auf Initiative des Direktors der Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur, Dr. Jasper von Richthofen, und ehrenamtlichen Metallsondengängern im August 2023 entdeckt. Die Ausgrabung des im Block geborgenen Befundes erfolgte in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Archäologie Sachsen in Dresden.

Die Fundgeschichte

Im Jahr 1900 fanden Kinder während der Kartoffelernte in Klein Neundorf bei Görlitz drei Bronzedolche. Der Wert der Fundstücke wurde nicht erkannt, und am Tag der Auffindung ging angeblich einer der ursprünglich drei Dolche wieder verloren und wurde auch nicht mehr wiedergefunden. Die zwei überlieferten Fundstücke gelangten als Ankauf im Jahr 1905 in das Görlitzer Museum, wo heute jedoch nur noch ein Dolch vorhanden ist. Der zweite Dolch ist in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren gegangen.

Da der Vater der Kinder zwei Jahre später im Görlitzer Museum ein bronzezeitliches Tüllenbeil abgab, stand die Vermutung im Raum, dass es sich hier um den ‚dritten Dolch‘ handelt und sich möglicherweise noch weitere Fundstücke im Boden befinden.
Durch einen Katalogbeitrag zu den Dolchfunden angeregt, kam der Direktor der Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur, Dr. Jasper von Richthofen, auf die Idee, gemeinsam mit dem Landesamt für Archäologie Sachsen und modernen Metallsuchgeräten eine Nachsuche an der damaligen Fundstelle vorzunehmen.

Die Nachsuche

In zeitgenössischen Niederschriften wird die Fundstelle, die noch heute landwirtschaftlich genutzt wird, gut beschrieben, so dass das fragliche Gebiet enger eingegrenzt werden konnte. Die Nachsuche startete bei heißem Sommerwetter mit mehreren ehrenamtlichen Sondengängern und Fachleuten im August 2023 nördlich der Ortslage von Klein Neundorf auf einem abgesteckten Areal. Die Suche blieb zunächst erfolglos, bis der Sondengänger Henry Herrmann seine Nachforschungen auf den westlichen Rand der eingegrenzten Untersuchungsfläche ausdehnte und dort bronzene Sichelbruchstücke fand. Das übrige Team verlagerte die Nachsuche daraufhin in diesen Bereich und es wurden weitere Fundstücke im Pflughorizont entdeckt. An einer Stelle zeigte sich, dass mehrere Bronzegenstände auch noch »in situ«, also ungestört am ursprünglichen Ort der Deponierung im Boden lagen. Dieser eng beieinander liegende Komplex wurde am nächsten Tag von ausgebildeten Grabungstechnikern des Landesamtes als Block geborgen. Bei dieser Methode wird die Fundstelle mit dem umgebenden Erdreich en bloc - also im Ganzen - geborgen, damit sie dann in der Restaurierungswerkstatt untersucht werden kann. Der Block wurde von September 2023 bis Ende April 2024 im Landesamt für Archäologie Sachsen freigelegt und dokumentiert. Zudem wurden 3D-photogram-
metrische Aufnahmen angefertigt, damit das Ensemble und die einzelnen Fundstücke in ihrer Lage zueinander für weitere wissenschaftliche Analysen jederzeit rekonstruierbar bleibt.

Die Funde

Insgesamt umfasst der Hortfund 310 Buntmetallobjekte, von denen 108 aus dem Pflughorizont und 202 aus der Blockbergung stammen. Das Ensemble setzt sich aus Geräten, Waffen, Schmuck- und Trachtgegenständen, sowie aus Gusskuchen, also Rohmetallbarren, die für die Weiterverarbeitung gedacht waren, zusammen. Den größten Teil des Fundgutes bilden mindestens 136 Sicheln und 50 Beile, aber auch Ringe unterschiedlicher Art und Gusskuchenfragmente sind zahlreich vorhanden. Besonderheiten sind ein in vier Bruchstücke gebrochenes Schwert und eine Fibel vom Typ Spindlersfeld, benannt nach einem Fundort bei Berlin. Von den vier Bruchstellen des Schwertes sind zwei Brüche nachweislich alt, so dass die Waffe in zerbrochenem Zustand deponiert wurde. Setzt man das Schwert zusammen, hat es eine Gesamtlänge von 44 cm, ist also auffallend kurz. Der Knauf bestand aus zwei Blechschalen zwischen denen eine Scheibe aus organischem Material, möglicherweise Knochen oder Elfenbein, angebracht war. Weitere Analysen werden dazu Klarheit bringen. Obwohl das Schwert typologisch ein Einzelstück ist, vermuten Fachleute eine Herkunft aus dem süddeutschen Raum.

Die Deponierung

Die Fundstücke waren in einer bis etwa 50 cm tiefen, rundlichen bis polygonalen Grube von 30 bis 35 cm Durchmesser deponiert. Die Grabungstechniker konnten bei der Bergung des Blockes einen Abdruck in der Grubenwandung erkennen, der Rückschlüsse auf die Form des verwendeten Grabwerkzeugs zulässt. Hinweise auf ein Gefäß oder Behältnis, in dem die Funde untergebracht waren, fanden sich bislang nicht. Die Lage der Objekte deutet darauf hin, dass sie einzeln oder in kleinen Gruppen in die Grube gelegt wurden. Eine nähere Untersuchung der Korrosion, die zum Nachweis einer Ummantelung/Verpackung/Hülle dient, wird noch stattfinden.
Eine offensichtliche Schichtung nach Objektgruppen konnte nicht beobachtet werden, auffällig war jedoch, dass die »besonderen« Funde, wie beispielsweise die Bruchstücke des Schwertes, vor allem am Boden der Grube lagen.

Die Datierung und vorläufige Einordnung

Die Funde datieren an das Ende der Bronzezeit in das 9. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit um 800 v. Chr. und gehören zum Horizont der ‚Lausitzer Kultur‘. Die Fundobjekte haben Entsprechungen in Süd- und Mitteldeutschland, aber auch in Polen finden sich beispielsweise vergleichbare Nadeln mit den großen Spiralknöpfen. Mit seinen 16 Kilogramm ist der Hortfund der zweitgrößte in ganz Sachsen. Zu einer Zeit, als die Herstellung von Buntmetall nicht nur technisch aufwendig war, sondern auch die Beschaffung der benötigten Rohstoffe, nämlich Zinn und Kupfer anspruchsvoll war, entzieht die Deponierung der Gesellschaft einen gewiss nicht unerheblichen Wert. Deponierungen sind in der späten Bronzezeit – wenn auch nicht in diesen Dimensionen – weit verbreitet, so dass ein zugrunde liegender Ritus wahrscheinlicher erscheint, als das bloße Verbergen von Werten in unsicheren Zeiten.

Restaurierung und Analyse der Objekte werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen, aber natürlich ist geplant, den Hortfund im Rahmen einer Sonderausstellung der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Da die anstehenden Arbeiten sehr aufwendig sind, kann der genaue Zeitpunkt noch nicht genannt werden.

Meldung Landesamt für Archäologie Sachsen

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