PredigtMt 7, 24-27 - fragmentarische Vorarbeiten zu einer Predigt

„Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.“

Häuser stürzen ein. Straßen werden weggerissen. Autos hängen in Baumkronen.
Wasser überall. Und Schlamm. Als Treibgut darin: ganze Wohnzimmereinrichtungen.
Notunterkünfte: Turnhallen, Schulhäuser; Feldbett drängt sich an Feldbett. Gepäck hat hier niemand dabei.
Menschen verzweifeln. Alles weg. Nur das noch übrig, was sie am Körper tragen.
Und dann die vielen, die ihre Angehörigen verloren haben.
So viele sind tot. So viele bis heute vermisst.
Fassungslos. Ohnmächtig.
So viel Schmerz spricht aus den Gesichtern der Menschen, die ich in den Nachrichten sehe. So viel Schmerz, dass er auch mich noch erreicht.

„Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.“

Fast könnte das aus einer aktuellen Nachrichtensendung stammen: Unwetter, Starkregen, und auf einmal war das Wasser da.
Und doch ist dieser Satz schon fast zweitausend Jahre alt. Jesus selbst soll ihn gesagt haben – jedenfalls nach der Geschichte, die das Matthäusevangelium von ihm erzählt. In der Bergpredigt können wir es nachlesen. Hier fasst der Jesus des Matthäusevangeliums das zusammen, was ihm am wichtigsten ist.

„Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.“

Das ist etwas, was Menschen sich vorstellen können – und zwar zu allen Zeiten und überall auf der Welt. Da bricht ein Unwetter herein. Häuser werden beschädigt. Das Hab und Gut geht verloren. Existenzen werden vernichtet. Wir können uns nicht dagegen wehren. Menschen sind den Naturgewalten ausgeliefert.
Im Mittelalter hätte manch ein Theologe bestimmt mit dem Finger auf die Katastrophengebiete gezeigt und gesagt: „Da seht ihr, was passiert, wenn man sich Gott widersetzt!“ Zum Glück ist das Mittelalter schon lange vorbei. Ich glaube nicht, dass Naturkatastrophen eine Strafe von Gott sind (genauso wenig wie ein Virus, ein Verkehrsunfall oder sonst ein Unglück).
Es gibt Katastrophen. Es gibt Unglücksfälle. Niemand ist davor geschützt. Bereits mit dem ersten Atemzug gehen wir alle ein enormes Risiko ein: Es ist riskant, zu leben.
Und doch leben wir. Und doch haucht Gott jeder und jedem einzelnen von uns den Lebensatem ein. Er setzt uns in die Welt – und er lässt uns machen. Eine Erzieherin meiner großen Tochter hat mal zu mir gesagt: Eltern sein bedeutet, sein Kind gehen zu lassen – und zwar immer einen Schritt weiter, als man es eigentlich möchte. Ich glaube: In diesem Sinn ist Gott ein richtig guter Vater. Er schenkt uns Freiheit. Er lässt uns den Freiraum, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, unsere eigenen Erfahrungen zu machen.
Manchmal führen Entscheidungen auf Abwege. Manchmal sind Erfahrungen richtig schlimm. Manchmal verlieren wir: uns selbst oder auch liebe Mitmenschen. Das alles gehört zum Leben dazu. Katastrophen gehören – Gott sei’s geklagt – zum Leben dazu.

  • Gerade, wenn wir von Katastrophen getroffen werden, wenn wir das Gefühl haben, verloren zu gehen, ist es wichtig, dass wir etwas haben, woran wir uns halten können.
  • In der Bergpredigt sagt Jesus: Das sicherste, woran wir uns halten können, ist sein Wort. Das ist das Fundament, auf dem wir aufbauen können. Nicht Häuser aus Beton und Stahl, Steinen und Holz – die sind den Naturgewalten ausgeliefert. Daran ändert auch der Glaube an Jesus Christus nichts. Aber unserem Leben bietet sein Wort ein verlässliches und stabiles Fundament.
  • Mit jedem Schritt, den wir gehen, mit jeder Entscheidung, die wir treffen, gestalten wir unser Leben. Und damit wir uns vorstellen können, was das heißt, sagt Jesus in der Bergpredigt: sein Leben zu gestalten – das kann man sich ungefähr so vorstellen wie ein Haus zu bauen.
  • Damit ein Haus gut durch die Zeiten kommt, braucht es ein stabiles Fundament. Wenn die Bodenplatte absackt oder bricht, dann stürzt das schönste und stabilste Haus ein.
  • Damit wir in schwierigen Zeiten nicht wankelmütig werden, braucht auch unser Lebensgebäude eine solide Bodenplatte.
  • Eine solche Bodenplatte ist die Grundüberzeugung, auf der alle unsere Entscheidungen, unser Handeln und auch unser Lassen aufruhen. Es ist das Axiom, an dem wir unser Leben, ausrichten. Alles, was wir tun, jede unserer Entscheidungen hat Konsequenzen. Für diese Konsequenzen müssen wir geradestehen.
  • Wenn wir das nach bestem Wissen und Gewissen tun – und zugleich darauf vertrauen, dass Gott uns und alle Menschen bedingungslos liebt, dass er aus allem etwas Gutes werden lassen kann – dann kann solches Vertrauen auch durch die Stürme des Lebens hindurch tragen. Dann stürzt das, was wir als unser Leben aufbauen, nicht ein – wie heftig es auch kommt.
  • Das mit dem Hochwasser ist eine Katastrophe. Es fordert uns zu Mitgefühl und Mitmenschlichkeit heraus; zu moralischer und tatkräftiger Unterstützung. (Wie das geht können wir übrigens von christlichen Gemeinden in Afrika lernen. Die ersten Spenden, die nach den Unwettern bei der EKD ankamen, kamen nämlich genau von dort: aus Afrika. Von Menschen, die selbst nicht zu viel haben. Die aber ganz genau wissen, wie es ist, von Katastrophen getroffen zu werden).
  • Und es fordert uns zum Nachdenken heraus: Was ist der Grund, auf dem mein Leben aufbaut? Was bleibt, wenn alles kaputt geht?
  • Jesus sagt dazu: Wer meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß. Wer aber meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.

Pfarrerin Claudia Erfeld

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