Was hat Sie am meisten bei der Beschäftigung mit Friedrich Merz überrascht?
Volker Resing: Vielleicht hat mich besonders überrascht, wie lang und in gewisser Weise eng die Beziehung von Friedrich Merz zu Armin Laschet ist, inklusive politischer Konkurrenz. Sie haben sich 1994 kennengelernt. Was die beiden sich im Jahr 2000 Neues ausgedacht haben, das konnte ich herausfinden.
Inwieweit ist der Friedrich Merz nach seinem Comeback ein anderer als der vor seinem Ausstieg aus der Politik?
Volker Resing: Tatsächlich ist es durchaus überraschend, dass Merz nach 2018 zu einem lernenden System wurde, was ihm einige nicht zugetraut haben. Ich habe Friedrich Merz gefragt, worüber er mit dem Friedrich Merz von 1994 streiten würde. Es gibt ein überraschendes Politikfeld, in dem er heute anders denkt als früher, so hat er es mir erzählt.
Wie viel von Angela Merkel steckt in Friedrich Merz?
Volker Resing: Es gibt viel, was gegensätzlich ist, dazu gehören der politische Stil, die Rhetorik und die unterschiedlich ausgeprägte Freude an kontroverser Debatte. Aber zugleich sind beide biografisch, was das politische Leben angeht, untrennbar aneinander gekettet. Dabei spielt besonders Wolfgang Schäuble eine große Rolle, wozu ich im Buch einige Details offen lege.
Die Grünen und Friedrich Merz: Sind hier – jenseits des Wahlkampfgeplänkels – inhaltliche Schnittmengen zu finden?
Volker Resing: Es ist verblüffend, dass es jenseits des Wahlkampftheaters vor allem auf der persönlichen Ebene durchaus Anknüpfungspunkte gibt. Inhaltlich gibt es gravierende Differenzen. Doch auch hier ist überraschend: In der Außen- und Verteidigungspolitik scheinen sich zumindest mit Robert Habeck neue Schnittmengen zu ergeben, Stichwort Bundeswehr-Etat.
Was ist von Friedrich Merz auf außenpolitischem Parkett zu erwarten?
Volker Resing: Friedrich Merz war von 1989 bis 1994 Mitglied des Europäischen Politik. Der Außenpolitik gehört seine Leidenschaft. Von ihm wird dort also mutmaßlich viel mehr Engagement zu erwarten sein als bei seinem Vorgänger. Er hat eine besonders enge Beziehung zu Amerika. Ein wichtiges Ereignis seines Lebens fand in Chicago statt und sein Lieblingsort, durchaus überraschend, liegt in Kalifornien.
Welche wirtschaftspolitischen Kompetenzen bringt Friedrich Merz mit, die andere Politiker nicht haben?
Volker Resing: Friedrich Merz bringt vor allem eine praktische Erfahrung aus der Wirtschaftswelt mit, die er anderen voraus hat. Er hat mir gesagt, dass er zeitweilig ein Drittel seiner Arbeitszeit nicht in Deutschland war und die Hälfte der Zeit nicht deutsch gesprochen hat. Diese Außenansicht auf die Berliner Blase könnte ein Vorteil sein.
Volker Resing, geb. 1970, ist Journalist und Buchautor. Seit 2022 verantwortet er das Innenpolitik-Ressort "Berliner Republik" bei der Monatszeitschrift "Cicero". Von 2014 bis Januar 2022 war er Chefredakteur der "Herder Korrespondenz". Zuvor war Resing Redakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Seit 2002 war er als Hauptstadtkorrespondent in Berlin tätig und hat unter anderem für "Die Welt", "Die Zeit" und die "Westfälischen Nachrichten" geschrieben. Seine Biografie über Angela Merkel erschien in mehreren Auflagen.