Warum ist Lieblosigkeit ein Gegenstand für einen Neurobiologen und Hirnforscher?
Auch ein Psychologe, ein Seelsorger oder ein Mediziner hätte ein Buch darüber schreiben können, welche Folgen es hat, wenn Menschen lieblos behandelt werden. Wir sind soziale Wesen und brauchen das Gefühl von anderen in unserer Einzigartigkeit gesehen, anerkannt, respektiert, angenommen und respektiert zu werden. Es ist kränkend, lieblos behandelt zu werden. Das haben wir alle schon selbst erlebt.
Als Neurobiologe möchte ich aber gern wissen, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir eine solche Erfahrung von Lieblosigkeit machen und wie es dazu kommen kann, dass wir davon auch tatsächlich nicht nur psychisch, sondern auch körperlich krank werden.
Das habe ich versucht herauszufinden und in diesem Buch so zu beschreiben, dass es auch von Leserinnen und Lesern verstanden werden kann, die sich bisher noch nicht so recht vorstellen konnten, dass Lieblosigkeit so direkte Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit hat.
Was macht das Thema Ihres Buches derzeit so aktuell?
Gegenwärtig glauben ja die meisten Menschen immer noch, dass ihr Körper so ähnlich wie eine Maschine funktioniert. Sie können sich nicht vorstellen, dass es so etwas wie Selbstheilungskräfte und Abwehrmechanismen gibt, die es einem Organismus ermöglichen, sich selbst gesund zu erhalten und wieder gesund zu werden. Und wer so unterwegs ist, kann nur versuchen, alles von sich fern zu halten und zu bekämpfen, was ihn krank machen könnte. Wenn das, wie im Fall einer Virusepidemie, nicht so leicht gelingt, bekommen die Menschen Angst. Und die führt dann dazu, dass diese eigenen Selbstheilungs- und Abwehrmechanismen völlig unterdrückt werden. Es ist fatal, dass das kaum jemand zu wissen scheint.
Was ist für Sie der wichtigste Aspekt an Ihrem neuen Buch?
Wer dieses Buch liest, für den öffnet sich eine Tür zu einem völlig neuen Verständnis von Krankheit und Gesundheit. Die betreffenden Leserinnen und Leser können dann nicht mehr weiter so lieblos mit sich selbst umgehen und ihre lebendigen Bedürfnisse weiterhin unterdrücken. In dem Maß, wie sich diese innere Einstellung auf immer mehr Menschen auszubreiten beginnt, wird sich nicht nur unser Gesundheitssystem verwandeln, sondern auch das Zusammenleben der Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft.