Kirchenväter

Augustinus, Johannes Chrysostomus und Gregor der Große – sie werden zu den Kirchenvätern gezählt, die die christliche Lehre in den ersten Jahrhunderten entscheidend prägten. Als ungebrochene Verbindungslinie zur Tradition der apostolischen Väter spielen sie besonders in den orthodoxen Kirchen bis heute eine große Rolle.

Erleuchtung des Kirchenvaters Augustinus (Gemälde von Benozzo Gozzoli)
© Wikimedia Commons/Gemeinfrei

Als Kirchenväter gelten die frühchristlichen Autoren, die in der Antike mit der theologischen Kommentierung der urchristlichen Quellen und Schriften des Neuen Testaments begannen. Sie schufen ab dem 2. Jahrhundert den Grundstein der christlichen Lehre. Daher tragen sie in Anlehnung an den klassischen Begriff der Vorfahren und Lehrer den Ehrentitel als geistliche und geistige Väter des Christentums. Sie standen der alten Kirche vor und ihre authentische Interpretation des neutestamentlichen Kanons bezeugte die frühesten normativen Glaubenstraditionen. Hauptsächlich widmeten sich ihre Schriften der Verkündigung. Der Stil ihrer Seelsorge unterschied sich allerdings deutlich nach der Herkunft der Kirchenväter: „Die Wesensart der orientalischen Väter ist intuitiv, spekulativ, lyrisch, die der abendländischen Väter juridisch, pragmatisch, moralisch, systematisch“, so schreibt der Münsteraner Kirchenhistoriker Alfons Fürst. Die Patristik oder Patrologie beschäftigt sich wissenschaftlich mit diesen Autoren und ihren Schriften.

Kriterien zur Bestimmung der Kirchenväter

Die katholische Kirche erkennt als Kirchenvater an, wer den folgenden Kriterien entspricht:

  • doctrina orthodoxa: Die theologischen Lehrmeinungen werden in Gemeinschaft mit der Kirche formuliert.
  • sanctitas vitae: Nach dem Heiligkeitsverständnis der alten Kirche wird der Betreffende für sein vorbildliches Leben verehrt.
  • approbatio ecclesiae: Es muss eine – nicht unbedingt ausdrückliche – Anerkennung der Person und Lehre durch die Kirche vorhanden sein.
  • antiquitas: Die Wirkungszeit fällt in die Periode des kirchlichen Altertums.

Autoren, die einen oder mehrere der ersten drei Punkte nicht erfüllen, aber doch wesentlich zur katholischen Kirche gehören, gelten als „Kirchenschriftsteller“. Die Werke anderer antiker Autoren werden dann der alt- oder frühchristlichen Literatur zugerechnet. Verdienten Theologen mit besonderer Heiligkeit, die nach dem christlichen Altertum wirkten, wird seit dem 13. Jahrhundert der Titel des Kirchenlehrers verliehen – 36 sind es heute an der Zahl, darunter vier Frauen.

Die Kirchenväter der Antike

Im Mittelalter entstand der heute überholte Kanon der jeweils vier großen lateinischen und griechischen Kirchenväter: Zunächst wurden dazu im Westen Ambrosius von Mailand, Hieronymus, Augustinus von Hippo und Gregor der Große gezählt, später im Osten Athanasius von Alexandrien, Basilius der Große, Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomus.

Die neuere Begrenzung der Kirchenväter auf die Epoche des christlichen Altertums reicht je nach Auslegung vom zweiten bis ins sechste oder achte Jahrhundert. Einen eindeutigen Kanon der Kirchenväter gibt es nicht, mindestens gelten aber die folgenden Kirchenlehrer bis zum vierten Jahrhundert als Kirchenväter:

  • 2. Jahrhundert
    • Ignatius von Antiochien
    • Justin der Märtyrer
    • Irenäus von Lyon
  • 3. Jahrhundert
    • Klemens von Alexandrien
    • Origenes
    • Tertullian
    • Cyprian von Karthago
  • 4. Jahrhundert - die griechischen Kirchenväter
    • Athanasius von Alexandrien
    • Kyrill von Jerusalem
    • Ephräm der Syrer
    • Basilius der Große
    • Gregor von Nazianz
    • Gregor von Nyssa
    • Johannes Chrysostomus
    • Kyrill von Alexandrien
  • 4. Jahrhundert - die lateinischen Kirchenväter
    • Hilarius von Poitiers
    • Ambrosius von Mailand
    • Hieronymus
    • Augustinus von Hippo

Die Florilegien der Väterliteratur zählen die Kirchenväter im Osten weiter bis zum Tod von Johannes von Damaskus (gestorben um 750) und im Westen bis zu Isidor von Sevilla (gestorben 636). Die obige Auflistung nach Alfons Fürst und Adalbert Hamann umfasst die bedeutendsten Kirchenväter jener geistlichen Blütezeit von den Anfängen des Christentums bis zum Konzil von Chalcedon. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert wurde die Epoche der Kirchenväter mit Kyrill von Alexandria durch den Byzantinismus abgelöst und brachte Theologen wie Pseudo-Dionysius vom Areopag (um 500) und Maximus den Bekenner (gestorben 662) hervor. Auf römischer Seite wirkten zu dieser späteren Zeit beispielsweise Leo der Große (gestorben 461), Benedikt von Nursia (gestorben um 547) und Gregor der Große (gestorben 604).

Kirchenväter in der Orthodoxie und in den evangelischen Kirchen

In den orthodoxen Kirchen sind die Kirchenväter heute noch von größerer Bedeutung als in der katholischen Kirche. So wird dort die Tradition der Kirchenväter bis heute fortgeschrieben und auch bedeutende Autoren der Gegenwart zählen zu dieser Gruppe. Die Kriterien, die für eine Aufnahme in diesen Kreis zu erfüllen sind, werden dabei nicht ganz streng angewendet. Die genannten „klassischen“ Kirchenväter genießen jedoch einen höheren Stellenwert.

In den evangelischen Kirchen haben die Kirchenväter keine besondere Autorität, die sie über andere bedeutende Theologen erheben würde.

Kirchenväter sind nach der Definition des Vinzenz von Lérins († Mitte des 5. Jh.) jene Schriftsteller des Altertums, die in ihrer Zeit und an ihren Orten in der Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft der Kirche bewährte Lehrer („magistri probabiles“) waren. Wegen ihrer Probleme mit der kirchlichen Gemeinschaft rechnete er Tertullian († um 220) und Origenes († 253) nicht zu ihnen. Kirchlich-amtliche Merkmale für Kirchenväter sind: rechtgläubige Lehre (was Irrtümer in Einzelheiten nicht ausschließt), heiliges Leben im altchristlichen Sinn, Anerkennung durch die Kirche, die sich z. B. auch durch Zitationen äußern kann, ihr Leben innerhalb der „Zeit der Väter“, die mit Isidor von Sevilla († 633) im Westen und Johannes von Damaskus († um 749) im Osten aufhört. Eine besondere theologische Autorität genießen sie dann, wenn ein einmütiger Konsens der Väter und damit ein wichtiges Zeugnis der Glaubenstradition vorliegt.

Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder

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