Wenn Kinder trauern

Erwachsene möchten Kinder intuitiv von allem fernhalten, was mit Sterben, Tod und Trauer zu tun hat. Ein so schwerer Verlust wie der Tod von Mutter, Vater, Geschwisterkind, gleichaltrigem Freund oder einem anderen geliebten Menschen macht oft sprach- und hilfl os. Nicht selten führen solche Krisensituationen auch im Umfeld der Schule zu Unsicherheit und Problemen: Was geht in Kindern vor, die einen nahestehenden Menschen verloren haben? Und wie kann man ihnen helfen?

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bricht für Kinder die Welt zu Hause zusammen: die Familie als elementare soziale Instanz der kindlichen Entwicklung ist zutiefst erschüttert. und so leiden Kinder nicht nur unter dem Verlust des Verstorbenen, sondern zudem unter dem veränderten Verhalten der hinterbliebenen. da sie alle Gefühlsregungen von erwachsenen wahrnehmen, sollten Gefühle nicht unterdrückt oder durch vorgespielte Fröhlichkeit verborgen werden. denn das verunsichert die Kinder stark, sie beginnen an ihren eigenen Gefühlen zu zweifeln und verlieren Halt und Orientierung. Kinder trauern anders als erwachsene: sie springen in ihre verschiedenen Gefühle hinein wie in Pfützen und im nächsten Moment wieder heraus. Lachen und Weinen wechseln sich ab mit toben, streiten, schweigen. oft ist der Schock über den Verlust auch so groß, dass man ihnen gar nichts anmerkt – sie funktionieren einfach weiter und tun so, als sei nichts passiert. das Verhalten trauernder Kinder ist so unterschiedlich wie die Kinder selbst: Verdrängung, innerer Rückzug, albernes, aufgedrehtes Verhalten, Aggressionen, Wut, tiefe Traurigkeit mit oder ohne Tränen, alles ist denkbar und normal! Oft leiden trauernde Kinder unter Schuldgefühlen und haben Angst, dass noch jemand sterben könnte. Auch sind Entwicklungsrückschritte nicht selten, einige Kinder leben nun in der Vergangenheit und in einer Traumwelt mit dem Toten.

Halbwahrheiten sind gefährlich

Kinder suchen Erklärungen für alles, was ihnen begegnet. Nach einem so einschneidenden Verlusterlebnis wie dem Tod brauchen sie daher besonders klare Gefühlsregungen und deutliche Zeichen von ihrer Umgebung. Vor allem Halbwahrheiten oder ausweichende Formulierungen wie „der Verstorbene hat sich zur Ruhe gelegt / ist eingeschlafen / geht auf eine Reise“ können kindliche Ängste und Sorgen verstärken: Plötzlich ist das Einschlafen angstbesetzt, weil es mit der Möglichkeit des Sterbens verbunden wird. Kinder brauchen ehrliche Antworten auf Fragen wie „Was glaubst du, wo mein Papa jetzt ist?“, „Denkst du, meine Mama ist jetzt im Himmel?“. Erwachsene sollten zugeben, dass auch sie nicht alles wissen und verstehen. Wenn sie selbst sehr unsicher sind, können sie beispielsweise sagen: „Ich weiß es nicht, was glaubst du denn?“ So werden die ganz eigenen, oft sehr kreativen Vorstellungen und Gedanken von Kindern nicht beschnitten oder verändert.

Gerade in der Zeit der Trauer ist Normalität für Kinder lebensnotwendig. Die Schule und der Hort sind ihr zweites Zuhause, dort können sie für kurze Zeit vergessen. Und doch befinden sie sich in einem fortwährenden Zwiespalt: Ihr Verhalten ist nach außen oft angepasst, Erwachsenen fällt es dadurch leicht, so zu tun, als wäre nichts passiert. Dennoch fühlen sie sich ständig anders. Sie wollen nicht sprechen, aber sind vielleicht gekränkt, wenn sie nicht angesprochen werden. Sie spüren, dass sie beobachtet werden, wissen die bedauernden Blicke aber oft nicht zu deuten.

Getrauert werden soll dort, wo man seine Beziehungen lebt, und deshalb kann die Schule nicht ausgelassen werden. Um den Tod und die Trauer überhaupt in den Schulalltag hineinlassen zu können, muss eine geschützte Atmosphäre geschaffen werden. Die Schüler müssen wissen, dass ihre Gefühle und Äußerungen im Klassenraum als geschütztem Raum bleiben. Es ist jedoch wichtig, das betroffene Kind vorher zu fragen, was es selbst sich wünscht. Es gibt Kinder, die den Verlust mit der Klasse teilen möchten, es gibt Kinder, die darüber auf gar keinen Fall sprechen möchten. Hier gibt es keine falschen oder richtigen Entscheidungen: Das Kind darf selbst entscheiden, was es braucht und was ihm guttut.

DAS KÖNNEN SIE TUN!

Richten Sie einen Trauerort ein: Auf einem Trauertisch können Dinge abgelegt werden, die verbinden und trösten – ein Foto des Verstorbenen, ein Kondolenzbuch, Kerzen, Blumen, eine Bibel, Bilder-Bücher, Material, mit dem die Schüler ein Andenken für den Verstorbenen basteln können.

Bieten Sie Trauerrituale an: eine Andacht, eine Gedenkminute, ein gemeinsam gestaltetes Kondolenzbuch, zusammengetragene Gaben oder bemalte Steine für das Grab, in Ruhe verfasste Briefe und gemalte Bilder an den Verstorbenen.

Setzen Sie Zeichen der Hoffnung: Pflanzen Sie einen Baum oder Blumen zum Gedenken auf dem Gelände.

Hier gibt es Hilfe! Professionelle Trauereinrichtungen wie der Verein Sternenland, die Hospizbewegungen oder Seelsorger und Trauerbegleiter geben Ihnen Rat und Begleitung. Hier hilft das Internet mit den Suchworten ‚Kindertrauer‘, ‚Trauerbegleitung‘ samt Ort oder ATEG-BW e. V./KIS (Krisenseelsorge im Schulbereich) / www.kindernetzwerk.de

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